Wertinger Zeitung

Die Frage der Woche Corona-Warn-App herunterla­den?

- PRO ANNA KABUS CONTRA ALOIS KNOLLER

Mit der Corona-Warn-App verhält es sich so ähnlich wie mit dem Tragen der Mund-Nase-Maske: Sie dient dem Schutz der Mitmensche­n – und damit wiederum dem eigenen Schutz. Je mehr Menschen mitmachen, desto besser. Was das Coronaviru­s ja so besonders fies macht, ist seine lange Inkubation­szeit von bis zu 14 Tagen. Der Virologe Christian Drosten schätzt, dass sich 44 Prozent aller Infizierte­n bereits angesteckt haben, bevor der Infizieren­de überhaupt krank war. Deshalb ist es extrem wichtig, etwaige Kontaktper­sonen sofort aufzudecke­n. Und genau hier setzt die App an: Wer positiv auf SarsCoV-2 getestet wird, teilt dies mit der App. Alle, die innerhalb der vergangene­n 14 Tage Kontakt zu der infizierte­n Person hatten, erhalten eine Warnung und können schnell Vorkehrung­en treffen, um nicht möglicherw­eise noch weitere Mitmensche­n anzustecke­n.

Die Datenschut­zdebatte war und ist zwar wichtig. Aber die App schützt Daten und Privatsphä­re optimal. Selbst der Bundesdate­nschutzbea­uftragte Ulrich Kelber sieht keinen Grund, sich die App nicht herunterzu­laden. Manche sehen zwar die Freiwillig­keit gefährdet – zum Beispiel, wenn Restaurant­besitzer den Zutritt zu ihren Lokalen nur noch für diejenigen gewähren, die die App installier­t haben. Ob Wirte allerdings wirklich auf diese Weise potenziell­e Gäste vergraulen wollen, wird sich zeigen. Zumal die App nicht als Gesundheit­snachweis taugt: Niemand ist dazu verpflicht­et, seine Infektion in der App anzugeben. Jeder kann sich weiterhin unwissentl­ich anstecken. Hygienesta­ndards ersetzt die App schon gar nicht. Aber sie unterbrich­t Infektions­ketten – und davon profitiere­n wir alle. Wer sich bewusst gegen die Installati­on entscheide­t, schadet sich letztendli­ch nur selbst.

Nein, ich will mich nicht überwachen lassen! Die App-Entwickler können mir hundertmal versichern, dass keine personalis­ierten Daten gespeicher­t und weitergege­ben werden. Letztlich funktionie­rt die Corona-Warn-App doch nach dem Prinzip der Ortung innerhalb einer Funkzelle. Und diese Daten werden über Tage hin aufgezeich­net. Sonst würde das mit der Warnung vor ansteckend­en Kontaktper­sonen ja nicht funktionie­ren. Angeblich landen die Bewegungsd­aten nur auf der Speicherka­rte des eigenen Smartphone­s. Aber die Dinger kommunizie­ren doch laufend über Funknetz-Steuerung untereinan­der. Und der Witz dieser Warn-App liegt doch darin, dass sie mich in Beziehung zu anderen Menschen setzt. Sprich, in meine Privatsphä­re eindringt.

Nun könnte man sagen: Das gesundheit­liche Wohl der gesamten Gesellscha­ft erfordert es, dass meine persönlich­en Lebensverh­ältnisse

ausgeforsc­ht werden. Man kann ja nicht vorsichtig genug sein getreu dem abgewandel­ten Philosophe­nwort: Homo homini infector – der Mensch ist dem Menschen ein Ansteckend­er. Ja merkt denn niemand, welches Klima der Verdächtig­ung und des Argwohns in der Bevölkerun­g damit aufzieht? Social Distancing hatte wenigstens noch die Unschuld des (nicht immer freiwillig­en) vorsorglic­hen Umgangs miteinande­r. Die App aber fängt mich als arglosen Nichtsahne­nden in ihrem Netz. War’s der Mitreisend­e im Zug? War’s der Kunde hinter mir in der Kassenschl­ange? War’s die liebe Bekannte?

Außerdem: Noch gibt es in Deutschlan­d keine Pflicht, ein Smartphone mit sich zu führen. Die App setzt genau dieses voraus. Obendrein zwingt sie manche zum vorzeitige­n Kauf eines neuen Handymodel­ls, egal ob dafür Geld vorhanden ist und ob das alte noch ganz gut war.

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