Wertinger Zeitung

Der Macher verabschie­det sich

Interview 30 Jahre war Erhard Friegel Bürgermeis­ter von Holzheim. Für seine Gemeinde war er gerne im Dauereinsa­tz

- Interview: Vanessa Polednia

Holzheim Mehr als die Hälfte seines Lebens ist Erhard Friegel bereits für Holzheim als Gemeindera­t und Rathausche­f im Einsatz. Seine Arbeit als Bürgermeis­ter der fünf Ortsteile Weisingen, Altenbaind­t, EllerbachF­ultenbach, Eppisburg und Holzheim hat die Aschbergge­gend maßgeblich geprägt. Friegel ist aber noch sehr viel mehr: Der 61-Jährige ist Handwerksm­eister und ehemaliger Feuerwehrk­ommandant, sechsfache­r Großvater, und liebt es auf den Radwegen Holzheims – an deren Ausbau er nicht ganz unbeteilig­t war – auf seinem Rennrad unterwegs zu sein. Vor seiner letzten öffentlich­en Gemeindera­tssitzung erzählt der gebürtige Weisinger, was ihn vor seinem Abschied bewegt.

Herr Friegel, Sie sind seit 30 Jahren im Amt: Zählen Sie schon die Tage oder genießen Sie noch jeden Moment bis zum 1. Mai?

Erhard Friegel: Noi, ich zähle die Tage nicht. Ganz im Gegenteil: Es drängt sich jetzt viel auf. Durch die Corona-Krise konnten wir manche Sachen nicht planmäßig durchführe­n. Ich wollte mit meinem Nachfolger, Simon Peter, bestimmte Dinge zusammen erledigen und das ging aufgrund der Lage nicht. Mein Plan wurde also eher durcheinan­der geworfen.

Aufgrund der Corona-Krise stehen ungewisse Zeiten vor Deutschlan­d und damit auch vor Ihrer Gemeinde. Gehen Sie deshalb ungern aus dem Amt? Friegel: Die Krise macht schon Bauchschme­rzen, das ist klar. Es ist nicht absehbar, welche Auswirkung­en es für die Unternehme­n und Gemeinden haben wird.

Leute, die Sie kennen, würden Sie als Macher beschreibe­n. Würden Sie da am liebsten selbst eine weitere Wahlperiod­e durch die Krise führen?

Friegel: Das ist schwierig zu beantworte­n. Ich will meinem Nachfolger nichts Schlimmes zumuten. Ich hoffe, dass Simon Peter keine schwierige­n Entscheidu­ngen haben wird. Es ist nun so gekommen, wie es im Leben unerhofft auf einen zukommt. Da mache ich mir nun keine Gedanken und muss mit der Realität leben.

Apropos Realität: Wissen Sie schon, wie Ihr Alltag ohne Bürgermeis­teramt aussehen wird?

Friegel: Ich habe noch nichts Konkretes geplant. Aber ich will zum

mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich bin ja gelernter Raumaussta­tter und will für meine Familie einiges erledigen.

In drei Jahrzehnte­n wiederhole­n sich bestimmte Ereignisse. Was war ihr alljährlic­her Lieblingst­ermin?

Friegel: Das ist der 1. Mai und das Maibaumauf­stellen. Die Frühlingsz­eit ist für mich die schönste Zeit. Die Natur erwacht wieder. Der Winter ist vorbei und man hat nicht mehr mit dem Winterdien­st zu kämpfen. Am 30. April wollte ich zusammen mit der Holzheimer Feuerwehr den Maibaum aufstellen, aber dem ist jetzt doch nicht so.

Welche Situation Ihrer Bürgermeis­terlaufbah­n war hingegen außergewöh­nlich?

Friegel: Ich blicke gerne auf die 850-Jahr-Feier Holzheims zurück. Und auch die vielen anderen Festivität­en, die im Laufe der vergangene­n Jahre in allen Ortsteilen stattfande­n.

Werden Sie etwas weniger vermissen? Friegel: Die stressigen Momente werde ich weniger vermissen. Gerade eben wurde ich über Stromausfä­lBeispiel le in Holzheim informiert und dann rufen mich viele an und wollen Bescheid wissen. Dann muss ich vermitteln. Aber das mache ich auch gerne. Meine Frau sagt oft, dass ich immer unter Strom stünde und Lösungen finden möchte. Das ist wohl meine Art.

Was macht die Arbeit als Oberhaupt der Aschbergge­meinde Holzheim aus? Friegel: Zum einen ist da die politische Arbeit, wie zum Beispiel die Gemeindera­tssitzunge­n. Da setze ich mich mit dem Gemeindera­t über Themen auseinande­r und entwickle

Ideen zusammen mit den Kollegen. Und ich meine, dass wir ein gutes Miteinande­r haben – obwohl es oft unterschie­dliche Meinungen gibt.

Zudem ist man Vorgesetzt­er in der Verwaltung der Gemeinde und im Bauhof. Da ich Handwerksm­eister bin, war mein Fokus immer mehr auf die baulichen Tätigkeite­n einer Gemeinde als auf die Verwaltung­stätigkeit­en ausgelegt gewesen.

Auf welches erreichte Ziel des Gemeindera­tes unter Ihren Fittichen sind Sie besonders stolz?

Friegel: Da kann man kein einzelnes Ziel herausnehm­en. Wir haben fünf Ortsteile mit verschiede­nen Aufgaben und da gibt es jeweils Meilenstei­ne, die erreicht wurden. In meiner Anfangszei­t haben wir für einen Millionena­ufwand mehrere Kanäle gebaut und saniert, weil Eppisburg und Ellerbach-Fultenbach noch nicht an die Kläranlage angeschlos­sen waren. Und der Ausbau des Radwegenet­zes lag mir am Herzen. Vor 30 Jahren haben wir in fast alle Richtungen Radwege ausgebaut. Das war auch ein wichtiges Erlebnis.

Die Dorferneue­rung mithilfe der Städtebauf­örderung war wichtig. Wir haben in Holzheim die Mairgasse erneuert und in Weisingen das Mehrgenera­tionenhaus eröffnet. In Altenbaind­t ist das Feuerwehrh­aus in der Ortsmitte entstanden. In allen Ortsteilen konnten wir etwas bewirken. Mein Bestreben war, dass man Holzheim als Ganzes sieht. Holzheim ist nicht nur die Pfarrgemei­nde Holzheim, sondern die gesamten Ortsteile stehen für die Gemeinde.

Gibt es ein Herzenspro­jekt, das Sie nicht umsetzen konnten und sich das von Ihrem Nachfolger erhoffen? Friegel: Das Vereinshei­m bedarf einer grundlegen­den Sanierung. Diese Aufgabe verbleibt nun bei meinem Nachfolger. Ich habe auch eine persönlich­e Verbindung zum Vereinshei­m. Hier haben alle größeren Veranstalt­ungen, wie Faschingsv­eranstaltu­ngen, seit 1978 stattgefun­den.

Sie waren jahrelang Feuerwehrk­ommandant. Ist dieses Ehrenamt mit dem Amt des Bürgermeis­ters vergleichb­ar? Friegel: Es ist die Einstellun­g, Notsituati­onen zu erkennen, aktiv zu werden und anderen zu helfen. Das verbindet wohl den Kommunalpo­litiker und den Feuerwehrm­ann.

 ?? Foto: Polednia ?? Erhard Friegel steht vor dem Sportplatz­gelände seiner Gemeinde. Ab dem 1. Mai leitet sein Nachfolger, der Zweite Bürgermeis­ter Simon Peter, die Geschicke in der Aschbergge­meinde Holzheim.
Foto: Polednia Erhard Friegel steht vor dem Sportplatz­gelände seiner Gemeinde. Ab dem 1. Mai leitet sein Nachfolger, der Zweite Bürgermeis­ter Simon Peter, die Geschicke in der Aschbergge­meinde Holzheim.

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