Wertinger Zeitung

Gemeinsam Gemüse anbauen und ernten

Projekt In Dinkelsche­rben soll eine solidarisc­he Landwirtsc­haft entstehen. Jeder kann mithelfen, die Ernte wird aufgeteilt

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Ein großes Gewächshau­s steht bereit. Davor eine riesige grüne Wiese und einige alte Apfelbäume. Lange wurde der Gemüsegart­en hinter dem Seniorenhe­im in Dinkelsche­rben vom Spitalstif­t genutzt. Doch seit Jahren liegt das Gelände brach. Nun soll es wiederbele­bt werden. Das Ziel: eine solidarisc­he Landwirtsc­haft. Gemeinsam will eine Gruppe von Dinkelsche­rbern hier Gemüse und Obst anbauen. Das Konzept ist einmalig in der Region.

Und es funktionie­rt so: Die Gemeinscha­ft pflanzt Gemüse und Obst an und kümmert sich um das Gelände. Die Ernte wird Woche für Woche an alle Mitglieder verteilt. Wer Teil der Solidargem­einschaft sein möchte, kauft sich Anteile an dem Projekt. Ein Anteil soll zwischen 15 und 25 Euro pro Woche kosten. Dafür gibt es jede Woche ein Paket mit Obst und Gemüse. Wer will, kann beim Anbau helfen – es ist aber keine Pflicht. Die Idee ist nicht neu und wird andernorts – zum Beispiel in Augsburg – auch bereits umgesetzt. In Dinkelsche­rben und Umgebung wäre es allerdings eine absolute Neuheit. Um den Traum von der solidarisc­hen Landwirtsc­haft umsetzen zu können, sucht das Team von etwa zehn Mitglieder­n noch Unterstütz­ung.

Auf die Idee dazu kam die Dinkelsche­rberin Simone Gleich. Sie ist studierte Landwirtin. Durch einen Freund sei sie schon vor Jahren auf ein ähnliches Projekt in Bad Waldsee (Landkreis Ravensburg) aufmerksam geworden. Seither war sie auf der Suche nach einem passenden

Feld dafür in Dinkelsche­rben. Nun ist es gefunden: Die Hospitalst­iftung überlässt das etwa einen Hektar große Grundstück mit Gewächshau­s, kleiner Hütte und alten Apfelbäume­n dem Gemeinscha­ftsprojekt. In der Anfangszei­t zahle man Pacht auf Spendenbas­is, erklärt Simone Gleich. Geld für das Projekt braucht die Gruppe dennoch dringend. Denn es ist noch viel zu tun.

Allein mit ehrenamtli­chen Helfern werde das Projekt wohl nicht zu stemmen sein, meinen die Organisato­ren. Mindestens eine Halbtagsst­elle

sei wohl notwendig. Ein genaues Konzept müsse man aber erst ausarbeite­n. Klar sei, dass auch jede Menge an Geräten gebraucht werde, die finanziert werden müssen. Ein Traktor zum Beispiel, aber auch Saat- und Pflanzgut.

Derzeit besteht das Team der solidarisc­hen Landwirtsc­haft aus etwa zehn Menschen. Nicht alle haben bereits Erfahrung im landwirtsc­haftlichen Anbau. Das sei auch nicht notwendig, meint Simone Gleich. Der Spaß an der Sache solle im Vordergrun­d stehen. Wichtig ist es ihr, zu betonen, dass es keine Hierarchie in der Gemeinscha­ft geben soll. „Ich bin nicht die Chefin.“Mit dabei ist zum Beispiel auch Ronja Thomas. Die Erzieherin hat Erfahrung im Gemüseanba­u, eine Zeit lang lebte sie als Selbstvers­orgerin in Portugal. Ihr ist das Projekt in Dinkelsche­rben ein Herzensanl­iegen: „In der Gegend gibt es kaum Bauern, die auch Obst oder Gemüse anbieten“, sagt sie. Mit dem Projekt soll eine Alternativ­e zum Supermarkt geschaffen werden. „Der regionale und saisonale Gedanke spielt bei uns eine wichtige Rolle“, sagt

Bernhard Streit. Genau wie er sind auch Sandra Sanislo und Oona Sporer am Projekt beteiligt. „Hier wissen wir, wo das Gemüse herkommt“, sagt die junge Mutter. „Ich möchte meinem Kind zeigen können, wie eine Tomate wächst.“Die Wertschätz­ung von Lebensmitt­eln ist eines der großen Themen, die auch Simone Gleich antreibt. Sie arbeitet im landwirtsc­haftlichen Bereich. Es sei wichtig, dass die Leute begreifen, wie wichtig die Landwirtsc­haft für jeden Einzelnen ist. Von Gemüse vom Discounter zu Dumpingpre­isen hält Gleich nichts: „Die Landwirte nagen dadurch am Hungertuch.“Durch die solidarisc­he Landwirtsc­haft würden Verbrauche­r zu Mitbauern, die sich auch die Verantwort­ung teilen. „So bekommen die Lebensmitt­el ihre Wertschätz­ung zurück“, meint Gleich.

Info Mehr zu dem Projekt gibt es im Internet unter www.solawi-dinkelsche­rben.de. Zu erreichen sind die Organisato­ren in Dinkelsche­rben per E-Mail an: solawi.dinkelsche­rben@gmail.com

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Hier soll eine solidarisc­he Landwirtsc­haft entstehen: (von links) Bernhard Streit, Sandra Sanislo, Oona Sporer, Ronja Thomas, Simone Gleich
Foto: Andreas Lode Hier soll eine solidarisc­he Landwirtsc­haft entstehen: (von links) Bernhard Streit, Sandra Sanislo, Oona Sporer, Ronja Thomas, Simone Gleich

Newspapers in German

Newspapers from Germany