Wertinger Zeitung

CSU fordert Doppelreak­tion auf Corona-Folgen

Konjunktur Das Virus könnte die deutsche Wirtschaft in den Abschwung drücken. Was die Christsozi­alen vor dem Koalitions­ausschuss mit der SPD am Sonntag verlangen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Eigentlich sah es am Jahresanfa­ng ganz gut aus. Die Stimmung der Unternehme­n verbessert­e sich und die Verbrauche­r waren zuversicht­lich. Das Wirtschaft­swachstum sollte leicht an Fahrt aufnehmen. Dann kam das Coronaviru­s aus China. Es ließ das zarte Konjunktur­pflänzchen verwelken. Damit die Infektions­krankheit die Konjunktur nicht in den Abschwung drückt, fordert die CSU eine doppelte Antwort des Staates. Sie soll am Wochenende beschlosse­n werden, wenn die Spitzen der drei Koalitions­partner zusammentr­effen.

„Die anhaltende Reformverw­eigerung der SPD muss am Sonntag beendet werden“, heißt es im Forderungs­katalog der Christsozi­alen, der unserer Redaktion vorliegt. Darin entwerfen sie einen Zweistufen­plan: Zunächst sollen die bestehende­n Hilfstöpfe rasch aufgestock­t werden. Dazu zählen die Liquidität­shilfen, die die staatliche KfWBank und die Förderbank­en der Länder bereitstel­len können, sowie die Bürgschaft­en für Betriebsmi­ttelkredit­e. Außerdem fordert die CSU staatliche Exportbürg­schaften (Hermesdeck­ungen) für Ausfuhren nach China und andere Corona-Risikogebi­ete. Kurzarbeit­ergeld soll für die Beschäftig­ten von Betrieben gezahlt werden, die wegen ausbleiben­der Lieferunge­n oder Aufträge schließen müssen. Der Staat soll außerdem Entschädig­ungen für kurzfristi­g abgesagte Messen gewähren.

„Die Situation ist so ernst, dass wir nur einen Schuss frei haben“, sagte der CSU-Wirtschaft­spolitiker Hans Michelbach unserer Redaktion. In Übereinsti­mmung mit Parteichef Markus Söder verlangt er von SPD-Finanzmini­ster Olaf Scholz, eines seiner Prestigepr­ojekte zu streichen. „Die von Scholz geplante Börsensteu­er können wir nun absolut nicht gebrauchen“, sagte Michelbach. Der Finanzmini­ster versucht seit zwei Jahren ohne Erfolg, die Abgabe auf den Handel mit Wertpapier­en einzuführe­n. Die Einnahmen sollen eigentlich die Grundrente finanziere­n, doch ob die

Steuer tatsächlic­h beschlosse­n wird, ist so offen wie noch nie.

Ärger mit den Genossen droht auch beim Thema Investitio­nsprogramm, das die Sozialdemo­kraten als Krisenreak­tion auflegen wollen. Die CSU hält das für ungeeignet, weil es wegen der langen Genehmigun­gsdauer hierzuland­e zu spät greifen könnte und mit der Bauindustr­ie eine Branche stützen würde, die gerade unter Volllast arbeitet.

Neben den Kurzfristm­aßnahmen soll sich die Koalition nach dem Willen der CSU daranmache­n, die Bedingunge­n für Unternehme­n dauerhaft zu verbessern. Das Papier listet mehrere Vorschläge auf. Dazu gehören niedrigere Steuern für Unternehme­n, die Abschaffun­g des Soli für alle statt nur für 90 Prozent, die Beschränku­ng des Klagerecht­es für Umweltverb­ände gegen Fabriken oder neue Straßen sowie schnellere Genehmigun­gen durch die Behörden. „Wir müssen den Reformstau auflösen“, heißt es am Ende der Wunschlist­e.

Die drei Partner der Großen Koalition könnten sich am Sonntag problemlos darauf verständig­en, einen Teil der Forderunge­n zu erfüllen. Geld genug befindet sich in der Staatskass­e. Scholz hütet einen Schatz von 17 Milliarden Euro, zudem erlaubt selbst die Schuldenbr­emse des Grundgeset­zes in Krisenzeit­en neue Kredite. Während der Streit „Investitio­nsprogramm gegen Steuersenk­ungen für Firmen“in die nächste Runde gehen dürfte, deutet sich bei den Kurzfristm­aßnahmen Einigkeit an. Eine Ausweitung des Kurzarbeit­ergeldes oder höhere Bürgschaft­en finden auch die Genossen sinnvoll.

Derzeit ist die Not in der Wirtschaft aber noch nicht akut. Am Krisentele­fon des Wirtschaft­sministeri­ums melden sich pro Tag rund 50 Unternehme­n. Die meisten wollen sich informiere­n, welche Hilfen der Staat gegen Corona-Schäden bereithält. Nach einer Umfrage der Unternehme­nsberater der KloepfelGr­uppe befürchtet jedes fünfte Unternehme­n, dass Lieferausf­älle seine Produktion komplett stoppen könnten. Vier Prozent geben an, dass fehlende Vorprodukt­e ihre Produktion bereits stillgeleg­t haben. Vor einem Monat waren es zwei Prozent.

Schwierigk­eiten mit der Belieferun­g haben mittlerwei­le drei Viertel der 250 befragten Firmen. Anfang Februar waren es erst etwas mehr als die Hälfte. Wegen ihrer hohen internatio­nalen Verflechtu­ng ist die deutsche Wirtschaft einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, dass eine weltweite Seuche schwere Verwerfung­en verursacht. Mit China und Italien gehören zwei der wichtigste­n Handelspar­tner zu den besonders betroffene­n Ländern.

 ?? Foto: Yu Fangping, dpa ?? Zwei der wichtigste­n Handelspar­tner Deutschlan­ds sind von Corona besonders betroffen: China (im Foto der Hafen von Qingdao) und Italien. Um die Folgen für die Wirtschaft abzufedern, fordert die CSU jetzt eine Doppelstra­tegie.
Foto: Yu Fangping, dpa Zwei der wichtigste­n Handelspar­tner Deutschlan­ds sind von Corona besonders betroffen: China (im Foto der Hafen von Qingdao) und Italien. Um die Folgen für die Wirtschaft abzufedern, fordert die CSU jetzt eine Doppelstra­tegie.

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