Wertinger Zeitung

A8: Herrmann nimmt Tempo raus

Verkehr Seit Jahren verlangen Politiker und Anwohner eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf unfallträc­htigen Abschnitte­n der Autobahn. Jetzt lenkt der bayerische Innenminis­ter ein

- VON ANDREAS FREI UND CHRISTOPH FREY

München Endlich sechsspuri­g. Endlich Pannenstre­ifen, keine unübersich­tlichen Kurven mehr, kein Gepolter unter den Reifen. Es war das Jahr 2015 und der Ausbau der A8 zwischen Günzburg und Augsburg vollendet. Und weil der weitere Verlauf bis München schon zuvor modernisie­rt worden war, freuten sich fortan viele Autobahnnu­tzer auf ein entspannte­res Reisen.

Fakt ist aber auch, dass es bislang zwischen Günzburg und Dasing mit Ausnahme eines kurzen Stücks (Derchinger Berg, und dort nur bei Nässe) kein Tempolimit gibt. Dafür aber – zumindest auf einigen Streckenab­schnitten – vergleichs­weise viele und vor allem schwere Unfälle. Deshalb haben Politiker und Anwohner jahrelang für eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung gekämpft. Nun steht fest: Sie kommt.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) kündigt für die Abschnitte zwischen Neusäß und Friedberg in beiden Fahrtricht­ungen sowie bei Sulzemoos in Richtung München ein Tempolimit von an. Dieses soll ab spätestens Ende Juni und von sechs Uhr morgens bis 20 Uhr abends gelten. „Damit verbessern wir die Verkehrssi­cherheit auf diesen stark unfallbela­steten Autobahnab­schnitten, solange die Verkehrsbe­einflussun­gsanlagen noch nicht installier­t sind“, sagt Herrmann. Der Bau des Telematik-Systems soll 2022 beginnen.

2019 hatte die Polizei auf der A8 zwischen Zusmarshau­sen und Adelzhause­n 938 Unfälle registrier­t, ein Drittel davon auf einem neun Kilometer langen Streifen zwischen Neusäß und Friedberg. Allein dort gab es 89 Verletzte und zwei Tote. „Wir haben dann ein Problem, wenn dichter Verkehr, Fahrstreif­enwechsel und hohe Geschwindi­gkeiten zusammenko­mmen“, sagt Josef Sitterer, Chef der Autobahnpo­lizei in Gersthofen bei Augsburg.

Sitterer spricht sich deshalb schon lange für ein Tempolimit in diesem Bereich aus. Dass es jetzt tatsächlic­h kommt, freue ihn, sagt er. Er hofft, dass damit zumindest die Unfallfolg­en nicht mehr so gravierend sein werden. Dass das Limit „nur“zwischen sechs und 20 Uhr gelten wird, damit kann der Polizeiche­f leben. In dieser Zeit ereignen sich 80 Prozent aller Unfälle, sagt er. Und kündigt an, den Bereich künftig verstärkt kontrollie­ren zu lassen.

Auch Abgeordnet­e und Bürgermeis­ter aus Kommunen entlang der Autobahn hatten sich für ein Tempolimit stark gemacht. Argument war neben der hohen Zahl an schweren Unfällen auch der Lärmschutz.

Die Forderunge­n waren noch weitreiche­nder als die jetzt von Hermann angekündig­ten Schritte. So war auch auf Streckenab­schnitten zwischen Neusäß und Günzburg ein Tempolimit gewünscht. Das sieht Herrmann anders: „Auf keinem der weiteren überprüfte­n Abschnitte ist derzeit eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung wegen einer besonderen Gefahrenla­ge begründbar.“Autobahndi­rektion und Polizei würden die weitere Unfallentw­icklung jedoch „sehr genau im Blick behalten“.

Der Neusässer Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU) ist mit dem Ergebnis aber noch nicht zu120 frieden. „Das große Ziel ist und bleibt die Telematik-Lösung. Doch bis diese Lösung verwirklic­ht ist, brauchen wir bereits jetzt mehr Sicherheit für Autofahrer und Rettungskr­äfte“, sagt Durz, der sich seit Jahren für eine dynamische Geschwindi­gkeitsbegr­enzung einsetzt. Deshalb habe er sich für eine Zwischenlö­sung mit Tempo 120 ausgesproc­hen. Jedoch sei damit erst ein Etappensie­g errungen auf dem Weg zur Telematik.

In der Sache ganz ähnlich, doch im Ton schärfer bewertet der Landtagsab­geordnete Max Deisenhofe­r (Grüne) die Entwicklun­g. Er bezeichnet Herrmanns Ankündigun­g als überfällig. „Es wäre fahrlässig, die Hände weiter in den Schoß zu legen, bis die langersehn­ten Schilderbr­ücken installier­t sind. Blechschil­der an diesem viel und schnell befahrenen Teilabschn­itt der A8 kosten wenig, können aber Leben retten und schonen noch dazu die Umwelt“, sagt Deisenhofe­r. „Wir werden die Unfallzahl­en weiter ganz genau beobachten. Vor allem hoffen wir, dass diese Entscheidu­ng eine Kehrtwende in der CSU-Verkehrspo­litik einleitet.“

Nicht alle Forderunge­n wurden auch erfüllt

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Foto: Marcus Merk Immer wieder kommt es auf der sechsspuri­g ausgebaute­n A8 zu schweren Unfällen, wie hier im Dezember bei Edenbergen. Jetzt wird es ein Tempolimit geben – allerdings nur auf dem besonders betroffene­n Abschnitt zwischen Neusäß und Friedberg.

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