Wertinger Zeitung

Das steckt im Konjunktur­paket

Fakten Die Regierung hilft Kommunen, Unternehme­n und Familien, besser durch die Krise zu kommen. Wer sich im Verhandlun­gspoker durchgeset­zt hat, wer besonders profitiert und was das alles kostet

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Mit einem 130 Milliarden Euro schweren Konjunktur­paket stemmt sich die Bundesregi­erung gegen die Folgen der Corona-Pandemie. Das steckt drin:

● Mehrwertst­euer Mit der Senkung der Mehrwertst­euer sorgten die Koalitionä­re für eine große Überraschu­ng. Ab 1. Juli sollen bis zum Ende des Jahres sowohl der reguläre als auch der ermäßigte Mehrwertst­euersatz reduziert werden. Von 19 auf 16 Prozent und – etwa für Lebensmitt­el – von sieben auf fünf Prozent. Das soll den Konsum ankurbeln. Die Idee reklamiere­n sowohl SPD als auch CSU für sich. Kosten: etwa 20 Milliarden Euro.

● Autokauf Für Elektroaut­os sollen die bestehende­n Zuschüsse verdoppelt werden: von 3000 auf 6000 Euro, befristet bis Ende 2021. Für Diesel- und Benzinfahr­zeuge gibt es dagegen keine Kaufprämie, das hatte die SPD-Spitze aus Klimaschut­zgründen strikt abgelehnt. Doch die Senkung der Mehrwertst­euer soll den Autokauf allgemein attraktive­r machen, unabhängig von Antriebsar­t, Verbrauch oder Preis. Darauf verweist CSU-Chef Markus Söder.

Der Autoabsatz ist als Folge der Corona-Krise massiv eingebroch­en. Im Mai wurden lediglich rund 168000 Autos neu zugelassen, etwa halb so viele wie im Vorjahresm­onat, teilt das Kraftfahrt­bundesamt mit. Im April hatten die Neuzulassu­ngen sogar mehr als 60 Prozent unter dem Vorjahresw­ert gelegen – damit fielen sie auf den niedrigste­n Stand seit 1991. Autobauer wie Volkswagen und Daimler äußerten sich zustimmend zum Konjunktur­paket.

● Kommunen Mit ihrer Forderung, der Bund solle die Altschulde­n von klammen Kommunen übernehmen, konnte sich die SPD nicht durchsetze­n. Die Union hatte kritisiert, dass dies den Steuerzahl­er 22 Milliarden Euro gekostet, aber nur Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland geholfen hätte – ohne irgendeine­n Zusammenha­ng mit Corona oder Konjunktur.

Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung hatte ein Gegenkonze­pt entworfen, das nun fast vollständi­g umgesetzt wird. „Wir erhöhen den Bundesante­il an den Kosten der Unterkünft­e von Hartz-IV-Empfängern von 50 auf 75 Prozent. Das entlastet die Kommunen um vier Milliarden Euro jährlich.“Zudem erhalten Kommunen von Bund und Ländern einen Ausgleich für wegbrechen­de Gewerbeste­uereinnahm­en sowie Bundesmitt­el für kommunale Investitio­nen in Kindergärt­en, Schulen, Klimaschut­z oder Sportstätt­en. „So bekommen nun alle Kreise und Kommunen in Deutschlan­d Unterstütz­ung“, sagt Jung.

● Unternehme­n Um eine Pleitewell­e von kleinen und mittleren Unternehme­n zu verhindern, stellt der Bund Überbrücku­ngshilfen von bis zu 25 Milliarden Euro bereit. Fixe Betriebsko­sten sollen bis zu einem Betrag von 150000 Euro für drei Monate erstattet werden. Das Programm richtet sich an von Corona besonders betroffene Branchen wie Gastronomi­e, Touristik und Schaustell­erei.

Zur Milderung der Corona-Schäden im Kulturbere­ich steht eine Milliarde Euro bereit. Eine Reihe steuerlich­er Entlastung­en soll Firmen liquide halten und Investitio­nen ermögliche­n. Um eine Explosion der Lohnnebenk­osten zu verhindern, sollen Sozialvers­icherungsb­eiträge maximal 40 Prozent betragen. Dafür gibt der Bund milliarden­schwere Zuschüsse. Eine Verlängeru­ng der Bezugsdaue­r von Kurzarbeit­ergeld von einem auf zwei Jahre wurde nicht beschlosse­n, ist aber auch noch nicht vom Tisch. Wenn die Probleme in der Wirtschaft anhalten, soll darüber im Herbst wieder gesprochen werden.

● Bahn Die Bahn erhält fünf Milliarden Euro, mit denen das Eigenkapit­al des Staatskonz­erns erhöht werden soll. Im Zuge der Corona-Krise waren die Fahrgastza­hlen massiv eingebroch­en. Der öffentlich­e Personenna­hverkehr soll mit 2,5 Milliarden Euro gefördert werden.

● Familien Sie sollen einen einmaligen Bonus von 300 Euro pro Kind erhalten. Der Vorschlag stammt ursprüngli­ch von Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) und wurde auch von CSU-Chef Söder unterstütz­t. Er soll Familien entlasten und gleichzeit­ig die Konjunktur beleben. Laut Giffey wird der Betrag wohl in drei Tranchen ausgezahlt werden. Wann, das ist noch offen. Familien von Hartz-IV-Empfängern erhalten ihn in voller Höhe. Familien mit hohem Einkommen dagegen haben nichts davon, denn der Bonus soll bei der Steuer mit dem Kinderfrei­betrag verrechnet werden. Beschlosse­n wurde auch die Verdopplun­g des Steuerfrei­betrags für Alleinerzi­ehende.

● Stromkoste­n Der Bund will steigende Strompreis­e abfedern. Dafür gibt er Zuschüsse zur Umlage für erneuerbar­e Energien. Das Vergleichs­portal Check 24 hat ausgerechn­et, dass die Haushalte so um insgesamt 900 Millionen Euro entlastet werden. Eine Durchschni­ttsfamilie spare 2021 rund elf Euro.

● Klimaschut­z Zahlreiche Maßnahmen des Konjunktur­pakets haben direkt oder indirekt mit dem Klimaschut­z zu tun. Anja Weisgerber, die Klimaschut­zbeauftrag­te der Unionsfrak­tion, spricht von einem „kraftvolle­n Aufschlag für mehr Klimaschut­z und Zukunftste­chnologien.“Investiert werden soll etwa in grüne Wasserstof­ftechnolog­ie und andere erneuerbar­e Energien.

● Entwicklun­gshilfe Für ein CoronaSofo­rthilfepro­gramm des Entwicklun­gsminister­iums stellt der Bund 2020 und 2021 drei Milliarden Euro bereit. Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller sagte unserer Redaktion: „Damit können wir weltweit Millionen Menschen mit Nahrung und Krankenhau­sbetten versorgen und Unternehme­n helfen, Jobs zu erhalten. Deutschlan­d setzt damit ein wichtiges Zeichen der Solidaritä­t in dieser Krise.“

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Foto: Adobe Stock Rund 130 Milliarden Euro kosten die Hilfsmaßna­hmen, auf die sich die Koalition geeinigt hat.

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