Maibäume fallen Corona zum Opfer
Brauchtum Ausgelassene Feiern am geschmückten Baum wird es im Augsburger Land nicht geben. Die meisten Kommunen verzichten auf den Brauch. Für berüchtigte Scherze in der Freinacht gibt es klare Regeln
Landkreis Augsburg Das hat es wohl noch nie gegeben. Wo in der Mainacht normalerweise ausgelassen gefeiert wird, herrscht heuer gähnende Leere. Auch die Maifeiern werden wegen der aktuellen Corona-Regelungen abgesagt. Auf das Aufstellen von Maibäumen verzichten die allermeisten Gemeinden – auch, wenn das theoretisch möglich ist. Wie das Landratsamt mitteilt, dürfen die Bäume nur mit Kran und ohne Ansammlung von Menschen aufgestellt werden. Mit dem eigentlichen Brauch hat das allerdings nur noch wenig zu tun.
Deshalb verzichten die meisten Kommunen heuer ganz auf einen Maibaum. So lange er sich erinnern kann, habe es das noch nicht gegeben, sagt Guido Neumann, Abteilungsleiter der Schützen beim SSV Margertshausen. Schweren Herzens habe man sich in dem kleinen Gessertshauser Ortsteil heuer dazu entschlossen, das Maifest abzusagen und auf einen Baum zu verzichten. Eigentlich wird der hier seit jeher per Hand aufgestellt. Etwa 60 bis 80 Mann stemmen den Baum normalerweise gemeinsam auf. Auf einen Kran auszuweichen, sei in Margertshausen keine Option gewesen, sagt Neumann. Gleiches gilt auch für den Fischacher Ortsteil Willmatshofen. Auch hier ist traditionell Handarbeit angesagt. Die Vereine im Ort packen normalerweise gemeinsam an, schnitzen und verzieren den Baum, erklärt Tobias Abold, Vorsitzender der Feuerwehr in Willmatshofen. Doch das wird heuer nichts. „Wir haben den Baum auch schon bei Regen aufgestellt“, sagt er. Corona zwinge die Dorfgemeinschaft nun aber in die Knie.
Besonders die Orte, in denen der Maibaum traditionell ohne große Maschinen aufgebaut wird, treffen
Corona-Regeln besonders. Doch auch dort, wo seit Jahren mit einem Kran gearbeitet wird, verzichten die meisten Orte auf einen Baum. Zum Beispiel in Gablingen, erzählt Biobauer Franz Rotter. In seiner Lagerhalle wird der Maibaum traditionell geschnitzt und verziert. Abwechselnd halten die Menschen aus dem Ort Nachtwache und passen auf, dass der Baum nicht geklaut wird – so der Brauch. „Wir hoffen, dass diese Tradition nächstes Jahr wieder fortgeführt werden kann“, sagt Landwirt Rotter. Auch in den Städten Gersthofen und Neusäß werden keine neuen Bäume aufgestellt. Gleiches gilt für Zusmarshausen und seine Ortsteile. Weil es heuer kaum Maibäume zu bestaunen gibt, verzichtet die Schlossbrauerei Unterbaar auf ihren Wettbewerb. Schließlich mache die Corona-Krise eine angemessene Feier des Gewindie ners heuer unmöglich, teilt die Brauerei mit.
In einigen Kommunen gibt es aber auch in diesem Jahr einen Maibaum. Dort nämlich, wo diese bereits seit vergangenem Jahr stehen zum Beispiel in Täfertingen. „Es wird jetzt geprüft, ob der Standsicherheitsnachweis noch für ein weiteres Jahr gültig ist – in diesem Fall bleibt er dort dann wohl stehen“, sagt der Neusässer Bürgermeister
Richard Greiner. In Alt-Neusäß und Ottmarshausen wurde der Baum bereits abgebaut. Im Stadtgebiet Neusäß wird es heuer weder Feste noch ein Aufstellen des Maibaums geben.
Auch die Gersthofer haben Glück: Ihr Maibaum steht bereits. Dort wird in der Regel nur alle drei Jahre ein neuer Baum aufgestellt, sagt Bürgermeister Michael Wörle. Auf neue Aufstellungen wird aber auch in den Gersthofer Ortsteilen verzichtet. Die Maibäume sind nicht der einzige Brauch im Augsburger Land, den der Erste Mai mit sich bringt. Die Freinacht wird traditionell zu allerlei Streichen genutzt. Kinder ziehen durch die Straßen und erlauben sich den ein oder anderen Spaß. So lange das im gesetzlichen Rahmen bleibt, spricht dagegen auch heuer nichts, betont eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Dennoch gelten auch in der Mainacht die aktuellen Corona Regeln. Konkret heißt das: Eine Gruppe von Kindern, die nicht in einem Haushalt leben, darf auch in der Freinacht nicht um die Häuser ziehen. Sind hingegen nur zwei Kinder zusammen und mit Abstand unterwegs, sei das in Ordnung. Auch Familien können in der Mainacht – wie an jedem anderen Tag – gemeinsam einen Spaziergang machen. Wie jedes Jahr werde die Polizei in der Mainacht verstärkt unterwegs sein, sagt die Sprecherin. Im Fokus steht dabei auch das Einhalten der Ausgangsbeschränkungen.
Wie man das beste aus den Einschränkungen machen kann, zeigt ein Blick nach Ehingen. Der Obstund Gartenbauverein hat die Aktion „Masken nähen statt Maikränze binden“ins Leben gerufen. Die Vorsitzende des Vereins ist Handarbeitslehrerin und gibt Tipps. Die Masken werden den Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt.