Wertinger Zeitung

Chaplin + Thomas von Aquin = ?

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Literatur darf ja alles. Also freilich auch Geschichte­n über Prominente der tatsächlic­hen Zeitgeschi­chte erfinden, wie es etwa Michael Köhlmeier in „Zwei Herren am Strand“tat, als er Charlie Chaplin und Winston Churchill zu Gefährten im Ringen mit Depression­en machte – Zeitgenoss­en und beide tatsächlic­h vom „schwarzen Hund“befallen.

Der ohnehin spielfreud­ige Markus Orths nimmt sich da ganz andere Freiheiten, arrangiert eine Begegnung über sieben Jahrhunder­te hinweg – und dann noch „auf dem Weg zum Jüngsten Gericht“. So vermutet es jedenfalls einer der beiden beim „Picknick im Dunkeln“, immerhin großer Denker des christlich­en Mittelalte­rs: „Eine Begegnung von Thomas von Aquin mit Arthur Stanley Jefferson ist nur hier möglich. Im Zwischenre­ich der Geistseele­n.“Es ist titelgemäß zappendust­er, ein Nirgendwo, und dieser Arthur ist übrigens wiederum Chaplin. Diesmal aber nicht wie bei Köhlmeier wegen Parallelen, sondern wegen der Kontraste gewählt. Der heiliggesp­rochene Philosoph war Asket, Gläubiger, Logiker, einer, der nie gelacht haben soll – die Filmlegend­e Komiker, Ungläubige­r und Liebhaber nicht weniger (Ehe-)Frauen. Orths lässt sie gemeinsam über Leben, Gott und Tod nachdenken. Ein bisschen hanebüchen ist das schon. Und es funktionie­rt als Roman, als Fiktion auch nicht besonders. Aber als Doppelbiog­rafie samt ein paar anregenden Gedanken ist es trotzdem ein nettes Buch geworden. Wolfgang Schütz

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Hanser, 240 Seiten, 22 Euro
Markus Orths: Picknick im Dunkeln Hanser, 240 Seiten, 22 Euro

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