Die Leiden der Katrin König
Polizeiruf 110: Der Tag wird kommen
ARD, 20.15 Uhr Was für ein Sonntagskrimi, was für eine tiefgehende Reflexion über Schuld und Sühne! In „Der Tag wird kommen“aus der Reihe „Polizeiruf 110“ist die LKAProfilerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) schwer angeschlagen. Dass der Serientäter Guido Wachs im Gefängnis sitzt, ist ein Problem. Denn dem bereits freigesprochenen Frauenmörder haben König und ihr Kollege Alexander Bukow (Charly Hübner) einen anderen, von ihm nicht begangenen Mord untergeschoben. Der verurteilte Wachs hockt nun im Knast, hat scheinbar zum Glauben an Gott gefunden und verfasst schwülstige Briefe an die verunsicherte Ermittlerin, die er auf diese Weise terrorisiert.
„Wir wollen nicht länger leiden, wir wollen leben, frei von Schuld“, schreibt er. Dass sie die erste Frau ist, die seine Geschichte kennt, macht ihn zusätzlich an. Katrin König kann zum Entsetzen Bukows nicht schlafen, schluckt immer mehr Pillen und wird von einem massiven Hautausschlag geplagt. Bevor sie den Mörder aufsucht, wird König Zeugin einer Gewalttat. Zwei Männer attackieren eine junge Frau, die wenig später erstochen aufgefunden wird. Nur vordergründig wirkt der Krimi thematisch allzu vollgepackt. Aber dramaturgisch wichtig sind der letzte Drogendeal, den Bukows todkranker Vater vorbereitet und die Karriere-Geilheit des Kollegen Pöschel. Ausgerechnet König, die Vorzeige-Ermittlerin, verliert immer stärker die Kontrolle über sich und bewegt sich ständig am Rand einer Psychose.
Verschiedene Handlungslinien und die homogene Erzählweise von Regisseur Eoin Moore sorgen für eine fesselnd inszenierte Mixtur aus Psychodrama und Thriller. Da laufen alle Geschichten mühelos zusammen. Auch wenn die klassische Krimi-Aufklärung eher zur Nebensache gerät. Großartig sind wie gewohnt Bukow-Darsteller Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau als gestresste Ermittlerin König, die sich seit zehn Jahren duzen, deren Lippen am Ende aber zu einem zärtlichen Kuss zusammenfinden.
Rupert Huber