Essbare Blumenwiesen
Natur Die Kräuterpädagoginnen des Naturparkvereins Augsburg – Westliche Wälder stellen wilde Kräuter und ausgefallene Rezepte im Kloster Holzen vor. Ein besonderes Schmankerl sind dabei die selbst gemachten Pralinen
Kloster Holzen Man meint, es ist eine ganz gewöhnliche Praline. Der Geschmackstest ergibt aber überraschende Aromen. „Die hier ist mit Brennnessel, die mit Johannisbeere und die mit Schlehe“, erläutert Sophie Bösel zu einer Packung von ihr selbst gemachter Pralinen. Sie ist eine der zwölf Kräuterpädagoginnen des Naturparkvereins Augsburg – Westliche Wälder. Erfreut erzählt sie vom steigenden Interesse an den unzähligen Möglichkeiten, die wilde Kräuter bieten. Trotzdem wissen die meisten über diese vielfältige Welt kaum etwas. Die Kräuterpädagogin zupft ein Blättchen Gartenschaumkraut ab und erklärt, wie
Aus einigen Stängeln von der Wiese entstehen die besten Salben
köstlich es in Salat oder Kräuterquark ist.
Wer es nicht kennt, hätte es für Unkraut gehalten. Heutzutage gibt es dieses Wissen über die Natur, die uns umgibt, kaum noch. Man spaziert über eine Wiese und sieht bunte Blumen zwischen grünem Gras. Die vielen verschiedenen Blätter, Wurzeln und Kräuter dazwischen nimmt man gar nicht wahr. Selbst wenn, wüsste man nichts damit anzufangen und würde nicht auf die Idee kommen, sie zu essen. Die Kräuterpädagoginnen aber finden hier etwas für einen beruhigenden Tee, dort etwas für köstlichen Salat, beratschlagen bei einigen Stängeln, die mitten auf der Blumenwiese wachsen, wie man die beste Salbe daraus machen kann.
Begeistert betrachtet Sophie Bösel Giersch, den man für gewöhnlich im Garten verzweifelt loszuwerden versucht. Bösel aber sagt:„Am besten frisch die Blätter verarbeiten, gar nicht trocknen oder kochen, sondern roh die Blätter gleich in den Salat, Kräuterquark oder die Kräuterbutter.“
Für eine Salbe für die Gelenke fügt sie bevorzugt ein wenig Olivenöl hinzu und macht einen Kaltauszug. Zur Veranschaulichung gibt es auch etwas zum Naschen. Bösel hat nicht nur köstliche Pralinen hergestellt, sondern auch Amaretto und Likör aus Kornelkirsche mit Zwetschgenkernen, die eigentlich Abfallprodukt wären, dem Likör aber einen fruchtigen Geschmack verleihen. Auf die Frage, ob sie etwas Besonderes empfehlen kann, kann sie sich erst einmal gar nicht entscheiden. „Jede Pflanze ist natürlich etwas Besonderes, und alle haben auch verschiedene Heilkräfte“, sagt sie.
Letztendlich empfiehlt sie die Brennnessel, die eigentlich nicht sonderlich beliebt ist. Sophie Bösel macht daraus ein Gedächtnisöl. Man soll die Pflanze für vier Wochen in Olivenöl einlegen und dieses dann zweimal täglich auf die Schläfen massieren. Es hilft gegen Vergesslichkeit und fördert die Konzentration. Der Blickwinkel auf die alltägliche Natur ändert sich noch mehr, als erläutert wird, was giftig ist und vermieden werden sollte. Ein Beispiel ist der Aronstab. Die Kräuterpädagoginnen beschreiben, dass er bei Kontakt mit der Zunge sticht wie Nadeln. Vorsichtig sein sollte man vor allem mit Kindern, da der Aronstab verlockende orange Beeren trägt, die aber ebenfalls giftig sind. Kloster Holzen unterstützt die Kräuterfrauen in ihrer Arbeit mit einem Obst- und einem Kräutergarten. Außerdem gibt es Wiesen, die so natürlich wie möglich gehalten werden, um das Wachstum wilder Kräuter zu fördern.
Eva Liebig, stellvertretende Geschäftsführerin des Naturparkvereins, ist beeindruckt vom detaillierten Wissen ihrer Kolleginen und stolz. Denn die Kräuterpädagoginnen sind im Programm des Parks vielfältig vertreten. Dort finden sich Workshops, Vorträge und Führungen dazu, was man mit Kräutern machen kann, beispielsweise geht es um den Einsatz in der Küche, für die Gesundheit oder auch beim Seifensieden.
Kräutergarten im Kloster Holzen in Allmannshofen.