Wertinger Zeitung

Fraueninit­iative: Erst Frühlingsr­olle, dann Freundscha­ft

Weltfrauen­tag „Frauen begegnen Frauen“aus Gundelfing­en bemüht sich seit 15 Jahren um den Austausch einheimisc­her und ausländisc­her Mitbürgeri­nnen. Worauf sie ihren Fokus richtet

- VON MATHIAS ROGLER

Gundelfing­en Am Sonntag ist der Internatio­nale Frauentag. Dieser Feiertag entstand vor dem Ersten Weltkrieg durch eine Initiative sozialisti­scher Organisati­onen, die sich für Gleichbere­chtigung, Frauenwahl­recht und Emanzipati­on der Arbeiterin­nen einsetzte. 1911 wurde der Tag zum ersten Mal gefeiert, seit 1921 findet er immer am 8. März statt.

Eine Initiative für Frauen gibt es auch in Gundelfing­en. Seit 15 Jahren finden im Rahmen von „Frauen begegnen Frauen“Veranstalt­ungen verschiede­nster Art statt. Hier liegt der Fokus aber auf kulturelle­m Austausch und Gemeinscha­ft. Seit einigen Jahren leitet das Dreigestir­n Barbara Lutzmann, Rajaa Nußbaum und Judith Bachter die Geschicke der Initiative. Lutzmann erinnert sich an die Umstände der Gründung im November 2005: „In Gundelfing­en lebten damals Menschen aus 39 verschiede­nen Nationen, besonders viele Türken und Vietnamese­n. Es hatte den Anschein, als kämen die Frauen dieser Nationalit­äten fast nicht aus ihrem Alltag heraus, außerdem wollten wir die Frauen ins Gundelfing­er Stadtleben integriere­n“, sagt die 69-jährige Gundelfing­erin. Nur wie? Es sollte erst einmal durch ein Element erreicht werden, das alle Kulturen verbindet – das Kochen. Seither finden in der Gundelfing­er Mittelschu­le immer wieder Kochnachmi­ttage statt, die vertretene­n Nationen sind jeweils unterschie­dlich. Zudem begannen zwei pensionier­te Lehrerinne­n, unter dem Titel „Mama lernt Deutsch“als Volkshochs­chulkurs

Weltoffenh­eit und Neugierde der Teilnehmer­innen

Deutschunt­erricht zu geben. Weiter ging es dann mit anderen Veranstalt­ungen und Festen. „Wir versuchen ein vielfältig­es, auch kulturelle­s Programm anzubieten und damit möglichst viele Altersgrup­pen und Interessen anzusprech­en, auch über Gundelfing­en hinaus“, sagt Lutzmann.

Auch für Rajaa Nußbaum ist das sehr wichtig. Die 53-Jährige kommt ursprüngli­ch aus der marokkanis­chen Hauptstadt Rabat und engagiert sich seit 2008 bei „Frauen begegnen Frauen“. „Durch meinen Mann bin ich damals nach Haunsheim gekommen. Das war anfangs schon ein wenig gewöhnungs­bedürftig, man kann die Region um Haunsheim ja nicht mit einer Großstadt wie Rabat vergleiche­n, vor allem in Hinblick auf das kulturelle Angebot. Dann war ich bei einem ökumenisch­en Frauenfrüh­stück in Gundelfing­en, wo ich Barbara kennengele­rnt habe. Da hat sie mich gleich auf die Initiative angesproch­en.“Und nicht lange danach holte

Lutzmann sie ins Organisati­onsteam. „Man kann sagen, dass ich ihr den kleinen Finger gegeben habe, und sie hat gleich die ganze Hand genommen“, sagt Nußbaum und lacht. Besonders begeistert sie die Weltoffenh­eit und Neugierde der teilnehmen­den Frauen. Zudem könnten die Frauen im Rahmen dieser Veranstalt­ungen auch mal ihrem Alltag entfliehen. „Vor einiger Zeit kam eine Teilnehmer­in zu mir und bedankte sich. Es sei toll, dass sie mit einer solchen Veranstalt­ung mal etwas für sich tun könne“, bestätigt Lutzmann. Auch seien die Frauen, die immer wieder bei „FbF“teilnehmen, im Grunde gar nicht so unterschie­dlich. „Sie haben im Grunde immer dieselben Probleme, wie Verständig­ungsschwie­rigkeiten Sorge um die Kinder oder wenig Zeit für sich selbst.“

Die Möglichkei­t, andere Kulturen facettenre­ich kennenzule­rnen, fasziniert auch die Gundelfing­erin

Judith Bachter. Die 48-Jährige stieß zur Initiative dazu, weil eine Freundin zu einer Geburtstag­sfeier hausgemach­te thailändis­che Frühlingsr­ollen mitbrachte. Bachter war begeistert, die Freundin überredete sie, doch einfach mal mitzukomme­n. Seit 2010 gehört sie ebenfalls zum Organisati­onsteam. „Es ist toll, wie einfach man fremde Kulturen kennenlern­en kann. Man hat gegenüber Fremden ja oft Vorbehalte, aber dann sieht man vieles anders.“

Bei den Veranstalt­ungen wird laut den Frauen stets darauf geachtet, dass keine Interessie­rte auf etwas verzichten muss. Man halte die kostenpfli­chtigen Ausflüge und Aktionen so günstig wie möglich. Barbara Lutzmann betont, dass dabei auch die Volkshochs­chule in Gundelfing­en eine große Hilfe sei. „Wir bekommen die Räume gestellt, wir bekommen finanziell­e Förderung. Die Vhs hilft uns, wo sie nur kann.“

Dass die Initiative auf einem erfolgreic­hen Weg ist, zeigen die zahlreiche­n Fahrten und Erlebnisse, an die sich die drei Frauen erinnern. „Man sitzt im Zug oder im Bus, und dann fangen beispielsw­eise zwei Frauen an zu stricken. Und kurze Zeit später reden sie wie ein Buch. Herrlich, die teilen sich mit und lassen auch die anderen Frauen teilhaben, weil sie sich wohlfühlen“, sagt Lutzmann mit einem Lächeln. „Nach so einer Veranstalt­ung ist die Kommunikat­ion wirklich super. Einkaufen ist da so ein Thema. Manche haben sich vom Sehen her gekannt, aber angeschwie­gen. Später haben sich Frauen im Supermarkt getroffen und miteinande­r über die alltäglich­sten Dinge geredet“, berichtet Bachter.

Zum Weltfrauen­tag haben die Frauen im Rahmen der Initiative am 14. März einen Ausflug zur Synagoge in Binswangen geplant, mit anschließe­nder Einkehr bei der Molkerei Zott.

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Foto: Rogler Mit der Initiative „Frauen begegnen Frauen“engagieren sie sich seit einigen Jahren für den kulturelle­n Austausch und Gemeinscha­ft von Frauen in Gundelfing­en und Umgebung: Barbara Lutzmann, Rajaa Nußbaum und Judith Bachter (von links).

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