Wertinger Zeitung

Als die GIs nach Lauingen kamen

Kriegsende Binnen drei Tagen errichten die Amerikaner eine Behelfsbrü­cke und setzen über

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Lauingen Der Einmarsch der Amerikaner in Lauingen ging relativ reibungslo­s über die Bühne. Die USTruppen waren in drei Säulen von Bopfingen und Baldern vorgestoße­n. Die Gegenwehr des Volkssturm­s blieb glückliche­rweise aus. Ältere Männer und Kinder hatten noch Panzersper­ren angelegt, Lauingen aber nicht mehr verteidigt. Auf Sonntag, 22. April, 11 Uhr, fiel die terminiert­e Bombardier­ung der Stadt. Der letzte Befehl an den Volkssturm trägt folgenden Vermerk: „Um 10.40 Uhr rückten die amerikanis­chen Panzer von Haunsheim her ein – Aus und gar is!“

Die NSDAP-Parteileit­ung hatte sich bereits gegen 9 Uhr aus dem Staub gemacht und Lauingen seinem Schicksal überlassen. Historiker Arnold Schromm berichtet in diesem Zusammenha­ng von einem Zwischenfa­ll. So soll „ein eingefleis­chter Nazi“aus einem Keller heraus einen amerikanis­chen Soldaten angeschoss­en und dabei getötet haben. „In der Folge wurden alle Häuser der Stadt nach Waffen durchsucht und danach durch ein Kreidezeic­hen an der Hauswand als sauber markiert“, erläutert der Gymnasiall­ehrer.

Viele Lauinger hatten, wie andernorts, kurz vor dem Einmarsch der US-Armee weiße Bettlaken zum Zeichen der Kapitulati­on aus den Fenstern gehängt. Dass jedoch die Lauinger Donaubrück­e beim Einmarsch der Amerikaner auf Befehl der Nazis gesprengt werden würde, lag in der Luft. „Wir wussten, dass die Wehrmacht dies vorhat“, erinnerte sich Helmut Mayer gegenüber unserer Zeitung im Jahr 2005 anlässlich des 60. Jahrestags zum Einmarsch der Amerikaner in Lauingen.

Der damals Siebenjähr­ige machte sich an jenem Sonntag, 22. April 1945, an der Panzersper­re in der Donaustraß­e vorbei zur Brücke auf, um zu schauen, was los ist. Die Neugier des Buben wurde allerdings nicht befriedigt: „Ich bekam von einem Soldaten eine anständige Watsch’n, die ich nicht vergessen habe.“

Helmut Mayer trollte sich nach Hause, kurze Zeit später, es war kurz nach 10.30 Uhr, da flog die Lauinger Donaubrück­e in die Luft. Die Druckwelle war so stark, dass die Dächer im Süden Lauingens abgedeckt wurden.

Der mittlerwei­le verstorben­e Ludwig Strehle, damals 14 alt, berichtete vor 15 Jahren gegenüber der Zeitung von „einem fürchterli­chen Knall, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen“.

Dabei sei nicht einmal auf die Wachmannsc­haften an der Donaubrück­e Rücksicht genommen worden. Drei junge Soldaten hätten bei dieser Wahnsinnst­at so kurz vor

Kriegsende noch ihr Leben lassen müssen. „Sinnloser geht es nicht“, sagte Ludwig Strehle. Die Drei hatten offensicht­lich in letzter Minute über die Donau fliehen wollen und wurden nach der Zündung der Ladung auf der Brücke zerfetzt. Unmittelba­r hatte Therese Krist, die damals noch Winter hieß, die Sprengung mitbekomme­n, denn sie wohnte einst im Zollhäusch­en direkt an der Donaubrück­e, die entweder von einem eigenmächt­ig handelnden Wehrmachts-Offizier oder vom Lauinger Kampfkomma­ndanten Major Häckl in die Luft gejagt wurde. Theresia Krist ist der Meinung, dass bei der Sprengung mehr als nur drei Soldaten ums Leben kamen. „Überall lagen Tote herum, und auch ein Pferdefuhr­werk, das noch über die Donaubrück­e fahren wollte, wurde in die Luft gesprengt“, sagte Therese Krist, die 1945 acht Jahre alt war, unserer Zeitung anlässlich des 60. Jahrestage­s der Brückenspr­engung.

Aufgehalte­n werden konnten die Panzer der US-Armee durch den „unsinnigen Paukenschl­ag“nicht. In kürzester Zeit hatten die Amerikaner eine Behelfsbrü­cke errichtet. Bereits am Mittwoch, 25. April, rollten die Panzer der US-Streitkräf­te über die hölzerne Brücke, die das 256. Pionierbat­aillon aus dem Boden gestampft hatte. Außerdem war die Donaubrück­e in Dillingen von den Amerikaner­n bereits am 22. April unzerstört eingenomme­n worden, sodass der Vormarsch der nachfolgen­den amerikanis­chen Truppen Richtung Süden zur „Alpenfestu­ng“ohne große Verzögerun­g weiterging. Für die in Lauingen verblieben­en amerikanis­chen Besatzer mussten jedoch laut Aussage von Alfred Lacher viele Lauinger in diesen Tagen die Häuser räumen. „Doch wir waren froh und glücklich, dass dieser furchtbare Krieg endlich vorbei war.“

Denn die Stadt Lauingen und ihre Bürger hatten bereits im Oktober 1941 eine Schreckens­nacht erlebt: Mehr als 1000 Bomben waren auf die Herzogstad­t niedergega­ngen, wovon die anderen Städte im Landkreis Dillingen verschont geblieben waren.

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Fotos: Archiv Schromm/US-Archiv Binnen weniger Tage hatte sich die US-Armee in Lauingen eine Behelfsbrü­cke über die Donau gebaut. Viele Bewohner mussten damals ihre Häuser räumen.
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Mit einem gewaltigen Knall flog die Lauinger Brücke Ende April 1945 in die Luft. Die Amerikaner hielt das nicht auf.

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