Großprojekte fordern Rekordverschuldung
Finanzen Daheim und ohne Diskussionen: Wegen der Corona-Krise hat das Höchstädter Gremium den Haushalt der Stadt still verabschiedet
Höchstädt Der Haushalt der Stadt Höchstädt ist immer ein dickes Paket. Nicht nur was die Anzahl der ausgedruckten Seiten betrifft. So auch dieses Jahr. Aber nicht deshalb wird dieser Etat in die Geschichte eingehen. Denn verabschiedet wurde das wichtige Zahlenwerk nicht wie üblich in einer öffentlichen Sitzung im Rathaus. Aufgrund der CoronaKrise haben sich die Höchstädter für eine besondere Abstimmung entschieden.
Achim Oelkuch, Geschäftsstellenleiter, erklärt: „Wir haben alle Beschlüsse mithilfe eines sogenannten Umlaufbeschlussverfahrens gefasst.“Dafür sei die Tagesordnung wie gewohnt verschickt worden, inklusive Sachvorträgen, Stellungnahmen und Beschlussvorschlägen. Bis einen Tag nach der Sitzung hatten Bürgermeister Gerrit Maneth und seine Stadträte Zeit, per E-Mail oder Fax ihre Unterlagen mit Zu- und Abstimmung wieder an die Verwaltung zurückzuschicken. „Und das hat hervorragend geklappt“, bestätigt Oelkuch und ergänzt: „Trotzdem ist es eine schwierige Sache. Denn so gibt es keine Dikussionen und keine Anmerkungen.“Historisch in Höchstädt.
Eine weitere Besonderheit: Insgesamt acht Stadträte haben gegen den Haushalt gestimmt. Hauptknackpunkt ist die Finanzierung für die Fertigstellung des Projekts Zukunft des Sportvereins. Wie berichtet, hat der Stadtrat mehrheitlich entschieden, die SSV zu unterstützen. Für das laufende Haushaltsjahr sind demnach 375 000 Euro (Übernahme Darlehen/Zuschuss zu Baukosten) eingestellt. Sowohl die Umland- als auch die CSU-Fraktion machen eine erweiterte Rechnung in ihren Stellungnahmen auf: In drei Haushaltsjahren (2019–2021) würden sich 899000 Euro für das Projekt ergeben – plus die jährliche Unterstützung von 15000 Euro für insgesamt sieben Jahre. In der Summe: über eine Million Euro für einen Verein.
Höchstädts Bürgermeister Gerrit Maneth kennt diese Zahlen, vertieft sie in seiner Stellungnahme aber nicht. Er zählt dagegen weitere, wichtige Großprojekte auf, die den Etat 2020 ebenfalls prägen: Herzogin-Anna-Rundweg (220000 Euro), Baugebiet Unterfeld (1,8 Millionen Euro), An der Bleiche/Fischerhölzle (285000 Euro), zweite Rieswasser
Versorgungsleitung (600000 Euro), neue Trinkwasserversorgung Höchstädt (845000 Euro), Interkommunales Bildungs- und Integrationszentrum (eine Million Euro). Diese und weitere Investitionen seien aus seiner Sicht „dringend erforderlich, um eine positive Weiterentwicklung unserer Stadt- und Stadtteile sicherzustellen“. Auch wenn die Stadt dafür eine Kreditaufnahme in Höhe von 3,8 Millionen Euro in Kauf nehmen muss. Maneth: „Jedoch gilt zu berücksichtigen, dass rund 2,5 Millionen Euro davon für Grundstückskäufe (…) vorgesehen sind, die in den kommenden Jahren als Grundstücksverkäufe wieder als Einnahme im Haushalt verbucht werden können.“Dennoch: Allein durch die steigenden Umlagezahlungen für Landkreis, Verwaltungsgemeinschaft und Schulverband und die sinkenden Schlüsselzuweisungen ergibt sich im Etat 2020 zusätzlich eine Mehrbelastung in Höhe von 1,15 Millionen Euro. Stadtkämmerer Alexander Ernst beziffert die freie Finanzspanne der Stadt auf 31000 Euro. Maneth schreibt von großen Herausforderungen, blickt aber positiv in die Zukunft und wünscht seinen Stadträten, deren Familien, aber auch allen Bürgern „in dieser schwierigen Zeit alles erdenklich Gute. Bitte bleiben Sie gesund.“Diesen Wünschen schließen sich die Fraktionen geschlossen in ihren Stellungnahmen, die der Redaktion vorliegen, an.
● Umland Die Vertreter der Stadtteile haben allesamt gegen den Etat für 2020 gestimmt. In den Unterlagen der Haushaltsrede von Sprecher Johann Jall steht: „Aufgrund der aktuellen Entwicklung (…) ist es nicht tragbar, einem einzelnen Verein 1000000 Euro Zuschuss zu gewähren. Deshalb lehnt die Umlandfraktion den Haushalt ab.“Der einzelne Verein ist der Sportverein. Jall begründet in seiner Rede die Entscheidung unter anderem damit, dass die Stadt aufgrund der vorgesehenen Maßnahmen eine Rekord-ProKopf-Verschuldung einplane und aufgrund der Corona-Pandemie mit einem „nicht absehbaren Konjunktureinbruch“zu rechnen sei. Mit „massiven Folgen“bei Gewerbeund Einkommenssteuer müsse die Stadt zusätzlich rechnen.
● CSU/Höchstädter Forum Fraktionssprecher Ludwig Kraus formuliert es in seinen Unterlagen so: „Wir
Stadträte der CSU sehen dies sehr kritisch, was auch in der betreffenden Abstimmung zum Projekt Zukunft zum Ausdruck kam.“Kraus und seine Kollegen bemängeln damit ebenfalls die Investitionssumme, die die Stadt für die SSV in die Hand nimmt. Und weiter: „Die aktuelle Verschuldungs- und Haushaltsituation machen deutlich, dass die Stadt in den kommenden Jahren kaum einen finanziellen Spielraum für nicht unbedingt notwendige Investitionsmaßnahmen haben dürfte.“Ein Grund, so Kraus in seiner Rede, warum nicht alle Fraktionsmitglieder dem Etat 2020 zustimmen.
● SPD/FDP Dagegen geschlossen stimmen die fünf Fraktionsmitglieder um Sprecher Jan Waschke dem Zahlenwerk zu. Die Einstellung finanzieller Mittel unter anderem für die Fertigstellung des Projekts Zukunft, der Schulsanierung, der neuen Wasserversorgungsleitung und dem neuen Trinkwasserbrunnen heiße die Fraktion „ausdrücklich wichtig und zukunftsweisend“. Wichtige Themen für die SPD und FDP sind in diesem Jahr auch weiter das Festhalten der raschen Umsetzung der B16 neu und auch das Thema Umweltschutz, beispielsweise durch den Verzicht auf Glyphosat auf kommunalen Flächen oder durch Ausweitung von Blühwiesen.
● Freie Wähler/Junges Höchstädt Fraktionsvorsitzender und Dritter Bürgermeister Hans Mesch beurteilt den Etat 2020 als ein „umfangreiches Werk, in dem in ausgeprägter Form die für die Stadtentwicklung wichtigen und notwendigen Ausgaben enthalten“sind. Er zählt schriftlich unter anderem auf: Erschließung Baugebiet Unterfeld, Sanierung Grundund Mittelschule, Bürgerzentrum Deisenhofen, Sicherung eigene Trinkwasserversorgung, B 16-NordUmfahrung und Ausbau der Kinderbetreuung. Mesch schreibt, dass erfahrungsgemäß nicht alle Projekte zur Umsetzung kommen werden, aber „das ist gut so. Denn die Entwicklung der Einnahmen ist aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation durch das Coronavirus nur äußerst schwer einzuschätzen.“
● Wichtige Etatzahlen im Überblick (gerundet) Verwaltungshaushalt: 13,9 Millionen Euro, Vermögenshaushalt: 10,5 Millionen Euro, Kreditaufnahme: 3,8 Millionen Euro, Gesamtvolumen Etat 2020: 24,4 Millionen Euro;