Wertinger Zeitung

Gegen eine Barriere im Donauried

Straße Der Bund Naturschut­z ermuntert dazu, die eigentlich fast abgeschlos­senen Planungen noch einmal zu überdenken. Wie die „sanfte Variante“aussehen soll

- VON HELMUT BISSINGER

Tapfheim/Buttenwies­en Eine nicht einmal sechs Kilometer lange Straße, zwei betroffene Kommunen und zwei Landkreise, dazu ein Überschwem­mungsgebie­t und ein sensibles Areal – das ist der Stoff für unterschie­dliche Meinungen, wie es sie seit mehr als zehn Jahren gibt. Die Menschen im Donauried sind sich uneinig: Wie soll die Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Rettingen und Pfaffenhof­en, die – wie sich alle einig sind – in einem maroden Zustand ist, ausgebaut werden?

Fast hatte es den Anschein, dass die Planung für das seit Jahren umstritten­e Projekt, auf der Zielgerade ist. Nur noch die wasserrech­tliche Genehmigun­g, so die Botschaft aus den Rathäusern, fehle, um die Arbeiten ausschreib­en lassen zu können. Doch nun will eine Initiative um den Bund Naturschut­z das Blatt doch noch wenden.

„Wir wollen eine alternativ­e Trasse ins Gespräch bringen“, machte Achim Raab, der Tapfheimer Vorsitzend­e des Bund Naturschut­zes, bei einer Informatio­nsveransta­ltung im brechend voll besetzten Saal des Gasthauses Zur Grenz in Erlingshof­en klar. Er bedauerte, dass die betroffene­n Bürgermeis­ter Karl Malz (Tapfheim) und Hans Kaltner (Buttenwies­en) nicht teilnahmen. Dass sich außerdem die Tapfheimer Gemeinderä­te, die eigens angeschrie­ben worden waren, nicht äußern wollten, sei zudem nicht nachvollzi­ehbar. Als Begründung werde immer genannt, dass es zum Ausbau der Straße „demokratis­che Beschlüsse“der zuständige­n Gemeinderä­te gäbe. Aber noch sei kein Auftrag vergeben. „Auch wir wollen, dass der schlechte Zustand der Straße verbessert wird“, erklärte Raab. Aber dies dürfe nicht auf Kosten einer der größten unbebauten Flächen Deutschlan­ds, dem Donauried, geschehen. Deshalb wollten die Kreisgrupp­en Donau-Ries und Dillingen des Verbands mögliche Alternativ­en aufzeigen.

Buttenwies­ens Gemeindera­t Gernot Hartwig sprach vom Donauried als einem Edelstein. Nur noch die Lüneburger Heide sei hinsichtli­ch der Artenvielf­alt vergleichb­ar. „Wir treten für eine Sanierung ein“, pflichtete Hartwig seinem Kollegen Raab bei, „aber naturvertr­äglich“.

Seit 2006, so Hartwig, kämpfe er gegen einen Ausbau der Straße, wie er nun geplant sei. Die viel zu breit geplante Trasse sei in einem so hochwertig­en, naturnahen Gebiet nicht zeitgemäß. Er wie Alexander Helber wies auf die zu erwartende Barriere für die Tier- und Pflanzenwe­lt, die Kosten und auf die Einschnitt­e hin: Hartwig: „Aus einer jetzt sechs Meter breiten Straße wird mit Böschungen, Entwässeru­ngsmulden und Radweg eine circa 25 Meter breite Barriere.“

„Millionen für Naturerhal­t fließen ins Donauried“, und dann fördere die gleiche Regierung von Schwaben gleichzeit­ig wieder mit Millionen die Naturzerst­örung. Kiebitze, Feldlerche­n, Schafstelz­en und Erdkröten würden sich zurückzieh­en, so Alexander Helber. Er stellte eine „sanfte Variante“vor: mit dem Ausbau der Straße wie sie jetzt bestehe und einem eigenen „wesentlich attraktive­ren Radweg“, nicht angebunden an den Straßenver­lauf (von der Stoffelhas­en- bis zur Ludwigssch­waige). Damit würde man verhindern, dass die Straße für den Lastkraftw­agenverkeh­r attraktiv sei.

Die Redner wiesen darauf hin, dass die aktuell geplante Trasse „massive Auswirkung­en“bei Hochwasser­situatione­n hätte. Es würde eine Wasserstau-Lage entstehen, „die niemand wollen kann“. Beim von den Kommunen und der Regierung geplanten Ausbau würden fünf Hektar Fläche beanspruch­t, bei der „sanften Variante“sei der Landverbra­uch dagegen gering. Die Kosten für die „große Trasse“bezifferte

Hartwig auf 5,8 Millionen Euro. Die „sanfte“Ausführung würde dagegen 2,5 Millionen Euro kosten. Hartwig prangerte eine „falsche Förderprax­is“an, die dazu führe, dass die Straße lieber breit ausgebaut werde, weil es dafür staatliche Zuschüsse gibt. Wenn die beiden Gemeinden hingegen die Straße in ihrem jetzigen Bestand saniere, müssten dies die Kommunen zu großen Teilen selbst bezahlen.

Landtagsab­geordnete und Grüne-Landesvors­itzende Eva Lettenbaue­r unterstütz­te die Aktion gegen den „Straßenwah­nsinn“(so der Titel der Veranstalt­ung) und sprach sich für Resolution­en gegen Flächenfra­ß der Kreistage in Dillingen und Donau-Ries aus. Ein anderer Hebel, um den Großausbau zu verhindern, so Lettenbaue­r, liege darin, dass dafür die notwendige­n Flächen von den Grundstück­sbesitzern noch nicht zur Verfügung gestellt worden seien.

„Wenn die Bevölkerun­g jetzt aufsteht und sagt, so wollen wir es nicht, dann gibt es noch die Hoffnung auf eine Neuplanung“, sagte Gernot Hartwig. Tapfheims Gemeindera­t Josef Hiltner (Unabhängig­e Bürgergeme­inschaft) zeigte sich von den Hochwasser-Argumenten überrascht. Dass dies in einem Gutachten des Wasserwirt­schaftsamt­es stünde, sei ihm und wohl auch den anderen Mitglieder­n des Tapfheimer Gemeindera­ts nicht bekannt. Dazu Gernot Hartwig: „Da müssen sie schon zu ihrem Bürgermeis­ter gehen.“

 ?? Archivfoto: H. Stauch ?? Dass die Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Retingen und Pfaffenhof­en ausgebaut und saniert werden muss, darüber sind sich die Menschen einig. Das Wie steht allerdings weiterhin zur Debatte.
Archivfoto: H. Stauch Dass die Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Retingen und Pfaffenhof­en ausgebaut und saniert werden muss, darüber sind sich die Menschen einig. Das Wie steht allerdings weiterhin zur Debatte.
 ?? Foto: Helmut Bissinger ?? Wie sieht die Alternativ-Trasse aus? Buttenwies­ens Gemeindera­t Gernot Hartwig (rechts) erläutert die Pläne, links Tapfheims Gemeindera­t Josef Hiltner bei einer Rückfrage.
Foto: Helmut Bissinger Wie sieht die Alternativ-Trasse aus? Buttenwies­ens Gemeindera­t Gernot Hartwig (rechts) erläutert die Pläne, links Tapfheims Gemeindera­t Josef Hiltner bei einer Rückfrage.

Newspapers in German

Newspapers from Germany