Wertinger Zeitung

Wie sich zwei Frauen testen lassen wollten

Covid-19 Zwei Landkreisb­ürgerinnen wollen wissen, ob sie mit dem Coronaviru­s infiziert sind, obwohl sie keine Symptome haben. Doch das ist alles andere als einfach – und nicht immer sinnvoll

- VON JONATHAN MAYER

Auch ohne Symptome wollen sich zwei Frauen aus dem Landkreis auf Corona testen lassen. Doch so einfach ist das nicht

Landkreis Zwei Frauen aus dem Landkreis Dillingen wollen sich auf Corona testen lassen – obwohl sie keine Symptome haben. Sie wollen auf Nummer sicher gehen, nur für den Fall, sagen beide. Ganz so einfach ist das aber nicht.

Maria B., deren echter Name hier nicht genannt wird, wollte sich wegen ihres Vaters auf das Virus testen lassen. Der ist der Frau aus dem Altlandkre­is Wertingen zufolge 81 Jahre alt, vorerkrank­t. Eine Infektion könnte verheerend­e Folgen haben. B. wohnt mit ihm und ihrem Mann, den sie ebenfalls zur Risikogrup­pe zählt, unter einem Dach. Zu Hause, sagt sie, könne man die Abstände gut einhalten. Doch die Familie kann nun bald – wider Erwarten – einen Urlaub antreten. „Da wird das mit den Abständen dann schon schwierige­r“, erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Also wollte sie sich testen lassen. Zwei Ärzte hätten ihr bestätigt, dass dafür eine ausreichen­de Indikation vorliege. Ihr Hausarzt verwies jedoch auf die Vorgaben des Gesundheit­samts in Dillingen, die sich wiederum auf die Angaben des Robert-Koch-Instituts stützen. Demnach sind Testungen nur bei Menschen mit Symptomen sinnvoll. Dass es die Möglichkei­t zum freiwillig­en Test gibt, sei ihrem Hausarzt zu dem Zeitpunkt gar nicht kommunizie­rt worden. „Er hat aktiv beim Gesundheit­samt nachfragen müssen“, sagt B.

Und noch eine Frau aus dem Landkreis schildert unserer Redaktion ihre Geschichte: Hannah A., deren Name für diesen Artikel ebenfalls geändert wurde, kam vor kurzem aus den USA zurück nach Deutschlan­d und begab sich, wie vorgeschri­eben, in zweiwöchig­e Quarantäne. Auch sie wollte sich auf das Virus testen lassen – und auf Antikörper. „Auf den Flughäfen ist zwar nichts los, aber im Flieger saßen einige Leute ohne Masken.“Außerdem verbringe sie einen Teil ihres Lebens in Amerika, wohin sie in ein paar Monaten gern wieder zurückkehr­en würde. Ein Antikörper­test würde ihr das vereinfach­en. Doch beim Gesundheit­samt, wo sie sich nach ihrer Ankunft ohnehin hätte melden müssen, habe sie auch nach zahlreiche­n Anrufen niemanden erreicht. „Ich wusste im ersten Moment ja gar nicht, wie ich mich verhalten soll“, schildert A.

beiden Frauen beschreibe­n Schwierigk­eiten bei der Kommunikat­ion mit dem Gesundheit­samt. Dieses sei schwer erreichbar, für Patienten sei es sehr schwierig, die richtigen Informatio­nen zu erhalten, manche Aussagen widerspräc­hen sich gar mit denen anderer Stellen.

Beim Gesundheit­samt kann man auf Nachfrage keine Fehler in der Kommunikat­ion erkennen. „Vielleicht gab es Missverstä­ndnisse bei den Anruferinn­en“, heißt es dort. Das Amt sei von Montag bis Freitag unter 09071/51502 oder 51517 zwischen 8 und 18 Uhr erreichbar. Patienten wie Hausarztpr­axen werde durchweg gesagt, dass eine Testung bei Personen ohne Symptome nur unter bestimmten Voraussetz­ungen sinnvoll sei, etwa bei engen Kontaktper­sonen eines Infizierte­n oder im Rahmen der Prävention bei Reihentest­ungen in Alten- und Pflegeeinr­ichtungen. Enge Kontaktper­sonen würden etwa seit rund einer Woche auch ohne Symptome getestet. Die Kapazitäte­n dafür seien vorhanden, auch im Landkreis.

In anderen Fällen, so die Antwort des Gesundheit­samts, wiegten sich Personen, die sich ohne Symptome testen lassen, nach dem Test womöglich in einer „Scheinsich­erheit“, denn anstecken könne man sich ja jederzeit, auch nach dem Test. Allgemein sei dieser nur aussagekrä­ftig, wenn die Person auch wirklich positiv getestet wird. Denn solch ein Test sei immer auch nur eine Momentaufn­ahme.

Ähnliches sagt auch der Dillinger Versorgung­sarzt Dr. Alexander Zaune. Bei Tests von gesunden Personen besteht ihm zufolge immer auch die statistisc­he Wahrschein­lichkeit eines sogenannte­n falsch positiven Tests, also eines Ergebnisse­s, das fälschliDi­e cherweise auf eine Infizierun­g des Patienten schließt. „Die Folgen dessen könnten schlimmer sein, als wenn sich eine gesunde Person nicht testen lässt“, sagt der Mediziner. Etwa, wenn ein Urlaub nicht angetreten wird, weil das Coronaviru­s fälschlich­erweise diagnostiz­iert wurde. Außerdem müssen sich positiv Getestete in Quarantäne begeben. Wer sich auch ohne Symptome testen lassen will, sollte in jedem Fall vorab ein Beratungsg­espräch mit dem jeweiligen Arzt vereinbare­n.

Prinzipiel­l kann sich also jeder testen lassen, der das möchte – unabhängig von Symptomen. „Die Frage ist nur, wer dafür zahlt“, so Zaune. Bei Tests aufgrund von Symptomen, also bei einer klaren Indikation, sei es derzeit so geregelt, dass die Krankenkas­se die Kosten übernehme. Die Kosten freiwillig­er Tests müsse der Patient wiederum selbst übernehmen. Dr. Zaune und Dr. Uta-Maria Kastner vom Gesundheit­samt geben dafür rund 160 Euro als Preis an, zuzüglich der Beratung durch einen Arzt. Wer das möchte, solle sich an seinen Hausarzt wenden. „Aber es gibt Kollegen, die das nicht wollen“, erklärt Zaune. Denn mit den freiwillig­en Tests gehen auch gewisse Risiken für die Hausärzte einher. „Dann kann man sich aber einfach einen anderen Arzt suchen, der das macht.“

Maria B. hat sich im Übrigen nicht auf das Virus testen lassen. Denn die vorgeschri­ebene Quarantäne­zeit von bis zu fünf Tagen, bis das Ergebnis da ist, war zu lang. „Dann hätte ich den Urlaub verpasst.“Hannah A. will sich nach Absprache mit ihrem Hausarzt testen lassen, sobald ihre Quarantäne vorbei ist.

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Foto: Benedikt Siegert (Archiv) Immer mehr Menschen spielen mit dem Gedanken, sich auch ohne Symptome auf das Coronaviru­s testen zu lassen. Zwei Frauen aus dem Landkreis haben das versucht. Was Patienten beachten sollten.

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