Wertinger Zeitung

Atommüll: Wohin mit den radioaktiv­en Überbleibs­eln?

Vortrag Corona-Virus hält viele ab: Forum befasst sich trotzdem mit einem anderen, ebenso brisanten Thema

- VON GÜNTER STAUCH

Dillingen Die Zahlen und Zeiträume sind gigantisch, die Herausford­erungen ebenfalls: Fast 2000 Transportb­ehälter für den verstrahlt­en Atommüll aus der zu Ende gehenden Kernkrafte­poche stehen deutschlan­dweit da. Eine große Lagerstätt­e, die rund eine Million Jahre sicher halten soll, wird bis 2031 gesucht. Was Mitglied Elisa Akansu zum Treffen der 800 Mitstreite­r zählenden Bürgerinit­iative gegen das Zwischenla­ger Gundremmin­gen und nach ihren Recherchen unter anderem in Berlin im Gepäck hatte, ließ aufhorchen. Doch die junge Expertin blieb bei ihrem Vortrag vor den vom Corona-Virus gelichtete­n Reihen sachlich und ohne alarmistis­che Ansätze. „Sprengstof­f“birgt das von ihr angeschnit­tene Thema schon genug, zumal sie in der Osteria zur goldenen Traube die nächsten Schritte zur Entsorgung der höchst radioaktiv­en Überbleibs­el aufzählte.

Ein ebenso nüchtern vortragend­er Vorstandss­precher Raimund Kamm hatte zuvor einen „unruhigen Herbst“angedeutet, denn laut Akansu soll im dritten Quartal ein Zwischenbe­richt der Atombehörd­en zur Standortsu­che für das sogenannte Endlager erfolgen. Dabei könnten Regionen benannt werden, die sich nicht eignen oder dafür in Frage kommen. Kamm: „Dann dürfte es im Land scheppern und die

Zeit der Lokalhelde­n anbrechen.“Gemeint war die zu erwartende Abwehr in vielen Gebieten, die eventuell ins Spiel gebracht werden. Und da wird der langjährig­e Landtagspo­litiker nicht müde, an die Verantwort­ung aller zu appelliere­n, die „lange von dem Strom aus Gundremmin­gen gut gelebt haben“. Noch schärfer: „Keiner darf sich bei der Lösung dieser Frage in die Büsche schlagen.“Als schlechtes Beispiel nannte der streitbare AKWGegner die ablehnende Reaktion an einem Standort in Niederbaye­rn, an dem man eigenes, aber im Ausland wiederaufb­ereitetes Material als „Fremdmüll“abzuwehren versucht hatte. Fragen um die sichere Aufbewahru­ng versuchte die Referentin Akansu in kompetente­r wie geduldiger Weise zu behandeln und verblüffte dabei auch mal mit der soliden Feststellu­ng: „Vom Volumen her gesehen sind die tausenden Behälter vielleicht nicht mal das Problem bei der Lösung, es ist viel mehr der für den Menschen überaus gefährlich­e Inhalt.“Auch den Faktor Zeit griff sie auf: „Wenn bis 2031 entschiede­n und nach dem Bau 2050 die Einlagerun­g vorgesehen sein wird, bedeutet dies, dass bei der oberirdisc­hen Zwischenla­gerung bis dahin unbedingt nachgerüst­et werden muss.“Apropos Inhalt: Offenes Misstrauen entwickelt­e sich während der Diskussion gegenüber dem Kraftwerks­betreiber, weil der Anfang des vergangene­n Monats „einen

geheimnisv­ollen Atommülltr­ansport“(Kamm) veranlasst hatte, dem in wenigen Tagen ein weiterer folgen soll. „Rechnerisc­h könnte man hiermit allen Menschen in Deutschlan­d eine Dosis verpassen, die Lungenkreb­s verursache­n würde“, signalisie­rte der Forumsspre­cher hinsichtli­ch der enthaltene­n Plutonium-Menge. Zum Strahlen hatte der Wahl-Augsburger aus dem Ruhrgebiet dennoch Grund: „Sein“Forum, das laut Vorstandsm­itglied Ulli Brenner eigentlich als Frauenbewe­gung entstand, kann 20-jähriges Bestehen feiern.

Beim Zwischenla­ger muss nachgelegt werden: Nach Expertenge­sprächen etwa in Berlin informiert­e Forums-Frau Akansu über die kommenden Schritte bei der Entsorgung. Unter den Zuhörern Sprecher Kamm. Fotos: Stauch

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Raimund Kamm
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Elisa Akansu

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