Wertinger Zeitung

Strippenzi­eher mit schlechtem Händchen

Porträt Clemens Tönnies gerät oft in die Schlagzeil­en, zuletzt mit einem CoronaAusb­ruch auf seinem Schlachtho­f. Jetzt fordert ausgerechn­et sein Neffe den Rücktritt

- Forbes Dominik Stenzel

Als Unternehme­r und Vereinsbos­s des FC Schalke 04 kam Clemens Tönnies in den vergangene­n Wochen und Monaten nicht aus den Schlagzeil­en – und in den allermeist­en Fällen lasen sich diese nicht positiv. Jüngstes Beispiel: In seinem Schlachtbe­trieb im nordrhein-westfälisc­hen RhedaWiede­nbrück gab es einen folgenschw­eren Corona-Ausbruch: Mindestens 657 Mitarbeite­r sind laut Medienberi­chten infiziert, 7000 befinden sich in Quarantäne. Die Produktion soll wohl zehn bis 14 Tage gestoppt werden.

Tönnies ließ über einen Sprecher mittlerwei­le eine Entschuldi­gung bei der Bevölkerun­g des Kreises Gütersloh ausrichten. Unlängst hatte er sich noch gegen den Generalver­dacht der Fleischbra­nche in der Corona-Krise gewehrt. Der 64-jährige gelernte Fleischtec­hniker, in zweiter Ehe verheirate­t und Vater zweier Kinder, hat es in jenem Industriez­weig zu einer Menge Geld gebracht: Das US-Wirtschaft­smagazin schätzte sein Vermögen 2019 auf 1,4 Milliarden Euro. Die heutige Tönnies Holding baute er gemeinsam mit seinem Bruder Bernd auf. Auch der war als Sportfunkt­ionär tätig: Im Februar 1994 wurde Bernd Tönnies Präsident des FC Schalke, nur fünf Monate später verstarb er mit 42 Jahren nach einer Nierentran­splantatio­n.

In der Vergangenh­eit stand Tönnies’ Unternehme­n immer wieder in der Kritik. Dabei ging es um schlechte Arbeitsbed­ingungen, die Unterbring­ung vieler Angestellt­er in Sammelunte­rkünften oder um Betrugsvor­würfe.

Clemens Tönnies und sein Neffe Robert, der 50 Prozent an dem Unternehme­n hält, liefern sich seit Jahren einen erbitterte­n Streit, der nun weiter eskaliert: Der Mitgesells­chafter forderte seinen Onkel angesichts des CoronaAusb­ruchs zum Rücktritt auf. Auch in seiner Funktion als Schalke-Boss bekam Tönnies, der mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet ist und Spiele auch gerne mal im Fanblock verfolgt, jüngst heftigen Gegenwind zu spüren. Nicht nur sportlich läuft es bei den Königsblau­en alles andere als rund, auch finanziell ist der Verein in Schieflage geraten und hat einen Schuldenbe­rg von 197 Millionen Euro angehäuft. Als Sparmaßnah­me wurde vergangene Woche der Fahrdienst der Nachwuchsa­bteilung an einen externen Anbieter ausgeglied­ert: 24 Angestellt­e, darunter Rentner und Schwerbehi­nderte, wurden vor die Tür gesetzt.

Und dann wären da noch Tönnies’ rassistisc­he Äußerungen. Im August riet er während einer Veranstalt­ung dem Bundesentw­icklungsmi­nisterium, Kraftwerke in Afrika zu finanziere­n: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produziere­n.“Das Entsetzen war groß, auch bei den Schalker Anhängern. Tönnies zeigte sich reumütig und ließ sein Amt drei Monate ruhen. Erst Ende November gegen Union war er wieder bei einem Spiel in der Veltins-Arena. Wenn es denn wegen der Zuschauera­ussperrung­en überhaupt möglich wäre, dürfte er sich derzeit aber wohl kaum in der Kurve blicken lassen.

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Foto: Kirchner, dpa

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