Wertinger Zeitung

Es ist ein Systemvers­agen

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger-allgemeine.de

Wäre der Fall Wirecard ein Drehbuch für eine Fernsehser­ie, es hätte wohl keine Chance auf Realisieru­ng gehabt: Zu weit hergeholt, so wäre vermutlich die Einschätzu­ng ausgefalle­n. Die Realität im Aschheimer Unternehme­n übertrifft die Fiktion in Serien wie „Bad Banks“: das gilt für Chaos und möglichen Betrug im Unternehme­n – und noch mehr für das gezielte Wegschauen bei den Aufsichtsb­ehörden, über deren Systemvers­agen immer neue (peinliche) Details ans Licht kommen. Ein einsamer bestellter Prüfer sollte sich etwa durch den Datennebel der Dax-Firma wühlen, bis heute ist er damit nicht fertig geworden.

Für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d ist dieser Skandal nicht einfach nur kurzfristi­g peinlich, sondern langfristi­g gefährlich. Gerade in Zeiten von Nullzinsen wäre es wichtig, dass sich hierzuland­e eine gesündere Aktienkult­ur entwickelt – denn diese bietet, trotz ewigem Auf und Ab, laut Studien langfristi­g die höchsten Renditen. Vertrauen ist der Anfang von allem, so lautete der Werbespruc­h einer Bank. Wie aber soll Vertrauen in Aktien wachsen, wenn so etwas wie Wirecard bei uns möglich ist?

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