Wenn die „Ringe“davonschwimmen
Absage Turnen, Schwimmen und die Leichtathletik sind Kernsportarten bei den Olympischen Sommerspielen. Wie Funktionäre von Landkreis-Vereinen die Verschiebung der Wettbewerbe in Tokio bewerten
Landkreis Vor allem Sportler, die mit Fußball nicht so viel am Hut haben, hatten sich in diesem Jahr so sehr auf die Olympischen Sommerspiele gefreut. Werden dann im Fernsehen auch Sportarten gezeigt, von denen man ansonsten nur wenig auf dem Bildschirm zu sehen bekommt. Seit dieser Woche ist klar, dass daraus 2020 nichts wird. Nach langem Zögern teilte Japan aufgrund der weltweiten Corona-Krise am Dienstagnachmittag mit, dass die Olympischen Spiele ins Jahr 2021 verschoben werden. Zu den Kernsportarten bei den Sommerspielen gehören Turnen, Schwimmen und die Leichtathletik. Wir haben uns bei Funktionären dieser Sportarten im Landkreis umgehört, was sie zum Olympia-Aus sagen.
Abteilungsleiter Werner Friedel von der LG Zusam hat im Jahr 2000 in Sydney Olympische Sommerspiele live miterlebt und schwärmt noch heute von diesem Flair: „Für mich ist damals ein Traum in Erfüllung gegangen“, blickt der 58-Jährige gerne auf die Zeit in Australien zurück. Nach Tokio wäre der „Leichtathletik-Papst“aus dem Zusamtal zwar nicht gefahren, die Spiele 2024 in Paris hat er aber durchaus im Visier. „Wenn ich Karten bekomme, fahre ich hin“, blickt er bereits auf Zeiten voraus, in denen die CoronaKrise hoffentlich längst Geschichte sein wird. Für Friedel war die Absage der Spiele in diesem Jahr seit einigen Wochen abzusehen. Die Entscheidung sei nach seiner Ansicht dem Gastgeberland und dem IOC wahrlich nicht leicht gefallen, gehe
bei Olympia in erster Linie um eine ganze Menge Geld. Froh ist der Lauterbacher, dass er und seine Mitstreiter von der LG Zusam im Februar die bayerischen Meisterschaften im Crosslauf noch über die Bühne bringen konnten. „Eine Absage, hätte uns finanziell sehr getroffen“, gibt Friedel zu. Die nächste eigene Veranstaltung, welche die LG Zusam ausrichtet, ist Mitte Juni der traditionelle Wertinger Stadtlauf. Noch hat Friedel ein klein wenig Resthoffnung, dass das Rennen gestartet werden kann. Wahrscheinlicher sei aber eine Absage. Die Entscheidung fällt Mitte April. Ein Leben ohne Sport in der Gemeinschaft ist für den Chef der LG Zusam eine eher triste Angelegenheit. Er selbst hält sich zurzeit mit Laufrunden im Donauried fit. Alleine durch die Gegend zu rennen, das gehöre auch für die meisten Aktiven der LG zum derzeitigen Trainingsprogramm.
Noch schlimmer dran als die Leichtathleten sind die Schwimmer der SSV Höchstädt. Das Hallenbad an der Mittelschule ist gesperrt, die Freibäder sind noch geschlossen. „Wer weiß, ob diese heuer aufgrund der Corona-Epidemie überhaupt öffnen“, sinniert Abteilungsleiter Wolfgang Eder. Seit der Gründung der Schwimmabteilung der SSV Höchstädt steht der 78-Jährige an der Spitze dieser Sparte. Noch immer mache ihm die Arbeit Spaß. An die zehn Kinder und Jugendliche im
Alter von 9 bis 17 Jahren betreiben Wettkampfschwimmen. Ob sie dieses Jahr überhaupt noch einmal an den Start gehen können? Wolfgang Eder hat darauf keine Antwort. Für die Absage der Olympischen Spiele in Tokio zeigt er absolutes Verständnis. Und das, obwohl er sich so sehr auf die Übertragungen im Fernsehen gefreut hatte. Obwohl er bei Olympischen Spielen im TV viele Sendungen anschaut, steht bei ihm außer Frage, welche Sportart für ihn die Nummer eins ist: „Natürlich Schwimmen“, schwärmt Wolfgang Eder auch Jahre danach noch von den Erfolgen des Goldmedaillengewinners Michal Groß bei den Spielen 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul.
Seit mehreren Jahren ist die Lauingerin Ingrid Kling Abteilungsleiterin bei den Turnern des TV Gundelfingen. Die Absage der Spiele in Tokio ist für sie eine „zwingende Konsequenz“der Corona-Krise. „Das war dringend notwendig“, betont die sportbegeisterte Frau, für die die Gesundheit der Menschen in diesen schweren Zeiten natürlich oberste Priorität besitzt. Mit Corona-Absagen hat Kling, die beim Turngau Oberdonau unter anderem für die Pressearbeit zuständig ist, in den vergangenen Wochen schon Erfahrungen gemacht. Wettkämpfe auf Gauebene fielen aufgrund der Epidemie aus. Die nächsten Wettkämpfe stehen im Juli auf dem Proes gramm. „Ich hoffe, dass dann etwas geht“, blickt Ingrid Kling voraus. Auf die Spiele in Japan hatte sich die Funktionärin des TV Gundelfingen so gefreut. Nicht nur wegen der Turnveranstaltungen. „Bei Olympia zeigt das Fernsehen endlich mal nicht nur Fußball“, kann sich Kling auch querbeet für viele Sportarten, unter anderem Bogenschießen oder Beachvolleyball, begeistern.
Dass die Spiele in Tokio verschoben worden sind, ist für David Engelniederhammer freilich nicht so wichtig. Der Abteilungsleiter der Turner beim TSV Wittislingen ist kein Freund des Profisports. Ihm geht es bei Olympia viel zu sehr um das viele Geld. „Mein Herz schlägt für den Amateursport“, gesteht der 51-jährige, für den die OlympiaVerschiebung aber alternativlos ist. „Die Gesundheit der Menschen steht an erster Stelle“, betont Engelniederhammer.
Durch die Corona-Krise könnte in diesem Jahr auch sein eigener Verein in die Bredouille geraten. Im Juli ist nämlich das 100-jährige Jubiläum des TSV Wittislingen geplant. Die Vorbereitung für die Feierlichkeiten haben schon jede Menge Manpower gekostet. Ob in gut vier Monaten tatsächlich gefeiert werden kann, darauf hat Engelniederhammer noch keine Antwort. Derzeit stehen nach seiner Ansicht die Chancen nicht so gut. Um Klarheit zu schaffen, werde man die weitere Entwicklung der Epidemie beobachten und dann vermutlich im Mai eine endgültige Entscheidung treffen. So wie es mit den Spielen in Tokio zu Beginn dieser Woche praktiziert worden ist.