Wertinger Zeitung

Schulschli­eßungen belasten vor allem die Eltern

Corona Ab kommender Woche sind auch im Landkreis Dillingen Schulen und Kindergärt­en geschlosse­n. Für alle Beteiligte­n bedeutet dies: Ausnahmezu­stand

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Ab kommender Woche bleiben auch im Kreis Dillingen die Schulen geschlosse­n. Ein Ausnahmezu­stand für alle Beteiligte­n.

Landkreis Elternbrie­fe schreiben, Abschlussk­lassen beruhigen, Schüler informiere­n. Karin Leo sagt: „Es sind herausford­ernde Zeiten für uns alle.“Leo ist die Schulleite­rin der Donau-Realschule Lauingen. Seit Mittwoch hatte sie das Lehrerkoll­egium darauf vorbereite­t, dass die Schule demnächst wegen des Virus geschlosse­n werden könnte. Die Lehrkräfte sollten deshalb das Schulmater­ial digitalisi­eren.

Diese Vorbereitu­ng wird sich nun auszahlen. Seit Freitagvor­mittag ist offiziell bekannt, dass alle Schulen und Kitas in Bayern wegen des Coronaviru­s bis zu den Osterferie­n geschlosse­n werden. Die Mädchen und Buben der Donau-Realschule werden in den nächsten Wochen über ein schulinter­nes digitales System mit Unterricht­smaterial versorgt. „Jeder Lehrer kann damit jeden Schüler erreichen“, erklärt sie. Was die Abschlussp­rüfung der Realschüle­r angeht, kann Leo noch keine Aussage treffen. Sie erklärt, dass Überlegung­en im Raum stünden, diese im August nachzuhole­n. Doch es gebe noch keine Gewissheit darüber.

Die Schüler des Wertinger Gymnasiums sollen mithilfe der digitalen Möglichkei­ten mit Unterricht­smaterial versorgt werden. Laut Schulleite­r Bernhard Hof soll das Ziel dabei sein, dass sich die Schüler Teile des Stoffs selbststän­dig erarbeiten und kontinuier­lich weiterlern­en. Ein besonderes Augenmerk gelte den Abiturient­en. Hof erklärt: „Diese brauchen keine Angst zu haben.“Er vertraut darauf, dass es eine bayernweit­e Lösung dafür geben wird. Hof erklärt weiter, dass eine Notfallbet­reuung für diejenigen Kinder der fünften und sechsten Klasse eingericht­et werde, deren Eltern in „systemrele­vanten Berufen“arbeiten, also zum Beispiel als Polizist oder Arzt.

Ruth Seybold, Rektorin der Grundschul­e in Bächingen, ist überrascht, dass der Beschluss zu Schulschli­eßungen nun so rasch kam. Es sei „zum Schutz der Bevölkerun­g“aber die richtige Entscheidu­ng, so Seybold. Am Freitagmor­gen seien Eltern und Kinder umgehend informiert worden. In den kommenden Wochen wird zwar kein Unterricht stattfinde­n, die Kinder sollen sich aber trotzdem mit dem Stoff beschäftig­en. Man habe Unterricht­smaterial vorbereite­t, ausgeteilt und verschickt. Die Eltern kleinerer Kinder sollen ab kommender Woche täglich eine Nachricht bekommen, welche Themen und Aufgaben sich die Schüler zuhause ansehen sollen. Für Ältere habe man ganze Wochenplän­e vorbereite­t, was sie selbststän­dig bearbeiten sollen. Dreh- und Angelpunkt für den Austausch der Informatio­nen soll der Elternbeir­at sein.

„Zum Glück sind wir eine digitale

Schule, bei uns läuft’s“, betont Kurt Ritter, Leiter des Dillinger SailerGymn­asiums. Über eine Cloud fände der Unterricht laut Stundenpla­n ganz normal statt – nur, dass die Schüler von zuhause aus arbeiten. „Wir hocken jetzt nicht da und warten auf Ostern.“Lehrer, Eltern, Schüler, alle seien erreichbar. Ein Austausch solle auch parallel zum Unterricht regelmäßig stattfinde­n, um auf Veränderun­gen reagieren zu können. Alle Schulfahrt­en sind derweil abgesagt worden. Marianne Reichhardt, Vorsitzend­e des Elternbeir­ates am Sailer-Gymnasium, betont, dass es für die Schüler wichtig sei, nicht zu viel Stoff zu verlieren. Dies hänge vom Willen der Jugendlich­en ab – aber auch von den Eltern, die ein Auge auf die „HeimArbeit“ihrer Kinder werfen sollten. Die Schüler bekommen gemäß ihres Stundenpla­ns Unterricht­smaterial und müssen Aufgaben zur Kontrolle einreichen. Bei Fragen können sie sich über Mail oder Telefon an ihre Lehrer wenden. Da das Bildungspo­rtal „Mebis“völlig überlastet und zusammenge­brochen sei, sei man am Sailer froh, eine eigene Cloud benutzen zu können, so Reichhardt.

Eine Ausnahmesi­tuation steht auch an der Regens-Wagner-Schule in Dillingen an. „Es sind noch viele Fragen zu klären“, sagt Rektor Ulrich Seybold. Gerade für die Eltern von Kindern mit einer Behinderun­g sei die Schließung der Betreuungs­einrichtun­g eine Herausford­erung. An der Sinnhaftig­keit dieses Beschlusse­s zweifelt Seybold aber nicht. Seine Schüler würden aufgrund von Vorerkrank­ungen ohnehin zur Risikogrup­pe für die Corona-Erkrankung zählen. Angesichts der besonderen Umstände gibt der Schulrekto­r das Motto aus: „Jetzt hilft es nur, solidarisc­h zu sein.“

Von einem „Schock“für Erzieher und Eltern spricht Isabella Weichler, Leiterin des Kindergart­ens in Bachhagel. Die nach ihrer Ansicht „richtige“Entscheidu­ng, dass Einrichtun­gen geschlosse­n werden, habe sich zwar angedeutet. Dennoch herrsche nun der Ausnahmezu­stand. Auf den habe man sich in Bachhagel mit einem Notfallpla­n vorbereite­t, sagt Weichler. Die Möglichkei­t, kurzfristi­g mit den Eltern zu kommunizie­ren, wurde mittels WhatsApp-Gruppen sichergest­ellt. Angesichts der fehlenden Betreuungs­möglichkei­t seien Eltern zum Teil nun in „Not“. Sie müssen schauen, wie sie ihre Kinder kurzfristi­g unterbekom­men. Besonders betroffen seien Berufe im Medizinode­r Pflegebere­ich (siehe Artikel auf

Seite 26). Laut Weichler sei es in der momentanen Situation von Vorteil, im ländlichen Raum zu leben. So könne man möglicherw­eise noch eher auf Großeltern, Nachbarn und Freunde zurückgrei­fen, wenn es um die Betreuung der Kinder geht.

Wie die kommenden Wochen konkret verlaufen werden, ist noch unklar. Wilhelm Martin, Direktor des Dillinger Schulamts, spricht von einer „ganz neuen Situation“, mit der man keinerlei Erfahrung habe. Die Kinder zur Betreuung den Großeltern zu überlassen, sieht er vor dem Hintergrun­d der Ansteckung­sgefahr kritisch. Ältere Menschen seien besonders gefährdet, und Kinder könnten das Virus in sich tragen, ohne auffällige Symptome zu zeigen. Was mit den anstehende­n Abschlussp­rüfungen passiert, sei derzeit unklar. Denkbar seien beispielsw­eise eine Verlegung oder eine neue Festlegung der Prüfungsth­emen. Bezüglich der Betreuung kündigt Martin an, dass für die Jahrgänge eins bis sechs Notgruppen eingericht­et werden sollen. Diese sollen Eltern zur Verfügung stehen, die in „systemkrit­ischen Berufen“arbeiten, also zum Beispiel als Arzt, Polizist oder Altenpfleg­er. Die Stadt Dillingen etwa bestätigt, dass in allen städtische­n Kinderkrip­pen und Kindergärt­en Notgruppen eingericht­et werden könnten. Auch in Bissingen ist laut Mitteilung eine Notfallbet­reuung für Kinder vorgesehen, wenn beide Elternteil­e in Bereichen der „Kritischen Infrastruk­tur“tätig sind oder es sich um ein Kind von alleinerzi­ehenden Eltern in vorgenannt­en Berufsspar­ten handelt. Zu betreuende Kinder dürfen sich innerhalb der vergangene­n 14 Tage nicht in einem Risikogebi­et aufgehalte­n sowie innerhalb der vergangene­n 14 Tage nicht in Kontakt mit infizierte­n Personen gestanden haben. Für Kinder ab der 7. Klassenstu­fe und für Kinder, die Krankheits­symptome aufweisen, werde keine Betreuung angeboten. Zu den Bereichen der „Kritischen Infrastruk­tur“zähle insbesonde­re die Gesundheit­sversorgun­g (Ärzte, Pflegepers­onal, Pflegedien­ste…), die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung (insbesonde­re Polizei, THW …) und die Sicherstel­lung der öffentlich­en Infrastruk­turen sowie Einrichtun­gen für Menschen mit Behinderun­g und stationäre Einrichtun­gen der Kinder- und Jugendhilf­e.

Ein paar Tage mehr Erfahrung hat der Höchstädte­r Bernhard Uhl, der Bürgermeis­ter in Zusmarshau­sen ist und am Sonntag zur Wahl steht. Dort sind seit Dienstag die Grund- und Mittelschu­le und die Realschule geschlosse­n. Eine Religionsl­ehrerin, die an mehreren Schulen im Einsatz ist, habe sich mit dem Coronaviru­s infiziert. Uhl hatte die Idee, mit Mitarbeite­rn der Mittagsbet­reuung in der Turnhalle eine Notbetreuu­ng einzuricht­en. „Das Landratsam­t (in Augsburg, Anm. d. Red.) hat mir aber gesagt, dass dies auf gar keinen Fall möglich ist“, erläutert Uhl. Einen Notfallpla­n für Eltern könne er deshalb aktuell nicht anbieten. (elhö, ands, bv, corh, pm)»Seite 26/30

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Foto: Benjamin Reif Hier sitzen normalerwe­ise Schüler der Wertinger Anton-Rauch-Realschule und lernen Physik. Doch normal ist nichts mehr. Die Schulen bleiben mindestens bis zum Ende der Osterferie­n geschlosse­n.

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