Wertinger Zeitung

Senioren mit Balladen gefesselt

Gerhardt Schmidt bot einen „Lichtblick in Corona-Zeiten“

- (mas)

Lauterbach Über 40 Senior(innen) wollten sich den Auftritt von Gerhard Schmidt im barocken Deutschord­ensschloss in Lauterbach nicht entgehen lassen. Nach einer Stärkung mit Kaffee und Kuchen versetzte der ehemalige Gymnasiall­ehrer die Seniorensc­har in eine Zeit, die zwei Jahrhunder­te zurücklag, aus der auch das barocke Gebäude stammt. Mit Schillers „Bürgschaft“fesselte der Laugnaer Rezitator die Zuhörer ebenso wie mit Goethes „Zauberlehr­ling“. Dabei verstand er es exzellent, aus den Balladen ein „Ein-Mann-Theater“zu formen, denn er trug die klassische Literatur nicht nur auswendig vor, sondern spielte die einzelnen Szenen so glaubhaft mit passender Mimik und Gestik, dass sich die Senioren mitten im brausenden Geschehen fühlten.

Bekamen sie bei Heinrich Heines „Belsazar“, dem frevelhaft­en König von Babylon, eine Gänsehaut, als eine Geisterhan­d des Königs Todesurtei­l mit Feuerschri­ft an die Wand schrieb, so zitterten sie mit „Nis Randers“um eine glückliche Rückkehr aus der tobenden See. Natürlich kannten viele die Balladen noch aus ihrer eigenen Schulzeit, und bei Ludwig Uhlands „Der wackere Schwabe“konnten einige auch ganze Passagen auswendig aufsagen.

In den kurzen Pausen drehte sich das Gespräch meist um die eigene Schulzeit, in der Gedichte eine größere Rolle spielten als heute und auch das Auswendigl­ernen als Gedächtnis­training gang und gäbe war.

Auch der Humor kam nicht zu kurz. Gerhard Schmidt rezitierte dazu einige Gedichte von Eugen Roth, der mit seinen „Ein MenschGedi­chten“die Alltagssor­gen und -freuden von uns Menschen wohl am treffendst­en beschrieb. So blieb es nicht aus, dass Marlies Landherr namens des Seniorentr­effs die zweieinhal­b Muse-Stunden mit dem Menschen Gerhard Schmidt als „Lichtblick in schweren CoronaZeit­en“lobte und Literatur als Medizin für das Gemüt und die Seele empfahl. Ihr Dank galt auch den Frauen des Seniorentr­effs, die bei diesem literarisc­hen Nachmittag für das leibliche Wohl sorgten.

Leider musste sie noch einen Wermutstro­pfen in den gelungenen Nachmittag gießen, denn der für April vorgesehen­e und schon ausgebucht­e Termin bei der Augsburger Allgemeine­n musste wegen der Corona-Krise abgesagt werden.

 ?? Foto: Sauter ?? Gerhard Schmidt beschreibt mit Gestik und Mimik das Grauen des Königs Belsazar von Babylon, als sein Todesurtei­l mit Feuerhand geschriebe­n auf der weißen Palastwand auftaucht. Das Gedicht stammt von Heinrich Heine.
Foto: Sauter Gerhard Schmidt beschreibt mit Gestik und Mimik das Grauen des Königs Belsazar von Babylon, als sein Todesurtei­l mit Feuerhand geschriebe­n auf der weißen Palastwand auftaucht. Das Gedicht stammt von Heinrich Heine.

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