Wertinger Zeitung

Maibäume fallen Corona zum Opfer

Brauchtum Ausgelasse­ne Feiern am geschmückt­en Baum wird es im Augsburger Land nicht geben. Die meisten Kommunen verzichten auf den Brauch. Für berüchtigt­e Scherze in der Freinacht gibt es klare Regeln

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Das hat es wohl noch nie gegeben. Wo in der Mainacht normalerwe­ise ausgelasse­n gefeiert wird, herrscht heuer gähnende Leere. Auch die Maifeiern werden wegen der aktuellen Corona-Regelungen abgesagt. Auf das Aufstellen von Maibäumen verzichten die allermeist­en Gemeinden – auch, wenn das theoretisc­h möglich ist. Wie das Landratsam­t mitteilt, dürfen die Bäume nur mit Kran und ohne Ansammlung von Menschen aufgestell­t werden. Mit dem eigentlich­en Brauch hat das allerdings nur noch wenig zu tun.

Deshalb verzichten die meisten Kommunen heuer ganz auf einen Maibaum. So lange er sich erinnern kann, habe es das noch nicht gegeben, sagt Guido Neumann, Abteilungs­leiter der Schützen beim SSV Margertsha­usen. Schweren Herzens habe man sich in dem kleinen Gessertsha­user Ortsteil heuer dazu entschloss­en, das Maifest abzusagen und auf einen Baum zu verzichten. Eigentlich wird der hier seit jeher per Hand aufgestell­t. Etwa 60 bis 80 Mann stemmen den Baum normalerwe­ise gemeinsam auf. Auf einen Kran auszuweich­en, sei in Margertsha­usen keine Option gewesen, sagt Neumann. Gleiches gilt auch für den Fischacher Ortsteil Willmatsho­fen. Auch hier ist traditione­ll Handarbeit angesagt. Die Vereine im Ort packen normalerwe­ise gemeinsam an, schnitzen und verzieren den Baum, erklärt Tobias Abold, Vorsitzend­er der Feuerwehr in Willmatsho­fen. Doch das wird heuer nichts. „Wir haben den Baum auch schon bei Regen aufgestell­t“, sagt er. Corona zwinge die Dorfgemein­schaft nun aber in die Knie.

Besonders die Orte, in denen der Maibaum traditione­ll ohne große Maschinen aufgebaut wird, treffen

Corona-Regeln besonders. Doch auch dort, wo seit Jahren mit einem Kran gearbeitet wird, verzichten die meisten Orte auf einen Baum. Zum Beispiel in Gablingen, erzählt Biobauer Franz Rotter. In seiner Lagerhalle wird der Maibaum traditione­ll geschnitzt und verziert. Abwechseln­d halten die Menschen aus dem Ort Nachtwache und passen auf, dass der Baum nicht geklaut wird – so der Brauch. „Wir hoffen, dass diese Tradition nächstes Jahr wieder fortgeführ­t werden kann“, sagt Landwirt Rotter. Auch in den Städten Gersthofen und Neusäß werden keine neuen Bäume aufgestell­t. Gleiches gilt für Zusmarshau­sen und seine Ortsteile. Weil es heuer kaum Maibäume zu bestaunen gibt, verzichtet die Schlossbra­uerei Unterbaar auf ihren Wettbewerb. Schließlic­h mache die Corona-Krise eine angemessen­e Feier des Gewindie ners heuer unmöglich, teilt die Brauerei mit.

In einigen Kommunen gibt es aber auch in diesem Jahr einen Maibaum. Dort nämlich, wo diese bereits seit vergangene­m Jahr stehen zum Beispiel in Täfertinge­n. „Es wird jetzt geprüft, ob der Standsiche­rheitsnach­weis noch für ein weiteres Jahr gültig ist – in diesem Fall bleibt er dort dann wohl stehen“, sagt der Neusässer Bürgermeis­ter

Richard Greiner. In Alt-Neusäß und Ottmarshau­sen wurde der Baum bereits abgebaut. Im Stadtgebie­t Neusäß wird es heuer weder Feste noch ein Aufstellen des Maibaums geben.

Auch die Gersthofer haben Glück: Ihr Maibaum steht bereits. Dort wird in der Regel nur alle drei Jahre ein neuer Baum aufgestell­t, sagt Bürgermeis­ter Michael Wörle. Auf neue Aufstellun­gen wird aber auch in den Gersthofer Ortsteilen verzichtet. Die Maibäume sind nicht der einzige Brauch im Augsburger Land, den der Erste Mai mit sich bringt. Die Freinacht wird traditione­ll zu allerlei Streichen genutzt. Kinder ziehen durch die Straßen und erlauben sich den ein oder anderen Spaß. So lange das im gesetzlich­en Rahmen bleibt, spricht dagegen auch heuer nichts, betont eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. Dennoch gelten auch in der Mainacht die aktuellen Corona Regeln. Konkret heißt das: Eine Gruppe von Kindern, die nicht in einem Haushalt leben, darf auch in der Freinacht nicht um die Häuser ziehen. Sind hingegen nur zwei Kinder zusammen und mit Abstand unterwegs, sei das in Ordnung. Auch Familien können in der Mainacht – wie an jedem anderen Tag – gemeinsam einen Spaziergan­g machen. Wie jedes Jahr werde die Polizei in der Mainacht verstärkt unterwegs sein, sagt die Sprecherin. Im Fokus steht dabei auch das Einhalten der Ausgangsbe­schränkung­en.

Wie man das beste aus den Einschränk­ungen machen kann, zeigt ein Blick nach Ehingen. Der Obstund Gartenbauv­erein hat die Aktion „Masken nähen statt Maikränze binden“ins Leben gerufen. Die Vorsitzend­e des Vereins ist Handarbeit­slehrerin und gibt Tipps. Die Masken werden den Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt.

 ?? Symbolfoto: Marcus Merk ?? Corona bremst das Brauchtum aus: Viele Gemeinden verzichten darauf, einen Maibaum aufzustell­en.
Symbolfoto: Marcus Merk Corona bremst das Brauchtum aus: Viele Gemeinden verzichten darauf, einen Maibaum aufzustell­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany