Betrifft: Rentnerschnitt
Alle Kunden sind gleich? Ach woher denn. Die Geschäftswelt schneidert ihre Angebote gerne individuell auf bestimmte Kreise zu. Man kennt das „Touristen-Menü“in Urlaubsorten und den „Seniorenteller“. Und an jeder Straßenecke hierzulande bieten sie den „Schüler-Döner“an, der immer eine Scheibe günstiger ist als der NormaloDöner, der so ja gar nicht heißt. Ausdifferenzierte Preise sind auch im Friseurhandwerk (Faustregel: Frauen zahlen immer mehr als Männer) üblich. Nach Diskriminierung fragt in dem Zusammenhang offenbar niemand. Jedenfalls sieht man mitten in einer bayerischen Großstadt diese Preisliste eines Friseurs: „Herrenschnitt 12 Euro. Rentnerschnitt 11 Euro. Kinderschnitt 10 Euro.“
Rentnerschnitt? Geht man jetzt zum Friseur, lässt sich in den Stuhl fallen und sagt: „Einmal Rentner bitte“? Ist das günstigere Angebot für Rentner ein Lockangebot? Oder verbirgt sich dahinter notdürftig kaschiert die Erwartung, ältere Herrn hätten weniger Haare, womöglich nur einen Haarkranz, dessen Versorgung weniger Zeit und Mühe erfordert? Aber wie passt das wiederum zum noch günstigeren Kinderhaarschnitt, wo man doch da draußen manche Pubertierende vor lauter Haaren kaum noch erkennt? Wie, würde man den Anbieter gerne fragen, erfolgt die Abrechnung bzw. wo liegt die Grenzziehung zwischen Herren und Rentnern? Muss man den Ausweis vorlegen oder draußen einen Rollator parken? So weit uns bekannt ist, sind die Staffelungen nach Altersklassen im Damensalon unbekannt, weshalb die Erklärung, man gebe für ältere Kunden einen Preisnachlass wie er in Hallenbädern und Theatern ebenso üblich ist, nicht greift. Jedenfalls lohnt es sich, in diesen Zeiten aufmerksamer denn je durch die Straßen zu gehen. Vielleicht erwischt man ein Stück Rentnerpizza oder ein Seniorenpils.