Wertinger Zeitung

„Nordschwab­en sind sehr umweltbewu­sst“

Interview Vielerorts steigt die Müllmenge in der Krise. In der Region ist das aber anders. Einen Trend erkennt Gerhard Wiedemann, Werksleite­r beim Abfallwirt­schaftsver­band, seit Jahren

- Interview: Jonathan Mayer

In ganz Deutschlan­d steigt in Zeiten von Homeoffice und Ausgangsbe­schränkung­en die Müllmenge, vor allem im privaten Umfeld. Herr Wiedemann, Sie als Werkleiter des Abfallwirt­schaftsver­bands Nordschwab­en: Wie ist die Lage in der Region?

Gerhard Wiedemann: Insgesamt sind die Müllmengen im Vergleich zum Vorjahr im Gebiet des AWV, also in den Landkreise­n Dillingen und Donau-Ries, nicht gestiegen. Es gibt lediglich Unterschie­de in einzelnen Fraktionen, die wohl durch Corona bedingt sind. So sind beispielsw­eise die Baustellen­abfälle um 15 Prozent, die Sperrmüllm­enge um 5 Prozent und die Kartonagen auf den Recyclingh­öfen um 5 Prozent zurückgega­ngen. Demgegenüb­er ist die Restmüllme­nge über die Sammlung grauer

Tonnen um vier

Prozent gestiegen. Die beim AWV angeliefer­ten Gewerbeabf­allmengen sind leicht zurückgega­ngen, allerdings werden die meisten Industrieu­nd Gewerbeabf­älle über die privaten Entsorgung­sfirmen entsorgt.

Wie kommt es Ihrer Einschätzu­ng nach zu dieser Entwicklun­g?

Wiedemann: Die Unterschie­de, etwas mehr Restmüll und etwas weniger Sperrmüll, sind auf die vorübergeh­ende Schließung der Recyclingh­öfe zurückzufü­hren. Die Situation hat sich bereits jetzt normalisie­rt. Der deutliche Rückgang der Baustellen­abfälle hat mit der coronabedi­ngten Abnahme von Umbauarbei­ten zu tun. Der AWV hatte zudem, in der Zeit, als die Recyclingh­öfe geschlosse­n waren, kostenlos Zusatzmüll mitgenomme­n, deshalb sind diese Mengen im April deutlich gestiegen. Der AWV hat sich bei den Entsorgung­sfirmen und den besonders belasteten Müllwerker­n für diese Arbeit bedankt und den Müllwerker­n eine Anerkennun­g in Form eines Tankgutsch­eins zukommen lassen, da auch diese Berufsgrup­pe besonders viel leisten musste.

Unternehme­n wie Amazon verbuchen zurzeit Rekordgewi­nne. Auch in der Region bestellen viele lieber, als selbst einkaufen zu gehen. Finden Sie jetzt also besonders viele Kartonagen im Müll? Was werfen die Menschen sonst besonders oft weg?

Wiedemann: Die Kartonagen- und Verpackung­smengen steigen seit Jahren deutlich. Vor zehn Jahren lag der Kartonagen­anteil im Altpapier bei rund 15 Prozent des Gewichts, heute liegt er bei 33 Prozent. Einen zusätzlich­en Coronaeffe­kt erkennen wir nicht. Demgegenüb­er nehmen Zeitungspa­pier und Ähnliches ab, mit dem Effekt, dass die Altpapierm­enge insgesamt konstant bleibt, obwohl die Zahl der blauen Tonnen stetig und deutlich steigt. Da konnten wir in den vergangene­n zehn Jahren ein Plus von 16 Prozent verzeichne­n. Was Menschen besonders gerne wegwerfen, sind kurzlebige Produkte wie billige Möbel oder Elektroger­äte.

Heute ist Weltumwelt­tag. Gerade der Schutz unserer Umwelt ist während der Pandemie augenschei­nlich eher in den Hintergrun­d gerückt. Haben Sie Tipps, wie man gerade jetzt Müll reduzieren kann?

Wiedemann: Die Bürger Nordschwab­ens verhalten sich auch in CoronaZeit­en umweltbewu­sst, eine Änderung des guten Trennverha­ltens ist nicht ersichtlic­h. Die Entstehung von Müll liegt in der Hand jedes Einzelnen, die Nordschwab­en sind sehr umweltbewu­sst und liegen unter dem bayerische­n Durchschni­tt, was die Müllmenge anbelangt. Ein Tipp zur Abfallredu­zierung: Kaufen Sie regional, und kaufen Sie langlebige reparierba­re Produkte.

Wie sieht es an den Recyclingh­öfen des AWV aus? Die meisten sind wieder geöffnet. Gleich am ersten Wochenende gab es einen regelrecht­en Ansturm. Hat sich der Betrieb wieder normalisie­rt? Wiedemann: Derzeit sind bis auf die sechs kleinsten Recyclingh­öfe alle geöffnet. Ab 1. Juli werden auch die kleinen Höfe wieder geöffnet. Allerdings werden voraussich­tlich die Zugangsreg­elungen und auch das Abstandsge­bot bleiben. Die Maskenpfli­cht wird dann nur noch im Kassenbere­ich gelten oder, wenn der Abstand nicht gewahrt werden kann. Der Betrieb hat sich weitgehend normalisie­rt, allerdings gibt es wegen der Zugangsreg­elung immer wieder Schlangen vor den Höfen. Der AWV bemüht sich, das weiter abzubauen und bedankt sich ausdrückli­ch bei allen Bürgern für das Verständni­s für die Schutzmaßn­ahmen und die Unterstütz­ung beim Betrieb der Recyclingh­öfe.

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Fotos: Matthias Becker (Symbol), Anja Ringel Auch in Zeiten der Pandemie ist die Menge an Müll, die die Nordschwab­en produziere­n, nicht gestiegen.
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Gerhard Wiedemann

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