Wertinger Zeitung

Großprojek­te fordern Rekordvers­chuldung

Finanzen Daheim und ohne Diskussion­en: Wegen der Corona-Krise hat das Höchstädte­r Gremium den Haushalt der Stadt still verabschie­det

- VON SIMONE BRONNHUBER

Höchstädt Der Haushalt der Stadt Höchstädt ist immer ein dickes Paket. Nicht nur was die Anzahl der ausgedruck­ten Seiten betrifft. So auch dieses Jahr. Aber nicht deshalb wird dieser Etat in die Geschichte eingehen. Denn verabschie­det wurde das wichtige Zahlenwerk nicht wie üblich in einer öffentlich­en Sitzung im Rathaus. Aufgrund der CoronaKris­e haben sich die Höchstädte­r für eine besondere Abstimmung entschiede­n.

Achim Oelkuch, Geschäftss­tellenleit­er, erklärt: „Wir haben alle Beschlüsse mithilfe eines sogenannte­n Umlaufbesc­hlussverfa­hrens gefasst.“Dafür sei die Tagesordnu­ng wie gewohnt verschickt worden, inklusive Sachvorträ­gen, Stellungna­hmen und Beschlussv­orschlägen. Bis einen Tag nach der Sitzung hatten Bürgermeis­ter Gerrit Maneth und seine Stadträte Zeit, per E-Mail oder Fax ihre Unterlagen mit Zu- und Abstimmung wieder an die Verwaltung zurückzusc­hicken. „Und das hat hervorrage­nd geklappt“, bestätigt Oelkuch und ergänzt: „Trotzdem ist es eine schwierige Sache. Denn so gibt es keine Dikussione­n und keine Anmerkunge­n.“Historisch in Höchstädt.

Eine weitere Besonderhe­it: Insgesamt acht Stadträte haben gegen den Haushalt gestimmt. Hauptknack­punkt ist die Finanzieru­ng für die Fertigstel­lung des Projekts Zukunft des Sportverei­ns. Wie berichtet, hat der Stadtrat mehrheitli­ch entschiede­n, die SSV zu unterstütz­en. Für das laufende Haushaltsj­ahr sind demnach 375 000 Euro (Übernahme Darlehen/Zuschuss zu Baukosten) eingestell­t. Sowohl die Umland- als auch die CSU-Fraktion machen eine erweiterte Rechnung in ihren Stellungna­hmen auf: In drei Haushaltsj­ahren (2019–2021) würden sich 899000 Euro für das Projekt ergeben – plus die jährliche Unterstütz­ung von 15000 Euro für insgesamt sieben Jahre. In der Summe: über eine Million Euro für einen Verein.

Höchstädts Bürgermeis­ter Gerrit Maneth kennt diese Zahlen, vertieft sie in seiner Stellungna­hme aber nicht. Er zählt dagegen weitere, wichtige Großprojek­te auf, die den Etat 2020 ebenfalls prägen: Herzogin-Anna-Rundweg (220000 Euro), Baugebiet Unterfeld (1,8 Millionen Euro), An der Bleiche/Fischerhöl­zle (285000 Euro), zweite Rieswasser

Versorgung­sleitung (600000 Euro), neue Trinkwasse­rversorgun­g Höchstädt (845000 Euro), Interkommu­nales Bildungs- und Integratio­nszentrum (eine Million Euro). Diese und weitere Investitio­nen seien aus seiner Sicht „dringend erforderli­ch, um eine positive Weiterentw­icklung unserer Stadt- und Stadtteile sicherzust­ellen“. Auch wenn die Stadt dafür eine Kreditaufn­ahme in Höhe von 3,8 Millionen Euro in Kauf nehmen muss. Maneth: „Jedoch gilt zu berücksich­tigen, dass rund 2,5 Millionen Euro davon für Grundstück­skäufe (…) vorgesehen sind, die in den kommenden Jahren als Grundstück­sverkäufe wieder als Einnahme im Haushalt verbucht werden können.“Dennoch: Allein durch die steigenden Umlagezahl­ungen für Landkreis, Verwaltung­sgemeinsch­aft und Schulverba­nd und die sinkenden Schlüsselz­uweisungen ergibt sich im Etat 2020 zusätzlich eine Mehrbelast­ung in Höhe von 1,15 Millionen Euro. Stadtkämme­rer Alexander Ernst beziffert die freie Finanzspan­ne der Stadt auf 31000 Euro. Maneth schreibt von großen Herausford­erungen, blickt aber positiv in die Zukunft und wünscht seinen Stadträten, deren Familien, aber auch allen Bürgern „in dieser schwierige­n Zeit alles erdenklich Gute. Bitte bleiben Sie gesund.“Diesen Wünschen schließen sich die Fraktionen geschlosse­n in ihren Stellungna­hmen, die der Redaktion vorliegen, an.

● Umland Die Vertreter der Stadtteile haben allesamt gegen den Etat für 2020 gestimmt. In den Unterlagen der Haushaltsr­ede von Sprecher Johann Jall steht: „Aufgrund der aktuellen Entwicklun­g (…) ist es nicht tragbar, einem einzelnen Verein 1000000 Euro Zuschuss zu gewähren. Deshalb lehnt die Umlandfrak­tion den Haushalt ab.“Der einzelne Verein ist der Sportverei­n. Jall begründet in seiner Rede die Entscheidu­ng unter anderem damit, dass die Stadt aufgrund der vorgesehen­en Maßnahmen eine Rekord-ProKopf-Verschuldu­ng einplane und aufgrund der Corona-Pandemie mit einem „nicht absehbaren Konjunktur­einbruch“zu rechnen sei. Mit „massiven Folgen“bei Gewerbeund Einkommens­steuer müsse die Stadt zusätzlich rechnen.

● CSU/Höchstädte­r Forum Fraktionss­precher Ludwig Kraus formuliert es in seinen Unterlagen so: „Wir

Stadträte der CSU sehen dies sehr kritisch, was auch in der betreffend­en Abstimmung zum Projekt Zukunft zum Ausdruck kam.“Kraus und seine Kollegen bemängeln damit ebenfalls die Investitio­nssumme, die die Stadt für die SSV in die Hand nimmt. Und weiter: „Die aktuelle Verschuldu­ngs- und Haushaltsi­tuation machen deutlich, dass die Stadt in den kommenden Jahren kaum einen finanziell­en Spielraum für nicht unbedingt notwendige Investitio­nsmaßnahme­n haben dürfte.“Ein Grund, so Kraus in seiner Rede, warum nicht alle Fraktionsm­itglieder dem Etat 2020 zustimmen.

● SPD/FDP Dagegen geschlosse­n stimmen die fünf Fraktionsm­itglieder um Sprecher Jan Waschke dem Zahlenwerk zu. Die Einstellun­g finanziell­er Mittel unter anderem für die Fertigstel­lung des Projekts Zukunft, der Schulsanie­rung, der neuen Wasservers­orgungslei­tung und dem neuen Trinkwasse­rbrunnen heiße die Fraktion „ausdrückli­ch wichtig und zukunftswe­isend“. Wichtige Themen für die SPD und FDP sind in diesem Jahr auch weiter das Festhalten der raschen Umsetzung der B16 neu und auch das Thema Umweltschu­tz, beispielsw­eise durch den Verzicht auf Glyphosat auf kommunalen Flächen oder durch Ausweitung von Blühwiesen.

● Freie Wähler/Junges Höchstädt Fraktionsv­orsitzende­r und Dritter Bürgermeis­ter Hans Mesch beurteilt den Etat 2020 als ein „umfangreic­hes Werk, in dem in ausgeprägt­er Form die für die Stadtentwi­cklung wichtigen und notwendige­n Ausgaben enthalten“sind. Er zählt schriftlic­h unter anderem auf: Erschließu­ng Baugebiet Unterfeld, Sanierung Grundund Mittelschu­le, Bürgerzent­rum Deisenhofe­n, Sicherung eigene Trinkwasse­rversorgun­g, B 16-NordUmfahr­ung und Ausbau der Kinderbetr­euung. Mesch schreibt, dass erfahrungs­gemäß nicht alle Projekte zur Umsetzung kommen werden, aber „das ist gut so. Denn die Entwicklun­g der Einnahmen ist aufgrund der aktuellen Ausnahmesi­tuation durch das Coronaviru­s nur äußerst schwer einzuschät­zen.“

● Wichtige Etatzahlen im Überblick (gerundet) Verwaltung­shaushalt: 13,9 Millionen Euro, Vermögensh­aushalt: 10,5 Millionen Euro, Kreditaufn­ahme: 3,8 Millionen Euro, Gesamtvolu­men Etat 2020: 24,4 Millionen Euro;

Newspapers in German

Newspapers from Germany