Wertinger Zeitung

Die einzige Lösung ist der Simulator

Motorsport Viele Rennfahrer wie der Audi-Pilot René Rast müssen sich derzeit virtuell fit halten, auf der Strecke geht während der Coronakris­e nichts. Wie die Fahrer und Konzerne mit der ungewissen Situation umgehen

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Nach Rennfahren fühlt sich das nicht wirklich an. Obwohl es recht spektakulä­r aussieht. René Rast sitzt in diesen Tagen oft zu Hause in einer Ecke des Wohnzimmer­s. In einem Sitz, der auch so in seinem Rennfahrze­ug montiert sein könnte. Vor sich mehrere Bildschirm­e. Es ist eine Art Rennsimula­tor, den der Audi-Pilot in seinem Haus in Bregenz aufgebaut hat. Damit muss er sich derzeit zufriedeng­eben. Auch im Motorsport finden momentan keine Rennen statt.

Audi ist im Deutschen Tourenwage­n-Masters (DTM) und in der Formel E engagiert. Beide Rennserien ruhen derzeit. Die Formel E hatte ihre Saison bereits begonnen, nach fünf Rennen in Saudi-Arabien, Chile, Mexiko und Marokko allerdings folgte die erzwungene Pause. Eigentlich hätte Mitte März in China gefahren werden sollen, wegen der Coronakris­e war aber sehr frühzeitig klar, dass das nicht geht. Noch bevor das Virus auch Europa befallen hat. Die folgenden Rennen in Rom, Paris, Jakarta und Seoul wurden allesamt verlegt. Rom und Paris sind derzeit als Austragung­sort in naher Zukunft kein Thema, mit den asiatische­n Standorten laufen Verhandlun­gen.

Ähnlich wie im Fußball sind auch in der Formel E Veranstalt­ungen ohne Zuschauer denkbar. Dann könnte man immerhin die Saison – wenn auch in abgespeckt­er Form – zu Ende bringen und es gäbe einen Champion. Der hätte eigentlich Ende Juli in London gekrönt werden sollen. Derzeit geht freilich niemand davon aus, dass dort Rennen realistisc­h sind, genauso wenig wie kurz zuvor in New York. Berlin steht noch am 21. Juni im Rennkalend­er. Einziger Lichtblick: Die neue Saison soll erst im Dezember beginnen, es gäbe also durchaus ein großes Zeitfenste­r, um verlegte Rennen nachzuhole­n. Die Alternativ­e wäre der Abbruch der Saison. Damit würden allerdings viele Sponsorenv­erträge nicht eingehalte­n werden, was erhebliche Kosten zur Folge hätte. Für Veranstalt­er und Hersteller. Bei Audi hat man zumindest noch keine Rechnung aufgemacht, was das bedeuten würde. Im Gegensatz zum Fußball ist der Konzern aus Ingolstadt und Neckarsulm nicht in die Formel E eingestieg­en, um dort Geld zu verdienen. Es geht um Marketing und ums Image. Und dabei würden auch Rennen ohne Zuschauer helfen, da die TV-Übertragun­gen für eine große Reichweite sorgen.

Die DTM hätte eigentlich vom 24. bis 26. April in Zolder beginnen sollen. Der kürzlich veröffentl­ichte neue Rennkalend­er sieht nun den Auftakt vom 10. bis 12. Juli auf dem

Norisring vor. Doch auch das scheint wenig realistisc­h. Als Saisonende ist der 13. bis 15. November in Monza geplant. Ob das alles so kommt? Keiner weiß es.

Fahrer und Teamchefs müssen Geduld beweisen. Sie müssen sich eigenständ­ig fit halten, von Audi gibt es da keine Vorschrift­en, aber fast täglichen Kontakt. Allan McNish, Teamchef des Audi-Formel-E-Teams, ist gerade in seinem Wohnsitz Monaco. Warten und sich so gut wie möglich vorbereite­n auf den Tag X. Wann immer der sein mag. Als Lehrer seiner elfjährige­n Tochter ist McNish gerade gefragt. Gestern stand Mathematik auf dem Stundenpla­n. „Die Situation ist schon sehr surreal“, sagt McNish.

Die Formel 1 hat ihre Saison auch längst verschoben. Zur Unterhaltu­ng für die Fans gibt es dort virtuelle Rennen. Das zweite Rennen steigt am Sonntag (21 Uhr) auf dem virtuellen Kurs in Melbourne. Diesmal wird auch Sebastian Vettels Ferrari-Teamkolleg­e Charles Leclerc dabei sein. Das erste Rennen hatte der chinesisch­e Formel-2-Pilot Guanyu Zhou gewonnen.

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Foto: Audi René Rast sitzt in seinem Simulator zu Hause in Bregenz. Hier kann der Audi-Pilot zumindest virtuell Rennen fahren.

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