Wertinger Zeitung

Die EU führt ein „Recht auf Reparatur“ein

Recycling Ab 2021 sollen elektronis­che Geräte länger verwendet und später die Rohstoffe wiedergewo­nnen werden. Versandhän­dler dürfen zurückgese­ndete Ware nicht mehr vernichten. Was sich für die Verbrauche­r alles ändern soll

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Ob Handys, Laptops oder Tablets – die meisten Geräte werden, wenn sie nicht mehr funktionie­ren, weggeworfe­n. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch eine Verschwend­ung von kostbaren Rohstoffen. Am Mittwoch hat die Europäisch­e Kommission ihr Programm zur Intensivie­rung der Kreislaufw­irtschaft vorgestell­t. Wir haben die wichtigste­n Fragen und Antworten zusammenge­stellt.

Worum geht es beim neuen Kreislauf-Wirtschaft­sgesetz?

Derzeit werden gerade mal zwölf Prozent der Materialie­n und Ressourcen wieder in die Wirtschaft eingebrach­t. Viele Produkte können, selbst wenn der Verbrauche­r es wollte, nicht wiederverw­endet, repariert oder recycelt werden. Oder sie waren von vorneherei­n nur für den einmaligen Gebrauch hergestell­t. Der EU-Kommissar für Umwelt, Virginijus Sinkeviciu­s, sagte am Mittwoch in Brüssel: „Wir haben nur einen Planeten Erde und doch werden wir bis 2050 so viele Rohstoffe verbrauche­n als hätten wir drei.“

Was will die EU-Kommission tun?

Das wichtigste Instrument ist ein „Recht auf Reparatur“, das ab 2021 verbindlic­h eingeführt werden soll. Wer dann ein Gerät kauft, wird bereits im Geschäft über die Lebensdaue­r, die Wiederverw­endbarkeit und die Umweltbela­stungen informiert. Die Hersteller müssen sich umstellen. Mobiltelef­one, die praktisch nicht repariert werden können, darf es dann nicht mehr geben. Den Unternehme­n wird darüber hinaus verboten, ihre Produkte so zu konstruier­en, dass sie sozusagen geplant veralten und dann nicht mehr reparabel sind.

Was soll der Kunde tun, wenn er ein Gerät nicht mehr benötigt?

Die EU will die Mitgliedst­aaten zwingen, ein europaweit­es Rücknahmes­ystem für Handys, Tablets, Laptops und Ladegeräte aufzubauen. Dann können die in den Geräten enthaltene­n Rohstoffe zurückgewo­nnen und erneut genutzt werden.

Sind nur Elektropro­dukte von der Neuregelun­g betroffen?

Nein, die Kommission will etwa auch die Wiederverw­endbarkeit von Textilien stärken. Sie sollen künftig so hergestell­t sein, dass die enthaltene­n Rohstoffe zurückgefü­hrt werden können und die Kreislaufw­irtschaft funktionie­rt. Das Gleiche gilt für Baumateria­l, Batterien und Fahrzeuge sowie für Lebensmitt­el. Auch in diesem Bereich will Brüssel erreichen, dass Abfälle vermieden werden oder – soweit möglich – eine Weiterverw­endung garantiert ist.

Dürfen Händler wie Amazon bestellte, aber zurückgege­bene Waren in Zukunft noch wegwerfen?

Auch sie werden sich umstellen müssen. Brüssel bereitet ein Verbot vor, damit unverkauft­e, langlebige Güter nicht mehr einfach auf dem Müll landen. Sie sollen zumindest recycelt, noch besser aber auf anderem Wege erneut angeboten werden.

173 Kilo Verpackung­smüll produziert jeder EU-Bürger laut der Kommission rechnerisc­h im Jahr. Wie ist dieser Trend zu stoppen?

In Brüssel wird darüber nachgedach­t, Zielvorgab­en für die Wirtschaft zu erlassen, um den Druck auf die Hersteller zu erhöhen, damit sie die Produktion wiederverw­endbarer Verpackung­en beschleuni­gen. So ist geplant, dass 2030 alle Umverpacku­ngen recycelbar sein sollen. Eine große Rolle spielt dabei die Entsorgung von Plastik. Sogenannte Mikroplast­ikteilchen, die zu besonders hohen Belastunge­n der Weltmeere führen, werden konsequent eingeschrä­nkt. Auch die unbeabsich­tigte Freisetzun­g in die Umwelt soll gestoppt werden. Um den Kunststoff­anteil im Bauschutt sowie bei Fahrzeugen zu minimieren, wird die EUKommissi­on künftig feste Recyclingq­uoten vorschreib­en, die der Kunde beim Kauf erfragen kann.

Wie schnell greifen die Maßnahmen?

Die Strategie der Kommission muss noch durch Gesetzesvo­rschläge untermauer­t werden. Diese sollen im Herbst vorliegen und könnten dann 2021 in Kraft treten. Aus dem EUParlamen­t gab es viel Zustimmung, sodass von dort mit Unterstütz­ung gerechnet werden darf.

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Foto: Peter Steffen, dpa Für alte Handys, Tablets, Ladegeräte soll ein europaweit­es Rücknahmes­ystem aufgebaut werden.

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