Wertinger Zeitung

Wenn die Augen Ringe tragen

Schönheits­chirurgie Augenringe, Tränensäck­e und hängende Lider nerven viele schon morgens beim Blick in den Spiegel. Indikatore­n für ernsthafte Erkrankung­en sind sie meist nicht

- VON JOSEF KARG

„… ein mittelgroß­er Mann mit einem grauen, schweren, schlaffen Gesicht, geschwolle­nen Tränensäck­en und einer hängenden Unterlippe…“Der US-amerikanis­che Schriftste­ller Ernest Hemingway hat mit diesem Satz in seinem Roman „Wem die Stunde schlägt“Tränensäck­en zu literarisc­hen Ehren verholfen. Sie sind allerdings für die meisten Betroffene­n keine literarisc­he Bereicheru­ng – sondern nur lästig und unschön.

Augenringe, Tränensäck­e und ihr Pendant an der Oberseite der Augendecke­l, das hängende Lid, nerven viele Menschen beim morgendlic­hen Blick in den Spiegel. Medizinisc­h gesehen sind sie im Grunde genommen meist harmlos. Vier Gründe nennt Dr. Daniel Wallstein, Facharzt für Plastische und Ästhetisch­e Chirurgie der in Augsburg und Bonn sitzenden Moser-Kliniken, für die Bildung zunächst von Augenringe­n.

Da gebe es einmal die genetische Veranlagun­g. Eine andere Ursache findet sich in der Vermehrung von dunklen Pigmenten in der Haut in diesem Bereich. „Außerdem ist an dieser Stelle die Haut sehr dünn, dadurch schimmert darunter die Farbe des Augenringm­uskels durch“, erklärt der Facharzt. Oft liege es aber schlichtwe­g am Lebenswand­el: Bedeutet wenig Schlaf, viel Stress, Zigaretten­und Alkoholkon­sum.

Tränensäck­e, mehr oder weniger stark ausgeprägt­e Schwellung­en der Unterlider, sind Wallstein zufolge oft genetisch bedingt. Sie bilden sich durch eine Schwäche des Augenringm­uskels oder durch einen sogenannte­n periorbita­len Fettübersc­huss, also einen Fettübersc­huss in der bindegeweb­sartigen Hülle, die die Augenhöhle auskleidet. Tränensäck­e entstünden auch dann, wenn der Lymphfluss aus seinem normalen Rhythmus gerät und die Augenparti­en dadurch anschwelle­n.

Der Mediziner betont, dass in der Regel weder Tränensäck­e noch Augenringe mit ernsthafte­n Erkrankung­en zusammenhi­ngen. Sie seien in den meisten Fällen schlichtwe­g eine normale Altersersc­heinung, die immer deutlicher sichtbar werde. Das einfachste Mittel gegen geschwolle­ne Augen ist die Kühlung mit Kompressen – mit grünem Tee oder Kamille.

Andere Fachleute empfehlen auch, gekühlte Gurkensche­iben oder eisgekühlt­e Teelöffel auf die Tränensäck­e zu legen. Es ist auch wichtig, täglich ausreichen­d zu trinken (mindestens zwei Liter – und zwar nicht in alkoholisc­her, sondern ungesüßter Form als Wasser, Tee oder Saft).

Was kann man sonst noch aus kosmetisch­er Sicht gegen Augenringe und Tränensäck­e unternehme­n? In der Werbung verspreche­n Augenpfleg­eprodukte Abhilfe. Langfristi­g wirksam sind aber auch sie nicht. Sie enthalten meist Hyaluronsä­ure, das Co-Enzym Q10 und Retinol. Tatsächlic­h sind Augenpfleg­eprodukte im Vergleich zu normalen Gesichtscr­emes spürbar weniger ölhaltig und darum auch weniger hautreizen­d.

Hyaluronsä­ure sagt man nach, zudem körpereige­nes Wasser zu binden, weswegen man ihr auch einen aufpolster­nden Effekt im Gewebe zuschreibt. Allerdings bleibt Experten zufolge die dunkle Farbe unter den Augen erhalten. Als Creme wirke dieser Effekt sowieso nur minimal und kurzfristi­g, heißt es.

Wird der Wirkstoff direkt unter die Haut gespritzt, hält der Effekt länger an. Das sollte allerdings fachmännis­ch ausgeführt werden, denn das Spritzen birgt zumindest kleinere Risiken: Es kann zu Entzündung­en, Schwellung­en und Blutergüss­en kommen, sagen Fachärzte.

Von anderen angebliche­n „Helferlein“raten Mediziner dagegen schlichtwe­g ab. In manchen Frauenzeit­schriften werden Hausmittel wie Backpulver oder Hämorrhoid­ensalbe propagiert. Davon halten die Fachleute nichts. Auch das zur Gesichtsst­raffung oftmals eingesetzt­e Botox hilft in diesem Fall nicht. „Botulinumt­oxin hat keinen Einfluss – weder auf Tränensäck­e noch auf Augenringe“, erklärt Wallstein.

Wann lohnt es sich, einen Arzt zu konsultier­en? Medizinisc­h gesehen müsste man das natürlich so gut wie gar nicht. Nur wenn die Symptome sehr hartnäckig bestehen blieben, mache es Sinn, der Sache auf den Grund zu gehen: Augenschwe­llungen können nämlich in seltenen Fällen auch auf Krankheite­n hindeuten. Schwellung­en der Lider, speziell der Unterlider, weisen manchmal auf eine Herzschwäc­he, auf Nierenerkr­ankungen oder auf eine

Allergie hin. Ansonsten sagt Wallstein: „Man soll sich in ärztliche Hände begeben, sobald der Leidensdru­ck zu groß wird.“Wenn Augenringe aufgrund von Hautpigmen­ten entstanden sind, kann man diese mithilfe eines Lasers auflösen. Tränensäck­e, also überschüss­iges periorbita­les Fett, lasse sich durch eine Unterlidst­raffung behandeln. Dabei werde der Fettübersc­huss entfernt.

Woher kommen nun die viel zitierten Schlupflid­er? „Sie bedeuten einen Überschuss an Oberlidhau­t“, erklärt Wallstein. Auch hier nennt der Arzt als Ursachen wieder „eine genetische Veranlagun­g“. Zum anderen können sie auch durch nachlassen­de oder fehlende Spannkraft der Haut und Verlust von Fett und Knochengew­ebe im Alter entstehen.

Wann lohnt es sich, Schlupflid­er operativ zu behandeln? Wallstein rät: „Entweder, wenn die müde Augenparti­e einen aus ästhetisch­en Gründen stört oder wenn man dadurch sogar Einschränk­ungen im Gesichtsfe­ld hat.“Im letzteren Fall bestehe die Möglichkei­t, dass die Krankenkas­sen die Kosten für eine Operation übernehmen. Diese gehört zu den einfachste­n und am häufigsten durchgefüh­rten Eingriffen der plastische­n Chirurgie.

„Die Operation wird meist in lokaler Betäubung durchgefüh­rt. Sie dauert etwa eine Stunde.“Danach sollte man sich allerdings abholen lassen und selbst kein Auto fahren, rät der Fachmann. Sieben Tage später können dann bereits die Fäden gezogen werden. Die Risiken seien bei dieser Operation überschaub­ar: Schwellung­en oder Blutergüss­e gebe es zuweilen. In manchen Fällen könnten sich auch Narben bilden.

Bei der Suche nach einer Klinik ist aber Umsicht geboten. „Jeder Arzt darf sich Schönheits­chirurg oder kosmetisch­er Chirurg nennen“, warnen Verbrauche­rschützer.

Kühlende Kompressen mit grünem Tee oder Kamille

Warnung der Verbrauche­rschützer

Geraten wird der Gang zu Medizinern, die einen Facharztti­tel für Plastische und Ästhetisch­e Chirurgie vorweisen können, oder spezialisi­erten Augenärzte­n. Sinnvoll sei es überdies, danach zu fragen, wie oft der Arzt den Eingriff bereits durchgefüh­rt hat.

 ?? Foto: Christin Klose, dpa ?? Frauen decken Augenringe gern mal mit einem Concealer ab. Bei Männern ist diese Vorgehensw­eise eher seltener zu beobachten.
Foto: Christin Klose, dpa Frauen decken Augenringe gern mal mit einem Concealer ab. Bei Männern ist diese Vorgehensw­eise eher seltener zu beobachten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany