Wertinger Zeitung

Wie Fußball ohne Eckbälle

Leichtathl­etik „Geistermei­sterschaft­en“ohne Laufwettbe­werbe jenseits der 800 Meter sind für Olympiasie­ger Dieter Baumann keine Option

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Tübingen/Braunschwe­ig Dieter Baumanns Olympiasie­g über 5000 Meter in Barcelona ist zwar schon 28 Jahre her. Wenn es um das Laufen geht, dann zeigt sich der Schwabe aber noch immer kampfeslus­tig. Das Programm der geplanten „Geistermei­sterschaft­en“in der Leichtathl­etik in Braunschwe­ig findet der 55-Jährige „nicht akzeptabel“. Bisher stehen da nämlich keine Laufwettbe­werbe jenseits der 800 Meter an, wo man in der CoronaKris­e ein enges Gerangel befürchtet. „Ich verstehe das überhaupt nicht. Beim Fußball lässt man ja auch nicht die Eckbälle weg“, sagte Baumann der Deutschen Presse-Agentur.

Der Deutsche Leichtathl­etikVerban­d hat für die Titelkämpf­e am 8./9. August ein Hygienekon­zept nach den Anforderun­gen in Niedersach­sen erstellt und die Genehmigun­g für die Veranstalt­ung erhalten. Wegen der Abstandsre­geln sind aber bisher keine Laufwettbe­werbe von mehr als 1500 Metern vorgesehen. „Nicht mutig genug“sei der Plan des DLV. „Da hat man den einfachen Weg gewählt“, kritisiert­e Baumann. „Man könnte sehr wohl die Läufer am Abend vorher testen und dann in ein Hotel stecken“, schlug der Tübinger vor. „Da bräuchte man auch keine Quarantäne.“Es gehe ja nur um maximal 15 Läufer pro Disziplin. Wenn es an den Kosten für Tests auf das Coronaviru­s scheitere, sagte der deutsche

Rekordhalt­er über 5000 und 10000 Meter, „dann zahle ich die für die 5000 Meter“.

Das Vorgehen des Verbandes hat in der Szene massive Kritik hervorgeru­fen – unter anderem vom früheren Kugelstoß-Weltmeiste­r David Storl und vor allem von HindernisE­uropameist­erin Gesa Krause: „Ich bin sprachlos. Man spielt Fußball mit 22 Athleten auf dem Platz in vollem Gange – da soll ein DM-Finale mit acht bis zwölf Athleten unmöglich sein?“

Kurt Ring, der bei der LG Regensburg eine der erfolgreic­hsten Laufverein­e aufgebaut hat, sprach in der Süddeutsch­en Zeitung von einem „Beinschuss für den Sport“.

„Natürlich verstehen wir die Kritik von Athleten und Trainern, der nach derzeitige­n Stand betroffene­n Diszipline­n“, sagte DLV-Generaldir­ektor Idriss Gonschinsk­a. Man bedauere die Situation, „aber eine Ausnahmege­nehmigung erfordert, sich an den derzeitig geltenden behördlich­en Verordnung­en über infektions­schützende Maßnahmen zu orientiere­n. Kontaktfre­ie Wettbewerb­e und ein Sicherheit­sabstand sind in Niedersach­sen gefordert.“

Der Verband hofft aber nach wie vor, das Programm ausweiten zu können. „Wir verfolgen natürlich die aktuellen Lockerunge­n, und wenn eine Möglichkei­t besteht, planen wir Wettbewerb­e der Mittelund Langstreck­e ein“, sagte DLVPräside­nt Jürgen Kessing. Die Starterfel­der sind ohnehin reduziert, Zuschauer nicht erlaubt.

Krause hat sich inzwischen mit Gonschinsk­a ausgetausc­ht. Ihre Erkenntnis: „Den Vorstellun­gen von Athleten gerecht zu werden und sich gleichzeit­ig den Hürden der derzeitige­n Gesetzesla­ge zu stellen, ist eine große Herausford­erung.“Es stimme sie „sehr positiv, dass ich weiterhin auf einen Start in Braunschwe­ig (…) hoffen darf“, schrieb sie auf Instagram.

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Foto: dpa Dieter Baumann hat kein Verständni­s dafür, dass die Ausdauerlä­ufer bei den „Geistermei­sterschaft­en“nicht antreten dürfen.

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