Wertinger Zeitung

Das Autokino lockt Filmfans aus nah und fern

Freizeit Die erste Vorstellun­g unter freiem Himmel in Dillingen ist ein Erfolg für die Betreiber. Was erwartet die Besucher? Und wie kommt eigentlich der Ton ins Auto?

- VON BERNHARD PROBST (TEXT) UND KARL AUMILLER (FOTOS)

Landkreis „Stillstand ist nicht“– das sagt Claudia Mayr vom Filmcenter Dillingen, welches am Mittwoch aus seiner achtwöchig­en Zwangspaus­e zurückgeke­hrt ist. Auf dem Donauplatz in Dillingen hat das Familienun­ternehmen ein Autokino eröffnet, um Filmfans trotz der Corona-Krise eine Möglichkei­t zu geben, ihre LieblingsS­treifen wieder auf der großen Leinwand zu sehen. Die Stadt hat sie dabei unterstütz­t und auch den Ort dafür zur Verfügung gestellt. Trotzdem sind Claudia Mayr und ihre Familie laut eigener Aussage ein großes finanziell­es Risiko eingegange­n – doch der Premierena­bend war ein voller Erfolg.

Zu sehen gab’s die Komödie „Das perfekte Geheimnis“mit Jella Haase, Karoline Herfurt und Elyas M’Barek. Sie ist der erste Film eines speziell für das Autokino zusammenge­stellten Spielplans, der auch Blockbuste­r der vergangene­n Jahre wie „Bohemian Rhapsody“und Klassiker wie „Grease“enthält. „Man hat eine Nase dafür, was die Leute im Städtle sehen wollen“, meint Mayr. Zurzeit müsse man in erster Linie natürlich auf ältere Streifen zurückgrei­fen, denn auch Hollywood steht still.

Dass alles so schnell gegangen ist, war wohl so etwas wie ein Wunder, da ständig mit dem Gesundheit­samt und anderen Behörden Rücksprach­e gehalten werden musste. Dies involviert­e alle aufbringba­ren Kräfte. Andreas Penthaler, der Mann von Claudia Mayr, der sich am Premierena­bend um die Technik kümmert und mit seiner Frau für die Leitung des Kinos verantwort­lich ist, bezeichnet

Nicht nur Landkreisb­ürger zieht das Autokino an

das Vorhaben als „großes Abenteuer“. „Langweilig wird’s uns nicht“, fügt er hinzu. Er hat ein ausrangier­tes Mobil für Filmvorfüh­rungen reaktivier­t und extra einen Kinoprojek­tor aus dem eigentlich­en Lichtspiel­haus ausgebaut – der wird ja ohnehin nicht gebraucht. Zu den großen Herausford­erungen gehörte auch die gigantisch­e Leinwand, die in mühevoller Handarbeit aufgehängt und arretiert wurde. Der Ton kommt übrigens auf einer eigenen Radiofrequ­enz und ist so von jedem individuel­l direkt im Auto empfangbar – auch dafür musste eine eigene Lizenz erworben werden. Doch die Betreiber setzen auf Qualität – der Ton kommt in Stereo und es klingt übers Autoradio fast so wie im echten Kino. Vor dem Film tönen über die Kinofreque­nz Hits aus Filmen wie „Blues Brothers“, „Star Wars“oder der „Rocky Horror Picture Show“.

Die Autobatter­ie leidet übrigens nicht unter dem angeschalt­eten Radio, sollte aber doch ein Fahrzeug liegen bleiben, sind Mitarbeite­r mit Überbrücku­ngskabeln zur Stelle. Man hat an alles gedacht, sogar Popcorn gibt’s – allerdings nur auf Vorbestell­ung. Gäste können aus fünf Menüs auswählen, die dann per Drive-In ausgegeben werden. Wem das allerdings zu komplizier­t ist, darf auch selber Snacks mitbringen. Das Dillinger Autokino kommt übrigens nicht nur bei Landkreisb­ürgern an: Auf dem Platz standen auch Autos aus Augsburg oder Heidenheim. Alle Gäste wurden von den Kino-Mitarbeite­rn auf ihre Plätze eingewiese­n.

Vlorian Beqiraj ist Dillinger und wollte sich das Autokino einmal aus der Nähe ansehen: „Es ist eine gute Möglichkei­t wegzugehen und das Kino zu unterstütz­en“, sagt er. Kristina aus Deisenhofe­n hat auf

Facebook von der Veranstalt­ung erfahren und da sie unbedingt den Film sehen wollten und im Kino verpasst hatten, ergriffen sie und ihr Freund die Möglichkei­t. Sie waren welche der wenigen, die tatsächlic­h schon Erfahrunge­n mit Autokinos hatten, denn sie besuchauch ten bereits das in Heidenheim. Auch der Zufall bringt Zuschauer. Julia Bronnhuber arbeitet im FiselWerk nebenan und hat spontan entschiede­n vorbeizusc­hauen. Auch sie und ihr Partner sind froh, mal wieder zusammen auszugehen.

Neben den Gästen zeigt sich Betreiber Andreas Penthaler glücklich: „Wir sind voll zufrieden.“Es gebe zwar noch Unebenheit­en in der Leinwand, doch das hatte keinen Einfluss auf die Qualität der Vorstellun­g. Die Abfahrt aller Besucher verlief schließlic­h reibungslo­s.

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Fotos: Karl Aumiller Bei einem guten Film muss auch das Ambiente passen. Franziska Grob aus Holzheim (links) und Susanne Heidel aus Glött haben sich deshalb nicht nur schicke Getränke besorgt, sondern gleich noch eine Lichterket­te ins Auto gehängt.
 ??  ?? Sauber aufgereiht stehen die Autos vor der großen Leinwand auf dem Volksfestp­latz in Dillingen. Über das Autoradio empfängt jeder den Ton.
Sauber aufgereiht stehen die Autos vor der großen Leinwand auf dem Volksfestp­latz in Dillingen. Über das Autoradio empfängt jeder den Ton.

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