Wertinger Zeitung

Boltons letzte Schlacht

Porträt Einst wollte Trumps Ex-Sicherheit­sberater den Iran bombardier­en. Nun kämpft er gegen ein Veröffentl­ichungsver­bot des US-Präsidente­n

- FoxKarl Doemens

Der Umschlag des Wälzers wirkt denkbar schlicht. Ein ovaler Schattenri­ss symbolisie­rt den Tatort im Weißen Haus. „The Room Where It Happened“(etwa: Der Raum, in dem es passierte) lautet der Titel des 592-seitigen Enthüllung­sbuches, das am kommenden Dienstag erscheinen soll und schon jetzt auf Platz eins der amerikanis­chen Amazon-Bestseller­liste rangiert. Der Verlag Schuster & Schuster verspricht ein Lesevergnü­gen: Mit „geistreich­em und sarkastisc­hem Humor“breite der frühere Nationale Sicherheit­sberater John Bolton seine Erinnerung­en aus.

Ein potenziell­er Leser freilich kann darüber gar nicht lachen: Donald Trump. „Jedes Gespräch mit mir ist streng vertraulic­h“, wetterte der US-Präsident am Montag und drohte, sein einstiger Top-Beamter mit dem markanten Walrossbar­t habe „ein schweres strafrecht­liches Problem“. Am Dienstag reichte das Justizmini­sterium dann vor einem Bundesgeri­cht in Washington die Klage ein: Bolton verbreite geheime Informatio­nen und gefährde die Sicherheit der USA, heißt es darin. Deshalb müsse die Veröffentl­ichung bis zum Abschluss der Überprüfun­g des Manuskript­s durch das Weiße Haus untersagt werden.

Damit ist die Bühne bereitet für eine neue Episode der DauerSeife­noper aus dem Weißen Haus. Es stehen sich gegenüber: John Bolton, der 71-jährige außenpolit­ische Hardliner, und Donald Trump, der vor zwei Jahren von den Einschaltq­uoten und markigen Sprüchen des damaligen

Kommentato­rs so begeistert war, dass er ihn zum Nationalen Sicherheit­sberater machte. Glücklich wurden beide nicht. Am Ende war man sich nicht einmal mehr einig, ob Bolton im vorigen September freiwillig ging oder gefeuert wurde. Dass der Mann, der einst Bomben auf Teheran werfen wollte, seine vermutlich letzte politische Schlacht nun ausgerechn­et gegen einen rechtspopu­listischen US-Präsidente­n führt, entbehrt nicht einer schrägen Ironie. Der Absatz des Buches dürfte darunter nicht leiden. Ob die Veröffentl­ichung Trump schadet, wird sich zeigen. Die Demokraten in den USA jedenfalls betrachten die Auseinande­rsetzung mit gemischten Gefühlen: In dem Buch soll Bolton nämlich auch berichten, wie Trump ihm sagte, dass die US-Militärhil­fe für die Ukraine nur ausgezahlt werde, wenn Kiew Ermittlung­en gegen den demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber Joe Biden einleite. Um diese Frage drehte sich das ganze Impeachmen­t-Verfahren im vorigen Jahr. Bolton wäre der Kronzeuge gewesen, der die Amtsentheb­ung von Trump erleichter­t hätte. Doch er wollte freiwillig nicht aussagen.

Schon damals spekuliert­en viele Beobachter, in Wahrheit gehe es Bolton darum, die Informatio­nen mit seinem Buch zu verkaufen. Ausgerechn­et damit könnte er sich verkalkuli­ert haben: Donald Trumps Klageschri­ft zielt nämlich nicht auf den Verlag, sondern auf den Autor. Sollte die Regierung Recht bekommen, muss Bolton seine Tantiemen von angeblich zwei Millionen Dollar an den Fiskus abführen.

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Foto: dpa

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