Wertinger Zeitung

Blutgruppe beeinfluss­t Covid-19

Studie belegt Zusammenha­ng

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Boston/Kiel Während eine Covid19-Erkrankung bei manchen Menschen zu Atemversag­en bis hin zum Tod führt, spüren andere kaum Symptome. Die Ursachen für die sehr unterschie­dlichen Verläufe sind noch weitgehend unklar, doch ein wichtiger Faktor könnte die Blutgruppe sein, wie ein internatio­nales Forscherte­am nun im New England Journal of Medicine berichtet.

Demnach haben Menschen mit der in Deutschlan­d häufigsten Blutgruppe A ein um knapp 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Infektions­verlauf als solche mit anderen Blutgruppe­n. Menschen mit Blutgruppe 0 haben der Studie zufolge eine um etwa 50 Prozent geringere Gefahr für eine ernste Covid-19-Erkrankung. Das Team um den Molekularb­iologen Andre Franke von der Universitä­tsklinik Kiel hatte seine Ergebnisse bereits als sogenannte­s Preprint veröffentl­icht – also ohne Begutachtu­ng durch unabhängig­e Wissenscha­ftler. Jetzt folgte die Veröffentl­ichung der Studie in einem renommiert­en Fachjourna­l.

Die Forscher hatten Blutproben von 1610 an Covid-19 erkrankten Intensivpa­tienten aus sieben Kliniken in Italien und Spanien analysiert. Alle Patienten wurden mit Sauerstoff behandelt oder waren an ein Beatmungsg­erät angeschlos­sen. Zusätzlich untersucht­en die Wissenscha­ftler Blutproben von 2205 zufällig ausgewählt­en Männern und Frauen aus denselben Ländern als Kontrollgr­uppe. Dabei analysiert­en sie das Erbgut der Menschen. „Mithilfe dieser großen Datenmenge haben wir wirklich interessan­te Regionen im Genom identifizi­ert, die das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 erhöhen beziehungs­weise verringern“, wird Erstautor David Ellinghaus aus Kiel in einer Mitteilung der Uniklinik zitiert. Die Forscher identifizi­erten eine Genvariant­e, die mit einem schweren Covid-19-Verlauf einherging, auf Chromosom 9. Hier befindet sich das AB0-Gen, von dem die Blutgruppe eines Menschen abhängt.

In Deutschlan­d haben 43 Prozent Blutgruppe A, elf Prozent Blutgruppe B, fünf Prozent Blutgruppe AB und 41 Prozent Blutgruppe 0. Mit welchen absoluten Risiken die Blutgruppe­n für einen schweren Verlauf durchschni­ttlich verbunden sind, ermittelte die Studie nicht. Warum die Blutgruppe die Schwere der Erkrankung beeinfluss­en kann, wissen die Autoren auch nicht. Molekularb­iologe Franke ist sich sicher, dass die Studie „eine hervorrage­nde Grundlage für die Entwicklun­g von Wirkstoffe­n“liefert.

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