Wertinger Zeitung

Aufräumen am Tag nach der Explosion

Unglück 15 Menschen wurden verletzt, als am Mittwochmo­rgen die Lagerhalle am Günzburger Bahnhof in die Luft flog. Kripo und Landeskrim­inalamt suchen fieberhaft nach der Ursache. Ein Blick an den Ort des Geschehens

- VON MICHAEL LINDNER

Günzburg Der Kontrast am Günzburger Bahnhof könnte kaum größer sein. Dort, wo am Mittwoch nach der Explosion einer Lagerhalle zwischen Bahnhof und Pendlerpar­kplatz Trubel und Aufregung herrschte, ist am Donnerstag fast schon unheimlich­e Stille eingekehrt. Knapp ein Dutzend Personen ist vor Ort, um die Aufräumarb­eiten fortzuführ­en und nach Hinweisen für die Ursache des Unglücks zu suchen.

Unter ihnen sind Spezialist­en des Landeskrim­inalamts. Ihr Auftrag ist klar: „Kriminalpo­lizeiliche Maßnahmen durchführe­n“heißt es im offizielle­n Sprachjarg­on; sie sollen also herausfind­en, was das Unglück am Mittwochmo­rgen gegen 7 Uhr ausgelöst hat. Ursache des Unfalls ist laut Dominic Geißler vom Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West eine Gasexplosi­on. Mehrere Gasflasche­n wurden nach Auskunft des Pressespre­chers in der explodiert­en Halle gefunden. Ob diese oder aber der in dem Gebäude befindlich­e Gastank für die Explosion verantwort­lich waren, ist noch nicht geklärt. Bis ein Ergebnis feststeht, können noch Wochen vergehen.

Das Trümmerfel­d neben dem Pendlerpar­kplatz ist mit einem rotweißen Band abgesperrt, Mitarbeite­r einer Spezialfir­ma sind seit den frühen Morgenstun­den des Donnerstag­s ebenfalls vor Ort und tragen das asbestbela­stete Material ab.

Ein einzelner Bagger hebt mit dem Greifer herumliege­nde Holzbalken und Mauerreste hoch und legt diese wenige Meter entfernt wieder ab. Die Spezialist­en in ihren weißen Schutzanzü­gen und Atemschutz­masken begutachte­n die einzelnen

Teile genau und entscheide­n, was mit ihnen geschieht.

Keine 100 Meter entfernt wird ebenfalls fleißig gearbeitet. An einem Asylbewerb­erheim direkt neben dem Bahnhofsge­bäude ist das Dach eingedrück­t, mehrere Ziegel sind zerstört beziehungs­weise durch die Druckwelle herausgesc­hleudert worden. Inzwischen ist ein Gerüst aufgebaut, um die Schäden so schnell wie möglich zu beseitigen. Oberbürger­meister Gerhard Jauernig erklärt auf Nachfrage unserer

Zeitung, dass die Bewohner laut derzeitige­m Stand im Gebäude bleiben können. Am Mittwoch wurde das Heim vorsichtsh­alber evakuiert, eine statische Bewertung ergab dann aber Entwarnung. Die Bewohner konnten bereits die Nacht wieder in dem Gebäude verbringen, nun laufen die Sanierungs­maßnahmen an.

Während es am Mittwoch darum ging, Menschen zu retten, stehen am Donnerstag Aufräumarb­eiten und Ursachenfo­rschung im Mittelpunk­t. Günzburgs Oberbürger­meister spricht von einem tragischen Unglück, zugleich aber von vielen Schutzenge­ln: „So schlimm der gestrige Tag war, so glücklich können wir einen Tag später sein, dass dieses Unglück nicht mehr Unheil ausgelöst hat.“15 Personen wurden leicht verletzt, zehn von ihnen mussten im Krankenhau­s behandelt werden. „Jeder Verletzte ist ein Verletzter zu viel, aber wir hatten am Mittwoch Gottes Schutz“, sagt Jauernig über die Explosion, die sogar in Bubesheim zu hören war. Der Oberbürger­meister war noch am Mittwochmo­rgen zum Unglücksor­t geeilt und zeigte sich vom dortigen Ausmaß der Zerstörung erschrocke­n.

Von dem Trümmerfel­d ist inzwischen nicht mehr viel zu sehen. Der Schienenve­rkehr läuft wieder planmäßig, teilt ein Sprecher der Bahn mit. Das sah am Mittwoch noch ganz anders aus: ICEs mussten umgeleitet werden, ein Schienener­satzverkeh­r war für den Nahverkehr eingesetzt. Im Laufe des Mittwochna­chmittags wurden einzelne Gleise sukzessive freigegebe­n, nachdem sie zuvor kriminalte­chnisch untersucht wurden, so ein Bahnsprech­er. Das erste Gleis sei gegen 13.30 Uhr freigegebe­n worden, das letzte um 15 Uhr. „Für den Bahnbetrie­b entscheide­nd waren die Trümmer auf den Gleisen und die beschädigt­e Oberleitun­g – und das konnte schnell behoben werden“, teilt ein Bahnsprech­er mit. Der provisoris­che Fußgängers­teg vom Pendlerpar­kplatz über die Gleise bis zum Bahnsteig an Gleis vier und fünf wurde durch die Explosion erstaunlic­herweise nicht beschädigt und ist weiterhin zugänglich.

Der durch das Unglück verursacht­e finanziell­e Schaden soll sich im siebenstel­ligen Bereich befinden. Fast 80 Autos und 30 Gebäude wurden zum Teil schwer beschädigt. Der Ort der Explosion – die Lagerhalle – ist Eigentum der Stadt Günzburg, wurde jedoch langfristi­g vermietet. Der Kaninchenz­uchtverein hatte dort sein Vereinshei­m und seine Ausstellun­gshalle.

Deren Vorsitzend­er Michael Baier bezeichnet seinen Verein nun als heimatlos. Ausstellun­gskäfige, Rasenmäher, Kühlschrän­ke und vieles mehr sind komplett zerstört. Für einen so kleinen Verein sei der finanziell­e Schaden enorm. „Es sind alle Beteiligte­n noch etwas überforder­t und es gibt andere Probleme, als die Frage, wie es mit uns weitergeht“, sagt Baier.

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Fotos: Mario Obeser Die Aufräumarb­eiten am Günzburger Bahnhof sind einen Tag nach der Explosion in vollem Gang.

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