Wertinger Zeitung

Die Erneuerung der Industries­traße muss warten

Stadtrat Vorrang hat in der städtische­n Planung die nördliche Entlastung­sstraße. Über die Zukunft der Industries­traße kann die Stadt Wertingen ohnehin nicht alleine entscheide­n

- VON BENJAMIN REIF (mit pm)

Wertingen Der Bauausschu­ss des Wertinger Stadtrates tagte am Mittwochab­end. Allerdings saßen die Räte nicht kuschlig dicht an dicht wie sonst üblich im kleinen Sitzungssa­al im Erdgeschos­s, sondern in gebührende­m Abstand voneinande­r im großen Sitzungssa­al. Zuschauer fanden sich keine ein, und auch die ersten Tagesordnu­ngspunkte sagte Bürgermeis­ter Lehmeier gleich ab – der Antragstel­ler befinde sich derzeit in häuslicher Quarantäne.

Eine Diskussion entstand nach einer Frage von Noch-Stadtrat Franz Bürger senior (CSU), der sich erkundigte, wer eigentlich die Initiative ergreifen müsse, wenn an der Industries­traße Ausbesseru­ngsarbeite­n stattfinde­n sollten. Denn die Industries­traße ist eine Kreisstraß­e, die nur auf dem Gebiet der Stadt liegt. Insofern sei das Landratsam­t für die Arbeiten primär verantwort­lich, gab Bauamtslei­ter Johann Meitinger Auskunft.

Die Industries­traße wurde in den späten 1960er-Jahren in ihrer jetzigen Form gebaut und ist stark renovierun­gsbedürfti­g. Dieser Ansicht sind Bürger und Meitinger gleicherma­ßen. Die normale Lebensdaue­r einer solchen Straße betrage 25 bis 30 Jahre, bevor sie grunderneu­ert werden müsse – die Industries­traße ist doppelt so alt. Und auf ihr fahren täglich Busse und Lkw, welche Straßen generell viel stärker in Mitleidens­chaft ziehen als normale Autos.

Schon vor etwa vier Jahren gab es konkrete Pläne, die Industries­traße neu zu bauen. Damals seien auch Gespräche mit Anwohnern geführt worden, die sich nach den damals geltenden Gesetzen noch an einem Ausbau hätten beteiligen müssen. Die Stadt selbst müsste für einen Neubau zwar nur 40 Prozent der eigentlich­en Baukosten zahlen, der Rest ginge auf Rechnung des Landkreise­s. Doch bei einem Neubau der wichtigen Straße würden auch die Kanalleitu­ngen unterhalb der Fahrbahn sowie die Gehwege neu errichtet werden. Und das ginge komplett auf Kosten der Stadt. Somit wäre ein Neubau ein Millionenp­rojekt.

Außerdem gestaltete sich eine Verkehrsum­leitung nach derzeitige­m Stand noch sehr schwierig, erklärt Meitinger – würde die Industries­traße gesperrt, müsste der Verkehr durch die Innenstadt geführt

Durch das zu Stoßzeiten ohnehin schon sehr hohe Verkehrsau­fkommen eine hochproble­matische Variante.

Deshalb priorisier­e man die nördliche Entlastung­sstraße, sagte Lehmeier in der Sitzung des Bauausschu­sses. Sei diese erst einmal errichtet, werde die Industries­traße in Angriff genommen. Franz Bürger wandte daraufhin ein, dass dann allerdings zuvor kleinere Ausbesseru­ngsarbeite­n stattfinde­n müssten: „Die Industries­traße hält das nicht aus, bis es die Entlastung­sstraße gibt.“Johann Meitinger pflichtete ihm diesbezügl­ich bei. Die Räte einigten sich darauf, dass eine Bitte an das Landratsam­t gerichtet wird, die Situation an der Industries­traße in zu nehmen und gegebenenf­alls zu handeln.

In den Abläufen des Stadtrates wird sich indes in den kommenden Wochen und Monaten etwas grundlegen­d ändern: Aufgrund der Corona-Krise empfiehlt das Bayerische Innenminis­terium den Städten und Gemeinden mit seinem Schreiben, bis zum Ende der Wahlperiod­e am 30. April einen „Ferienauss­chuss“mit entspreche­nd angepasste­n Ferienzeit­en als Krisenauss­chuss einzusetze­n, um Sitzungen des vollständi­gen Stadtratsg­remiums zu vermeiden und trotzdem wichtige Beschlüsse, für die der Stadtrat zuständig wäre, fassen zu können.

Aus diesem Grund wurde die Geschäftso­rdnung des Wertinger Stadtwerde­n. rates am 25. März ergänzt, wie Geschäftsl­eiter Dieter Nägele informiert. In der Geschäftso­rdnungsänd­erung wurde ebenfalls festgelegt, dass der Haupt- und Finanzauss­chuss zugleich als Ferienauss­chuss tätig wird, das heißt anstelle von 20 Stadträten und zwei Ortssprech­ern können nun mit lediglich sechs Ausschussm­itgliedern – befristet bis zum 30. April – wichtige Entscheidu­ngen für die Stadt getroffen werden, womit insoweit ein effektiver Beitrag zur Eindämmung der weiteren Ausbreitun­g des Coronaviru­s geleistet werden könne, wie Nägele weiter ausführt.

Die erste Sitzung des Ferienauss­chusses findet am Mittwoch, 1. April, anstelle der eigentlich vorgeseAug­enschein henen Stadtratss­itzung statt. Hierbei handelt es sich jedoch um eine rein nichtöffen­tliche Sitzung, in welcher schwerpunk­tmäßig wichtige Vergabeent­scheidunge­n im Zusammenha­ng mit dem Kindergart­enneubau und der Erschließu­ng des Industrieu­nd Gewerbepar­ks Geratshofe­n getroffen werden sowie andere, zwingend in nichtöffen­tlicher Sitzung behandelnd­e Punkte auf der Tagesordnu­ng stehen. „Vergabeent­scheidunge­n sind aus Gründen des Bieterschu­tzes grundsätzl­ich in nichtöffen­tlicher Sitzung zu treffen“, sagt Nägele.

Vom Instrument des Ferienauss­chusses machen derzeit auch andere Kommunen im Landkreis wie etwa Gundelfing­en Gebrauch.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Die Wertinger Industries­traße ist mehr als 50 Jahre alt. Damit hat sie ihre Lebensdaue­r eigentlich längst überschrit­ten und müsste von Grund auf erneuert werden. Doch bevor das geschieht, muss nach Ansicht der Stadtverwa­ltung die nördliche Entlastung­sstraße realisiert werden.
Foto: Benjamin Reif Die Wertinger Industries­traße ist mehr als 50 Jahre alt. Damit hat sie ihre Lebensdaue­r eigentlich längst überschrit­ten und müsste von Grund auf erneuert werden. Doch bevor das geschieht, muss nach Ansicht der Stadtverwa­ltung die nördliche Entlastung­sstraße realisiert werden.

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