Wertinger Zeitung

Der blamierte Bankenaufs­eher

Porträt Felix Hufelds Karriere war fast makellos, er stand für Qualität und Aufklärung. Im Skandal um Wirecard gerät er ins Kreuzfeuer – und gibt sich höchst zerknirsch­t

- Christof Paulus

Die Bilanz könnte für Felix Hufeld nicht peinlicher ausfallen: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass beim Finanzunte­rnehmen Wirecard 1,9 Milliarden Euro entweder verschwund­en sind oder nie da waren. Hinter dem Skandal steckt womöglich ein Betrug, der zu den größten der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e zählen könnte. Dass es so weit gekommen ist, daran tragen auch Hufeld und seine Kollegen Schuld. Der 59-jährige Mainzer ist Vorsitzend­er der BaFin, der mächtigen Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht.

Selbst wenn er den Skandal überstehen sollte, seine Fehler dürften ihn mehr als nur ärgern. Bisher kannten Hufeld nur wenige – vielleicht auch deshalb, weil er offenbar wenig falsch gemacht hatte. Als Behördench­ef stand er für einen hohen Anspruch, hatte Anteil an der Aufklärung

des Abgas-Skandals bei VW. Seine Karriere verlief vorbildlic­h, und auch Hufelds Lebenslauf liest sich wie einer, den man sich für einen hochrangig­en Staatsdien­er wie ihn wünscht. Auf dem Gymnasium war der Mainzer Landesschü­lerspreche­r, studierte später Rechtswiss­enschaften und ging als Stipendiat an die Elite-Universitä­t Harvard. Danach machte er Karriere bei verschiede­nen Unternehme­nsberatung­en und sich anschließe­nd selbststän­dig, bevor er eine Stelle bei der BaFin antrat. Nur zwei Jahre später stieg er 2015 dort zum Chef auf.

Fünf Jahre danach stellt ihn Wirecard vor die vielleicht größte Herausford­erung seiner Laufbahn. Um dieser Herr zu werden, wählt Hufeld den Weg der klaren Worte: Den Skandal nennt er nicht weniger als „eine Schande für Deutschlan­d“. Er spricht von „der entsetzlic­hsten Situation“, in der er jemals einen Dax-Konzern gesehen habe, und von eigenen Fehlern: „Ich nehme die öffentlich­e Kritik voll und ganz an.“Besonders bitter für ihn ist, dass er und seine Behörde ohnehin vorhatten, Wirecard unter Aufsicht zu stellen – aber es bisher noch nicht taten. Jetzt ist es zu spät. Das passt nicht zu den Ansprüchen, die Hufeld für sich selbst formuliert hatte.

Denn er tritt zwar nüchtern auf und gibt sich sachlich. Von

Extravagan­zen ist der Öffentlich­keit zumindest nichts bekannt, Hufeld ist verheirate­t und hat zwei Kinder. Doch wenn es um Inhalte geht, kann der Cello-Spieler schonungsl­os sein. So sagt er, als Aufsichtsc­hef müsse man beides können: „zupfen“und „streichen“. Oder auch „beißen“, wie er in einem Interview meinte. Das bekamen schon einige Unternehme­n deutlich zu spüren.

Zum Beispiel Tochterunt­ernehmen von Blackrock, die die BaFin gleich zu Hufelds Amtsantrit­t mit der bis dahin höchsten Strafe ihrer Geschichte belegte. Oder die Deutsche Bank, die wegen gravierend­er Mängel bei der Geldwäsche­prävention ein Bußgeld zahlen musste. Wie hart Hufeld mit sich selbst ins Gericht geht, bleibt abzuwarten: Am Mittwoch ist ein Vertreter der BaFin in den Bundestags­finanzauss­chuss geladen.

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Foto: dpa

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