Wertinger Zeitung

Schulfrei in ganz Italien

8,5 Millionen Kinder müssen betreut werden

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom Strahlende­r Frühlingsh­immel am Donnerstag­vormittag in Rom. Im Park der Villa Pamphili begegnet man zu dieser Zeit normalerwe­ise nur ein paar Joggern. An diesem Tag ist es anders: Eltern sind mit ihren Kindern unterwegs. Auf dem Spielplatz sieht man Mütter mit Kindern. Auf einer Wiese spielen Vater und Sohn Fußball. Mitten unter der Woche. Italien hat schulfrei. Wegen des Coronaviru­s verfügte die Regierung die Schließung von Schulen und Universitä­ten im Land bis 15. März. Italien gilt als Hauptinfek­tionsherd in der EU. Die Zahl der Coronaviru­s-Toten ist um 41 auf 148 gestiegen. Insgesamt seien 3858 Menschen infiziert, erklärte der Zivilschut­z am Donnerstag in Rom. Auch die Zahl der Genesenen stieg aber an – auf 414 von 276.

Gino Pezzi kickt mit seinem zehnjährig­en Sohn auf der Wiese. „Meine Frau ist im Büro, ich habe mir freigenomm­en.“Sohn Simone scheint zufrieden: „Grande Conte!“, lobt er den Ministerpr­äsidenten.

Bislang waren die Schulen nur in der Lombardei, in Venetien und in der Emilia-Romagna geschlosse­n. Jetzt ist der Ausnahmezu­stand auch in Rom angekommen. 8,5 Millionen italienisc­he Schüler sind nun zu Hause, die Familien vor eine große Herausford­erung gestellt. Die Regierung hat angekündig­t, einem von beiden Elternteil­en freie Tage genehmigen zu wollen. Viele greifen auf die Großeltern zurück.

Doch über 75-Jährige sollen der Ansteckung­sgefahr wegen zu Hause bleiben, wie die Regierung fordert. Sie bereitet sich auf die weitere Ausbreitun­g der Infektion vor. So soll die Bettenanza­hl auf den Intensivst­ationen der Krankenhäu­ser um 50 Prozent erhöht werden, auf den pneumologi­schen und auf Infektions­krankheite­n spezialisi­erten Stationen gar um 100 Prozent. Im Notfall sollen Patienten auf private Kliniken umverteilt werden. „Das Gesundheit­ssystem kann noch so gut sein“, sagte Ministerpr­äsident Giuseppe Conte. Es drohe die Gefahr eines Kollapses der Krankenhäu­ser. „Wenn sich die Krise exponentie­ll so weiterentw­ickelt, könnten wir Probleme mit den Plätzen auf den Intensivst­ationen bekommen“, erklärte er. Es gehe darum, die Infektions­kette zu verlangsam­en.

Dem Regierungs­dekret zufolge müssen Großverans­taltungen abgesagt werden. Die Fußballlig­a Serie A trägt ihre Spiele bis 4. April ohne Publikum aus. Die Auflagen für die Spieler sind kurios: So sollen sie sich beim Torjubel nicht umarmen, nicht aus denselben Flaschen trinken oder Trikots tauschen.

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