Mal eine gute Klima-Nachricht
Der Mensch setzt mehr Methan frei – und hat also größeren Einfluss
Aus natürlichen Quellen gelangt weniger klimaschädliches Methan in die Atmosphäre als bisher angenommen. Der Mensch hat demnach größeren Einfluss auf die Methanemissionen – und damit auch bessere Möglichkeiten, die Emissionen zu begrenzen. Dies berichten Wissenschaftler in zwei Studien, nachdem sie Jahrhunderte bis Jahrtausende alte Luft aus Eisbohrkernen untersucht hatten.
Zudem wurde bei der letzten Erwärmung der Erde um 4 Grad Celsius erheblich weniger Methan frei, als heute durch das Tauen des Permafrost-Bodens und der Erwärmung der Meere befürchtet wird. Die zwei Studien von Teams um Vasilii Petrenko von der University of Rochester (Großbritannien) sind in den Fachzeitschriften Nature und Science erschienen.
In der Nature-Studie präsentieren Petrenko und Kollegen die Ergebnisse von Messungen an Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis. Im Eis sind winzige Luftblasen eingebettet, die Auskunft geben über die Luft zu der Zeit, als der Schnee fiel, der später zu Eis verdichtet wurde. Für eine Analyse müssen etwa 1000 Kilogramm Eis in speziellen Kammern geschmolzen werden. Die Forscher maßen nicht nur den Anteil von Methan in der alten Luft, sondern konnten mithilfe der Radiokarbonmethode auch angeben, woher das Methan stammte. Dazu bestimmten sie den Anteil des Kohlenstoff-Isotops C-14 im gemessenen Methan. Diese Variante des Elements findet sich in biogenen Methan-Quellen – also etwa in Emissionen aus Sümpfen und aus der natürlichen oder menschlichen Verbrennung von Biomasse. Methan, das aus fossilen Quellen wie Kohle, Öl oder Gas oder aus geologischen Quellen wie Vulkanen und Erdspalten stammt, enthält kein C-14 mehr, weil dieses im Laufe der Jahrmillionen bereits zerfallen ist.
Über die Analyse konnten die Forscher die Entwicklung des Methan-Gehalts in der Atmosphäre von 1750 bis heute nachvollziehen. Für die vorindustrielle Zeit maßen sie 1,6 Millionen Tonnen Methan pro Jahr aus geologischen Quellen – deutlich weniger als bislang angenommen. Bisher ging man hier von einer Freisetzung von 40 bis 60 Millionen Tonnen jährlich aus. Da die Gesamtmenge des Methans in der Atmosphäre bekannt ist, muss mehr Methan als bisher gedacht von menschlichen Aktivitäten stammen, etwa der Kohle- und Ölförderung.
„Es ist wichtig, Methan zu untersuchen, weil Änderungen der derzeitigen Methan-Emissionen schnell größere Auswirkungen haben werden“, sagt Benjamin Hmiel von der University of Rochester, Erstautor der Studie. Strengere Regulationen hinsichtlich der Freisetzung von Methan in der Erdölindustrie hätten das Potenzial, die Klimaerwärmung deutlicher zu reduzieren als bislang angenommen. Martin Heimann vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, der nicht an der Studie beteiligt war, hält die Messwerte für plausibel: „Ich war immer skeptisch im Hinblick auf die publizierten Quellenangaben für das Methan in der Atmosphäre.“Die neuen Daten müsse die wissenschaftliche Gemeinschaft jetzt aufarbeiten.
In der Science-Studie veröffentlicht die Gruppe um Petrenko Untersuchungen an 8000 bis 18000 Jahre alter Luft aus Eisbohrkernen aus der Antarktis. Insbesondere ein Zeitraum vor mehr als 14000 Jahren, als sich die Erde um etwa vier Grad Celsius erwärmte, stand im Fokus. Mit der C-14-Methode fanden sie in der Zeit wenig Methan aus fossilen Quellen, also aus Methanhydraten vom Meeresboden oder altem organischem Material in Permafrost-Böden. „Es scheint, als ob alle natürlichen Puffer sicherstellen, dass nicht viel Methan freigesetzt wird“, betont Petrenko. So hätten frühere Forschungen ergeben, dass in 30 Metern Wassertiefe entweichendes Methan zu 90 Prozent noch im Wasser oxidiert werde und nicht in die Atmosphäre gelangt.
Die Ergebnisse der Studie legten nahe, dass die überwiegende Mehrheit des Methans in der Atmosphäre im Untersuchungszeitraum aus der Zersetzung von kürzlich gebildetem, organischen Kohlenstoff, etwa aus Pflanzen und Boden stamme, schreibt Joshua Dean von der University of Liverpool. Er warnt aber auch: „Obwohl Methanhydrate und Permafrost-Kohlenstoff in naher Zukunft wahrscheinlich keine Hauptquelle für Methan in der Atmosphäre sind, könnte der ungehemmte Klimawandel im kommenden Jahrhundert zu ihrer Destabilisierung führen.“