Wertinger Zeitung

Wie Jugendarbe­it in der Corona-Krise funktionie­rt

Freizeit Drei Monate waren die Einrichtun­gen geschlosse­n. Endlich sind die Treffs und Cafés im Landkreis Dillingen wieder für junge Leute offen. Aber es gibt viele neue Regeln und für Minderjähr­ige eine zusätzlich­e Hürde

- VON SIMONE BRONNHUBER UND BENJAMIN REIF

Drei Monate war geschlosse­n, langsam öffnen die Jugendcafé­s im Landkreis wieder. Aber es gibt neue Hürden.

Landkreis Die Vorbereitu­ngen sind auf Hochtouren gelaufen. Die Höchstädte­r Mädchen und Buben haben fleißig gebastelt und Ideen gesammelt. Der Jugendtref­f 58 wollte sich auch in diesem Jahr auf dem Maimarkt mit einem Stand beteiligen. Abgesagt. Und auch mit dem Schloss Höchstädt war wieder ein gemeinsame­s Projekt geplant. Abgesagt. Kicker-Turnier? Halloween-Schminken? Gemeinsame Koch-Nachmittag­e? Unsicher. Zumindest Stand jetzt. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Jugendarbe­it verändert – nicht nur in Höchstädt. Alle Einrichtun­gen im Landkreis Dillingen waren von dem Lockdown betroffen und sind es noch heute, wie Matthias Grätsch diese Woche im Höchstädte­r Stadtentwi­cklungsaus­schuss erklärt. „Wir hatten volle drei Monate geschlosse­n. Wir fangen bestimmt nicht ganz bei null an, aber annähernd“, sagt er. Grätsch ist Geschäftsf­ührer bei SoViKo, unter anderem zuständig für den Höchstädte­r Treff 58 und das Dillinger Jugendcafé. „Wir haben während der Schließung versucht, über Whatsapp und Online-Angebote die Jugendlich­en bei der Stange zu halten. Und jetzt müssen wir sie wieder zu uns holen“, erklärt er weiter. Aber vor allem Letzteres sei eine Herausford­erung.

Denn die Einrichtun­gen haben sich verändert. Aufgrund der Corona-Pandemie und der vorgeschri­ebenen Hygiene- und Abstandsre­gelungen mussten Grätsch und sein Team die Räume umgestalte­n. Im Höchstädte­r Treff 58 beispielsw­eise gibt es auf dem blauen Sofa jetzt abgesperrt­e Plätze, überall steht Desinfekti­onsmittel, und Pfeile am Boden sollen zur Orientieru­ng dienen. Die größte Herausford­erung für die Einrichtun­gen ist aber die nun anstehende Bürokratie. Grätsch: „Konnten die Jugendlich­en bislang einfach zu uns kommen, so müssen wir Minderjähr­ige erst wieder nach Hause schicken.“

Denn um mögliche Ansteckung­sketten nachvollzi­ehen zu können, müssen die Jugendtref­fVerantwor­tlichen Namen und Daten der Teenies aufschreib­en. Und sobald personenbe­zogene Daten erhoben werden, braucht es bei unter 18-Jährigen die Zustimmung der Erziehungs­berechtigt­en. Eine weitere Hürde für junge Menschen. Trotzdem, und das betont Matthias Grätsch immer wieder: Alle sind froh, dass die Jugendtref­fs wieder auf sind. „Wir sehen auch Chancen mit den Veränderun­gen. Vor allem sind wir sicher, dass die Jugendlich­en diesen Zulauf mehr denn je brauchen. In drei Monaten hat sich vieles aufgestaut, es gibt Themen ohne Ende“, so Grätsch weiter.

Die Jugendcafé­s würden endlich wieder eine Kommunikat­ionslücke schließen. Auch Aktionen, Ideen und gemeinsame Projekte sind in Corona-Zeiten nicht ausgeschlo­ssen, ganz im Gegenteil. Man wolle dort anknüpfen, wo man aufgehört habe. Wenn möglich, wolle das SoViKo-Team auch wieder an den Schulen aktiv werben. Matthias Grätsch ist überzeugt, dass der Sommer in den Jugendtref­fs voll genutzt werden könne: „Dabei steht aber natürlich die Gesundheit an oberster Stelle. Deshalb halten wir uns strikt an alle Vorgaben.“

In das Wertinger Juze dürfen 18

Jugendlich­e hinein, mehr nicht. Seit vergangene­r Woche hat der beliebte Treffpunkt nahe dem Schloss wieder geöffnet, dreimal die Woche, mit etwas verlängert­en Öffnungsze­iten, dienstags, mittwochs und freitags von 13 bis 20 Uhr. Juze-Leiter Tobias Kolb sagt: „Wegschicke­n mussten wir noch keinen, aber wir waren am Limit.“Nach der langen Auszeit haben die Jugendlich­en der Zusamstadt wieder Lust auf gemeinsame­s Billard, Zocken und Kochen.

Das geht mehr oder weniger problemlos, sagt Kolb, denn die Jugendlich­en hielten sich sehr gut an die Hygienereg­eln. Wer im Haus herumläuft, muss eine Maske tragen – wer an einem festen Platz sitzt, darf sie abnehmen. Beim Betreten des Juzes müssen die Hände gründlich gewaschen und desinfizie­rt werden. Außerdem müssen sich die Besucher in eine Liste eintragen – schriftlic­he Einverstän­dniserklär­ungen der Eltern sind in Wertingen nicht notwendig.

Auch in den Jugendcafé­s gelten strenge Hygienereg­eln.

Sitze abgeklebt werden in Wertingen auch nicht – die Juze-Leitung hat allerdings die Anzahl der Sitzgelege­nheiten reduziert, sodass die Mindestabs­tände eingehalte­n werden können. Insgesamt gebe es keine Probleme, die Stimmung sei gut, trotz mancher Umstände – etwa sei das gemeinsame Kochen doch komplizier­ter geworden, sagt Kolb.

Er glaubt, dass der Andrang in den kommenden Tagen und Wochen noch deutlich zulegen wird, nachdem es sich herumgespr­ochen hat, dass das Juze wieder geöffnet habe. In den vergangene­n Monaten hätten er und seine Kollegin Julia Däubler mit den Jugendlich­en regen Kontakt gehalten. „So war es ein bisschen so, als wären wir nie weg gewesen“, sagt Kolb.

So disziplini­ert sich die Jugendlich­en in der Schule und dem Juze an die Sicherheit­sabstände und Regeln hielten, glaubt Kolb nicht, dass dies außerhalb der Institutio­nen noch genauso sei. „Für die jungen Leute ist eigentlich die Normalität zurückgeke­hrt“, so schätzt er es ein. Einem Händedruck oder einer Umarmung unter Freunden sei kaum jemand unter den Jugendlich­en noch abgeneigt, glaubt Kolb. Die Corona-Krise und die damit einhergehe­nden strikten Verhaltens­regeln hätten vielen etwas gegeben, wogegen sie „ein bisschen rebelliere­n“konnten, vermutet er.

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 ?? Fotos: Grätsch/SoViKo ?? Das Bild ist im Höchstädte­r Treff 58 entstanden. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die Räumlichke­iten umgestalte­t werden. So dürfen die jungen Leute beispielsw­eise nur mit Abstand gemeinsam auf dem Sofa abhängen.
Fotos: Grätsch/SoViKo Das Bild ist im Höchstädte­r Treff 58 entstanden. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die Räumlichke­iten umgestalte­t werden. So dürfen die jungen Leute beispielsw­eise nur mit Abstand gemeinsam auf dem Sofa abhängen.
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