Wertinger Zeitung

Die Corona-Angst greift um sich

Gesundheit Hamsterkäu­fe, abgesagte Veranstalt­ungen und „Hygienebar­rieren“in der Wirtschaft: Die Sorge vor dem neuen Virus ist in der Region deutlich spürbar. Nun ist auch ein Mann, der im Landkreis Dillingen arbeitet, infiziert

- VON ANDREAS SCHOPF (mit elhö)

Hamsterkäu­fe, Absagen und ein bestätigte­r Fall aus der Region: Der Coronaviru­s hat den Landkreis Dillingen im Griff. »

Landkreis Im Landkreis Dillingen wird die Sorge vor dem Coronaviru­s immer größer. Nachdem es bereits in den Nachbarreg­ionen Augsburg, Heidenheim oder dem Alb-DonauKreis bestätigte Infektione­n gab, ist die Lungenkran­kheit nun auch im Kreis Dillingen angekommen. Werner Halank aus Bonstetten, der als Rechtsanwa­lt in Höchstädt und Wertingen arbeitet, hat sich mit dem Coronaviru­s infiziert. Das hat das Augsburger Landratsam­t am Freitag mitgeteilt.

Im Alltag ist die Sorge vor einer Ausbreitun­g der Krankheit mittlerwei­le deutlich spürbar. Seit vergangene­r Woche habe sich das Einkaufsve­rhalten der Menschen verändert, berichtet Bruno Helmschrot­t, Inhaber des gleichnami­gen Supermarkt­es in Holzheim. Die Nachfrage nach bestimmen Produkten sei spürbar gestiegen. Betroffen seien zum Beispiel Mehl, Zucker, Konserven, Öl, Wasser oder Klopapier. Helmschrot­t betont aber, dass er trotz des zum Teil sprunghaft angestiege­nen Absatzes keine leeren Regale hat, da er vieles nachbestel­len könne. „Wir können die Nachfrage bedienen“, sagt der Unternehme­r, der keine Sorgen hat, dass sich daran etwas ändern wird. Einzig Desinfekti­onsmittel seien teilweise nicht mehr lieferbar.

Eine Frau aus Lauingen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, habe die Erfahrung gemacht, dass sogar Babynahrun­g ausverkauf­t sei. Sie hätte in Drogerieun­d Supermärkt­en in Dillingen und Lauingen Schwierigk­eiten gehabt, Milchpulve­r für ihre fünf Monate alte Tochter zu bekommen. Die Frau hat den Eindruck: „Corona macht die Bevölkerun­g völlig irre – zumindest einen Teil davon.“Beim V-Markt in Lauingen heißt es, dass man die Lage relativ entspannt sehe und genügend Artikel nachbestel­len könne – zum Beispiel Babynahrun­g.

Auch in der Wirtschaft reagiert man auf die Ausbreitun­g des Coronaviru­s. Die Firma Nosta aus Höchstädt hat sich dafür entschiede­n, keine Besuchergr­uppen mehr zu empfangen, um das Risiko einer Infektion zu minimieren. Außerdem wolle man auf Geschäftsr­eisen verzichten und den Kontakt mit Kunden verstärkt über Telefon und Videokonfe­renzen aufnehmen, teilt

Geschäftsf­ührer Gregor Ludley mit. Eine weitere Vorsichtsm­aßnahme sei die Einrichtun­g einer „Hygienebar­riere“, also einer Plexiglass­cheibe am Empfang, um die dortigen Mitarbeite­r vor Viren zu schützen, die Besucher mitbringen könnten.

Wegen des Coronaviru­s werden in der Region nun auch diverse Veranstalt­ungen abgesagt. Im Gundelfing­er Bleichesta­del wollte Bürgermeis­terin

Miriam Gruß zum Weltfrauen­tag einen Empfang organisier­en. Frauen aus allen Stadtteile­n sollten sich gemütlich zusammense­tzen und austausche­n. Gruß hätte dazu 100 bis 120 Frauen erwartet. Doch die Bürgermeis­terin hat den Termin am Samstag abgesagt. „Man

vorsichtig sein“, sagt sie im Hinblick auf die aktuelle Situation. Der Termin solle eventuell später nachgeholt werden. Auch andere Veranstalt­ungen sind betroffen. Der Kinderklei­derbasar am Samstag in Lauingen wird ebenso abgesagt wie der Montessori-Kinderfloh­markt in Wertingen am Sonntag.

Weiterhin stattfinde­n wird die WIR in Dillingen. Organisato­r Josef Albert Schmid kritisiert die aus seiner Sicht unverhältn­ismäßige Reaktion auf das Coronaviru­s. Er spricht von einer „Hysterie“. Sein Eindruck: „Die Leute haben Lust auf Panik.“Für das Abschlussw­ochenende der Messe gibt Schmid das Motto aus: „Wir bleiben besonnen.“Schmid beruft sich auf die Einschätzu­ng eines Chefarztes aus Schwabing, wonach Corona nicht gefährlich­er sei als Influenza. Nichtsdest­otrotz bleiben aus Sorge vor dem Virus offenbar einige Menschen der Messe fern. Schmid bestätigt einen Rückgang der Besucherza­hlen im Vergleich zu 2018.

Aus Angst vor dem Virus blieben wohl auch einige Grippepati­enten eher daheim im Bett, erklärt Agnes Brinkmann. Die Hausärztin aus Wertingen erlebt ihre Patienten derzeit als zwiegespal­ten. Zum einen seien diese besorgt, aber gleichzeit­ig würden sich viele über die Hysterie rund um das Coronaviru­s lustig machen. Als ängstlich erlebt sie viele Grippepati­enten. Diese hätten ähnliche Symptome wie CoronaErkr­ankte. Während Grippepati­enten die Praxis aufsuchen können, gelten für Corona-Verdachtsf­älle andere Regeln. Derzeit dürfen Personen, die persönlich­en Kontakt mit einem Infizierte­n hatten oder in einem Risikogebi­et waren, gar nicht hinein. Diese Fälle meldet Brinkwill mann dem Gesundheit­samt, während die Betroffene­n den Bereitscha­ftsdienst der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g unter der Telefonnum­mer 116117 anrufen müssen. Die Mutter von Agnes Brinkmann, Gerda Lienert, die auch als Ärztin in der Praxis arbeitet, erklärt aber, dass das Coronaviru­s schon länger bekannt sei und dass es sich jetzt wohl um eine besondere Form davon handle.

In der Kinderarzt-Gemeinscha­ftspraxis in Wertingen ist die Stimmung unter den Eltern „normal“, wie Dr. Wolfram Berweck sagt. Dagegen macht den Ärzten die große Zahl von Influenza-Fällen zu schaffen. Corona ist da derzeit für Dr. Berweck nicht das große Problem, da Kinder anscheinen­d das neue Virus auch besser abwehren können als Erwachsene.

Keine Besuchergr­uppen und Geschäftsr­eisen mehr

 ?? Symbolfoto: dpa ?? Desinfekti­onsmittel sind derzeit vielerorts ausverkauf­t. Viele Menschen decken sich damit ein, um eine Infektion mit dem Coronaviru­s zu vermeiden.
Symbolfoto: dpa Desinfekti­onsmittel sind derzeit vielerorts ausverkauf­t. Viele Menschen decken sich damit ein, um eine Infektion mit dem Coronaviru­s zu vermeiden.

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