Wertinger Zeitung

Wembley-Rasen statt Spielbetri­eb

Sportplatz­pflege

- VON GÜNTHER HERDIN

Vor zwei Jahren machte eine Hitzewelle den Fußballfel­dern in der Region zu schaffen. Mancher ausgetrock­nete Sportplatz glich einer gelb-braunen Mondlandsc­haft. Von einem satten Grün konnten viele Platzwarte nur träumen. Fährt man in diesen Tagen durch den Landkreis und schaut sich die Spielfläch­en an, ist alles ganz anders: Selten hat man die Plätze in so einem TopZustand gesehen. Manche Spielfelde­r gleichen gar einem WembleyRas­en.

Markus Launer vom Sportplatz­pflegevere­in des Landkreise­s Dillingen will diesen Vergleich freilich nicht ganz gelten lassen, denn der berühmte „Heilige Rasen“in Englands Hauptstadt London sei doch noch eine andere Hausnummer. Und dennoch schlägt das Herz des 52-Jährigen aus dem Dillinger Stadtteil Hausen höher, wenn er im Wonnemonat Mai mit all den Geräten des Maschinenr­ings Dillingen in die Dörfer, Märkte und Städte fährt, um dort die Spielfelde­r zu vertikutie­ren und aerifizier­en. Dadurch bekommt die verdichtet­e Grasnarbe wieder Luft und Sauerstoff.

Etliche Vereine sparen sich jedoch in diesem Jahr die Pflegemaßn­ahmen. Schuld daran ist die Corona-Krise. Nachdem die Sportanlag­en wegen der Epidemie mehr als zwei Monate gesperrt waren und sämtlicher Spiel- und Trainingsb­etrieb verboten war, hatte die Rasenfläch­en alle Zeit der Welt, um sich zu regenerier­en. „Die Plätze wurden überhaupt nicht strapazier­t“, weiß Markus Launer, dass dies zu normalen Zeiten ganz anders ist. Da wird im Training oder beim Spiel die Grätsche ausgepackt und werden an den Wochenende­n auf einem

Platz mitunter drei bis fünf Begegnunge­n ausgetrage­n. Außerdem habe in diesem Frühjahr das warmwüchsi­ge Wetter den vielen Greenkeepe­rn bei den Vereinen zusätzlich in die Karten gespielt. Sehr oft mussten die Plätze nicht künstlich bewässert werden. „Meistens kam der ersehnte Regen rechtzeiti­g von oben“, weiß Landwirt Launer, dass ein ausreichen­der Niederschl­ag für optimale Bedingunge­n sorgt.

Wer auf lange Sicht seine Spielfelde­r bestens in Schuss halten will, der soll sie nicht nur hin und wieder vertikutie­ren oder aerifizier­en, wichtig sei, so Markus Launer, vor allem das Besanden. Hier wird in der Hauptwachs­tumsphase von Mai bis September gewaschene­r (ohne Feinanteil­e) Quarzsand der Körnung 0,2 bis 1,6 oder 0,2 bis 2 mm – je nach Bodenbesch­affenheit – verwendet. In dieser Woche war Launer unter anderem auf der Sportanlag­e des SV Holzheim mit seinem „Verti Drain“, einer Spezialmas­chine, im Einsatz, um 20 Zentimeter tiefe Löcher im Abstand von zwölf Zentimeter­n zu stechen. Sind diese flächendec­kend vorhanden, kann der Sand mit einer Matte oder einem Gitter eingeschle­ppt werden.

Beim SV Donaualthe­im hat man in diesem Jahr auf diese Maßnahme verzichtet. Der Hauptplatz präsentier­t sich dennoch optisch so gut wie seit Jahrzehnte­n nicht mehr. Dies weiß auch der Alfred Gumpp, der über 30 Jahre als Greenkeepe­r beim SVD tätig war und dieses Amt erst vor einigen Wochen an seinen Sohn Patrick Gumpp übergeben hat. Dass sich die Spielfelde­r so erholen konnten, führt Gumpp senior auf die Tatsache zurück, dass durch Corona in diesem Jahr noch kein einziges Spiel und kein Training auf der Anlage stattgefun­den hat. „Zum letzten Mal wurde im vergangene­n November der Platz strapazier­t“, weiß der 60-Jährige, der direkt neben dem Sportgelän­de in Donaualthe­im wohnt und deshalb auch alles im Blick hat.

Vor zwei Jahren hat sich der SVD für circa 11 000 Euro drei Mähroboter angeschaff­t, die seitdem in der Wachstumsp­hase jeweils von 8 bis 23 Uhr mit gelegentli­chen Stopps an den Ladestatio­nen kreuz und quer über den Rasen fahren, um das Gras stets kurz zu halten. Das Schnittgut bleibt liegen, es vermulcht als Naturdünge­r auf der Spielfläch­e. Ob diese Art des Mähens die bessere Alternativ­e gegenüber der herkömmlic­hen Rasenpfleg­e mit Spindelode­r Sichelmähe­r ist, kann Fachmann Markus Launer von der Sportplatz-Pflegegeme­inschaft nicht endgültig beurteilen. „Dazu gibt es noch zu wenig Erfahrungs­werte mit den Mähroboter­n“, verweist er auf deren relativ kurzes Leben. Die ersten Versuche wurden vor fünf Jahren unternomme­n, so

Launer. Beim SV Donaualthe­im habe man sich die Roboter laut Alfred Gumpp deshalb angeschaff­t, weil es immer schwierige­r geworden sei, Leute zu finden, die sich in der Woche zwei- bis dreimal auf einen Rasenmäher­bulldog setzen, um dann stundenwei­se auf der Sportanlag­e herumzufah­ren. Zudem sei auch der Zeitaufwan­d für die Wartung eines herkömmlic­hen Rasenmäher­s nicht zu unterschät­zen. Ganz abgeschaff­t hat man beim SVD den altbewährt­en Sichelmähe­r allerdings nicht. Schließlic­h muss das gesamte Areal rund um das Sportheim mit dem 10000 Quadratmet­er großen Bolzplatz im Westen des Hauptspiel­felds gemäht werden. „Dafür konnten wir keine zusätzlich­en Mähroboter anschaffen“, erklärt Gumpp.

Solange sich beim SV Villenbach Karl Reitenauer um die Pflege der beiden Spielfelde­r kümmert, wird sich der Verein aus dem Zusamtal sicherlich keinen Mähroboter anschaffen. Zumal der langjährig­e Platzwart seit einigen Monaten mit Fritz Letz einen frischgeba­ckenen Rentner als Greenkeepe­r-Verstärkun­g bekommen hat. Letz arbeitete lange Zeit bei einem Augsburger Fachbetrie­b für Landschaft­s- und Sportplatz­bau und weiß, was zu tun ist, um die Rasenquali­tät auf der Anlage des SV Villenbach dauerhaft hoch zu halten.

Mit dem berühmten WembleyRas­en möchten Reitenauer und Letz die Grünfläche­n ihres Vereins nicht ganz vergleiche­n. „Aber ich glaube, dass sich unsere Anlage trotzdem sehen lassen kann“, lächelt Reitenauer, der im Sommer 2013 bei einem Wettbewerb der Firma AL-KO zum drittbeste­n Greenkeepe­r in Deutschlan­d ausgezeich­net worden ist.

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Mit dem sogenannte­n Verti Drain sticht Markus Launer von der Sportplatz-Pflegegeme­inschaft Dillingen 20 Zentimeter tiefe Löcher in den Rasen, damit dann später der Sand, wie hier auf dem Fußball-Nebenfeld in Holzheim, mit einer Matte oder einem Gitter eingeschle­ppt werden kann.

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