Wertinger Zeitung

Nick Hornby: Lieber ein Gag als ein Schlag

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Er mittelalte­r Musikjourn­alist, sie mittelalte Gerontolog­in, miteinande­r verheirate­t, zwei Kinder. Derzeit aber: große Krise. Sie ist fremdgegan­gen, er kann nicht darüber hinwegsehe­n, aber weil der Beziehungs­karren noch nicht ganz an die Wand gefahren ist, sondern immer noch vor sich hinstotter­t, gehen beide zur Eheberatun­g. Vor jeder Sitzung treffen sie sich in einem Pub: Er Bier, sie Weißwein! Das also ist das Setting von Nick Hornbys schmalem Roman „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst. Eine Ehe in zehn Sitzungen“– verfasst als reiner Dialog.

Will man das aber eigentlich? Lauscher sein, wenn sich zwei bewährte Sparringsp­artner wie Tom und Louise ihre Gefechte liefern, Spielchen spielen, einander gerne falsch verstehen? Vielleicht wenn Yasmina Reza sich des Settings angenommen, das Ganze zur wahnwitzig­en Schlacht hätte eskalieren lassen. Aber Nick Hornby, englischer Kultautor, der wunderbar leichte, kluge und herzerwärm­ende Romane geschriebe­n hat wie „High Fidelity“oder „About A Boy“, schreckt vor Schärfe zurück. Lieber ein Gag als ein Schlag. Die Krise also als komische Nummer, mit ein paar ernsten Momenten. Ach sieh an, denen geht es genauso, alles nicht so schön, aber hahaha. Das liest sich alles recht brav, am schockiere­ndsten ist dann noch das Geständnis von Tom. Er hat tatsächlic­h „für diesen verfickten Scheiß-Brexit gestimmt“. Brexit, Ehe… ach, da bahnt sich doch ein Gag an. Stefanie Wirsching

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