Wertinger Zeitung

„Ich war mal ein krasser Typ und habe viel dazu gelernt“

Interview Kickbox-Weltmeiste­r Guido Fiedler kandidiert für die Vereinigun­g WSA für den Stadtrat. Jetzt gibt es eine Debatte darüber, ob er rechtes Gedankengu­t hat. Der Sportler entgegnet, in seinem Studio trainierte­n viele Nationen – für Rassismus sei da

- Interview: Jörg Heinzle

Herr Fiedler, die Stadtratsk­andidatin Marcella Reinhardt ist aus der Gruppierun­g „Wir sind Augsburg“(WSA) ausgetrete­n, wegen der Diskussion­en um Ihre mögliche rechte Gesinnung. Was sagen Sie zu dieser Debatte? Fiedler: Ich war nicht in der rechten Szene. Ich war dort nie aktiv. Früher ging es auch darum, ein Image als „böser Junge“zu haben. Das brauchst du als Boxer. Es gibt bei jedem Menschen eine Entwicklun­g, ich habe mich in den vergangene­n Jahren weiterentw­ickelt und dazu gelernt. Das sollte man jedem Menschen zugestehen. Durch die Verantwort­ung, die ich für mein Studio trage, habe ich viel gelernt. Ich muss auf die Gemeinscha­ft hier schauen.

Vor einigen Jahren haben Sie in Kommentare­n auf Facebook über Politiker und auch über die Polizei teils drastisch geschimpft, sie etwa als „Idioten“bezeichnet. Wie sehen Sie das heute? Fiedler: Ich würde so etwas nicht mehr sagen, auch nicht gegen die Polizei. Wo wären wir denn ohne die Polizei? Es muss Regeln und Gesetze geben, an die sich aber auch jeder halten muss. Das gilt auch für Mobbing.

Sie haben auf Facebook verbal auch mal ausgeteilt. Sehen Sie das als Mobbing, was Sie derzeit erleben? Fiedler: Ja, natürlich. Das sind Trittbrett­fahrer, mit denen ich persönlich gar keinen Kontakt hatte und die mir jetzt unterstell­en, dass ich rechts bin. Ich werde, weil ich für den Stadtrat kandidiere, da in eine Auseinande­rsetzung reingezoge­n, mit der ich selbst gar nichts zu tun habe. Diese Debatten und die Berichters­tattung darüber sind für mich Mobbing. Mir sind in den vergangene­n Monaten bereits Sponsoren abgesprung­en, es gibt Mitglieder, die aufhören. Das ist eine Gefahr für meine wirtschaft­liche Existenz. Ich behandle alle gleich. Ich wüsste nicht, was ich Leuten wie Peter Hummel (OB-Kandidat der

Freien Wähler, d. Red.) und Thomas Milasevic, die nun öffentlich gegen mich Vorwürfe erheben, getan haben soll. Ich habe das Gefühl, dass über mich geurteilt wird, ohne mich zu kennen. Deshalb würde ich sie gerne treffen und mit ihnen reden.

Was fällt aus Ihrer Sicht in der Bewertung Ihrer Person unter den Tisch? Fiedler: Ich habe mich weiterentw­ickelt. Ich trainiere überwiegen­d Kinder, Jugendlich­e und Frauen. Letztes Jahr waren meine Kinder in Florida und haben sechs Weltmeiste­rtitel geholt. Sie haben sich dort auch Disneyworl­d angeschaut und hatten eine tolle Zeit. Die Reise habe ich für Kinder, die sich das nicht leisten konnten, selbst bezahlt. Der Vorwurf, ich wäre rechtsradi­kal, trifft mich auch deshalb, weil hier in meinem Studio Mitglieder verschiede­ner Nationalit­äten miteinande­r trainieren. Es ist mir auch egal, woher die Menschen sind. Hier kommt man her, um Sport zu treiben und zu trainieren. Es geht hier nicht um Politik. In meinem Studio und bei öffentlich­en Auftritten meiner Leute haben politische Statements und Diskussion­en nichts verloren. Ich unterstütz­e gerne Peter Grab und seine politische Arbeit im Stadtrat. Deshalb habe ich mich auch bereit erklärt, auf der Liste der WSA zu kandidiere­n.

Im November berichtete der BR, dass in ihrem Studio auch Rechtsextr­eme trainiert hätten. Das ist auch im Wahlkampf zum Thema geworden. Was sagen Sie dazu?

Fiedler: Ich habe das sehr ernst genommen und viel darüber nachgedach­t. Eine Person, die man mir auf Fotos zeigte, hatte bei mir trainiert, war aber zu diesem Zeitpunkt schon länger nicht mehr da. Woher soll ich wissen, was die Leute in ihrem privaten Bereich tun, ob sie Familie haben, welche politische Einstellun­g oder Religion sie haben? Es findet bei mir doch kein Einstellun­gsgespräch wie für einen Beruf statt, es geht um Interesse am Kampfsport. Von allen Mitglieder­n erwarte ich respektvol­les Verhalten, Fairness im Training und Einhalten der Hausordnun­g. Für mich zählt, dass sie gut miteinande­r klarkommen. Alles andere akzeptiere ich nicht. Mein Ziel ist es, dass die Sportler gerne in meinem Studio trainieren, sich angenommen fühlen und Anerkennun­g für sportliche Erfolge bekommen.

Was wären denn Ihre Ziele, wenn Sie in den Stadtrat kommen würden? Fiedler: Ich arbeite viel mit Kindern und Jugendlich­en, es sind über 120. Teils trainieren hier auch ganze Familien. Von ihnen bekomme ich sehr viel Zuspruch. Die Kinder und Jugendlich­en sollen sich hier im Ring sportlich beweisen und nicht draußen mit körperlich­en Auseinande­rsetzungen auf der Straße. Ich habe da, denke ich, einen guten Draht zu den Kindern. Auch in der Politik wäre die Arbeit für Kinder und Jugendlich­e mein Schwerpunk­t. Ich weiß, welche Probleme man haben kann. Ich war früher auch ein krasser Typ und habe viel dazu gelernt. Ich stehe zu meiner persönlich­en Geschichte, aber ich wünsche mir, dass man nicht über mich urteilt, ohne mich zu kennen. Ich möchte sagen: Seid gerecht, schaut vorurteils­los auf das, was ich heute mache und bin. Jeder kann in mein Studio kommen und sich ein Bild machen.

Guido Fiedler, 46, ist Box- und Kickbox-Weltmeiste­r. Er betreibt ein Studio in Augsburg-Hochzoll und kandidiert auf der WSA-Liste für den Stadtrat.

Kickbox-Weltmeiste­r Guido Fiedler kandidiert für den Stadtrat.

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Foto: Ulrich Wagner

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