„Immunsystem ist beste Apotheke gegen Viren“
Was tun? Alltag mit Corona Coronavirus Sportmediziner Dr. med. Peter Konopka sieht körperliche Aktivität gerade jetzt als wichtige Maßnahme. Dabei komme es aber auf eine richtige Dosierung an. Genau damit haben Hobbysportler oft Probleme
Dr. Peter Konopka: Der Begriff Sport wird üblicherweise als muskuläre Beanspruchung mit Wettkampfcharakter oder mit dem Ziel einer herausragenden persönlichen Leistung verbunden. Darum geht es aber in Zeiten des Coronavirus nicht. Sondern es geht darum, das Immunsystem zu stärken. Und das ist im Leistungs- und Hochleistungssport nicht immer der Fall, wie man an der deutlichen Zunahme von Infekten nach einem Marathonlauf erkennen kann.
Konopka: Leistungs- und Hochleistungssportler steuern ihr Training selbst – aber im Hobbybereich neigen die meisten Menschen zu einer zu intensiven Belastung. Das haben schon vor langer Zeit Untersuchungen bei Läufern im Kölner Stadtpark ergeben. In der Prävention und gerade in Zeiten des Coronavirus sollte die körperliche Aktivität nach Art eines „grünen Rezepts“wie ein Medikament angewendet werden: indiziert, dosiert und kontrolliert.
Konopka: Ganz im Gegenteil. Ein starkes Immunsystem ist die beste Apotheke gegen Viren. Das Immunsystem besteht aus einer großen an Immunstoffen und Immunzellen, die sehr komplex zusammenarbeiten. Dabei ist nicht nur deren bloße Menge entscheidend, sondern vor allem deren Aktivität – und die wird durch richtig dosierte körperliche Aktivität gesteigert. Das Immunsystem wird durch richtig dosierte körperliche Aktivität sozusagen „scharf“gemacht.
Konopka: Zunächst muss die körperliche Aktivität indiziert sein, das heißt, man muss sich wohlfühlen und gesund sein. Zur Beurteilung der Gesundheit kann auch die Kontrolle des Ruhepulses beitragen. Die Pulsschläge pro Minute sind je nach Trainingszustand und auch individuell unterschiedlich, liegen aber bei Hobbysportlern meistens zwischen 60 und 80 Pulsschlägen pro Minute. Wenn der Ruhepuls ohne ersichtlichen Grund erhöht ist, ist das oft ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt, und man sollte dann mit der körperlichen Aktivität zurückhaltend sein.
Wenn der Ruhepuls stimmt – wie geht es dann weiter?
Konopka: Zunächst geht es um die gesundheitlich wirksamste Qualität der körperlichen Aktivität. Und das ist eindeutig die Ausdauer, zum Beispiel ein Spazieren gehen, Wandern, Walking, Jogging oder Radfahren. Und dann geht es um die richtige
die Quantität, die durch Intensität und Umfang gekennzeichnet ist. Kurz gesagt, rate ich zu einer niedrigen Intensität, also moderatem Tempo, und einem Umfang mit einer Streckenlänge von 20-30 Minuten drei Mal pro Woche oder täglich. Das Ergebnis sollte allenfalls eine geringe Ermüdung, aber niemals Erschöpfung sein.
Konopka: Das Wichtigste ist im Breiten- und Gesundheitssport die Steuerung der Intensität. Sicherlich ist es dabei hilfreich, eine Pulsuhr zur Messung der Herzfrequenz zu benutzen – aber nur in zweiter Linie. Ich persönlich halte die Steuerung durch die Atmung für einfacher und verlässlicher. Als Faustregel gilt: Wenn man während der Belastung noch einen ganzen Satz zusammenhängend sprechen kann, befindet man sich im richtigen sauerstoffreichen, gesundheitsfördernden Bereich. Zusätzlich kann es hilfreich sein, einen Pulsmesser bei der Bewegung zu tragen und auch sonst den Puls regelmäßig zu kontrollieren. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor.
Konopka: Die Körpertemperatur. Der Körper wehrt sich gegen Infekte durch eine Erhöhung der Körpertemperatur, weil vor allem Viren gegen höhere Temperatur empfindlich sind. Und ein Nebeneffekt körVielfalt perlicher Aktivität ist, dass die Körpertemperatur dabei ansteigt und das Immunsystem besser funktioniert. Beides dient einer besseren Infektabwehr. Das Coronavirus ist nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls hitzeempfindlich. Mit körperlicher Aktivität schützen wir uns also in dieser Hinsicht zusätzlich.
Konopka: Dabei muss man die aktuellen Vorschriften beachten. Aber speziell ein Waldlauf allein in freier Natur ist geradezu ideal. Schließlich gibt es ja im Wald keine erhöhte Corona-Gefahr, dann noch eher im eigenen Wohnzimmer. Außerdem tut frische sauerstoffreiche Luft gut – und im Wald geht einem das Herz auf. Bei allen anderen Aspekten darf man aber nicht vergessen, dass die Psyche ebenfalls einen großen Einfluss auf das Immunsystem hat.
Konopka: Auf jeden Fall, aber nur, wenn man gesund ist. Allerdings nimmt im Alter die Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen ab. Deswegen sollte die körperliche Aktivität richtig und eher niedrig dosiert werden. Auch die Erholung nach körperlicher Belastung dauert länger. Daher empfiehlt es sich, jeweils nach einem Tag körperlicher Aktivität einen Ruhetag einzulegen. Besonders wichtig ist bei der InfektDosierung, abwehr aber auch eine vollwertige Ernährung. Da aber ältere Menschen häufiger unter Krankheiten leiden, sollten sie im Zweifelsfall immer ihren Hausarzt zurate ziehen. Am besten ist ein Hausarzt, der einen schon über viele Jahre kennt.