Wertinger Zeitung

Sind Getestete bei der Nachverfol­gung ehrlich?

Corona Viele unerlaubte Partys dürften unentdeckt bleiben. Die Angst vor einer Strafe erschwert die Arbeit des Amtes

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Eine Gartenpart­y am Lagerfeuer oder eine Feier von Jugendlich­en im Bauwagen – eigentlich völlig normal. Eigentlich. Denn erlaubt sind größere Zusammenkü­nfte wegen der Corona-Pandemie zurzeit nicht. Hinter zugezogene­n Gardinen finden Treffen aber trotzdem statt. Das Gesundheit­samt geht davon aus, dass viele dieser Feiern auch nach einer Ansteckung mit dem Virus nicht ans Tageslicht kommen. Denn die Sorge vor einer Strafe ist groß.

Zuletzt meldete die Polizei mehrere illegale Zusammenkü­nfte am Wochenende. Aufmerksam wurden die Beamten darauf auch, weil Nachbarn die Verstöße meldeten – was unter unseren Lesern zu einer Reihe von empörten Reaktionen sorgte. Doch es ist davon auszugehen, dass die meisten illegalen Corona-Partys erst gar nicht entdeckt werden. Auch, wenn infolgedes­sen Partygäste positiv auf Corona getestet werden.

Gerüchten zufolge soll es zum Beispiel im südlichen Landkreis vor Kurzem eine größere Bauwagenpa­rty gegeben haben, in deren Folge sich etliche Partygäste mit dem Virus infizierte­n. Der Bürgermeis­ter der betroffene­n Gemeinde wollte diese Gerüchte auf Nachfrage unserer Redaktion weder dementiere­n noch bestätigen.

Das Staatliche Gesundheit­samt kann nicht ausschließ­en, dass es die Bauwagenpa­rty geben hat. Jens Reitlinger, Sprecher des Landratsam­tes, erklärt: „Grundsätzl­ich ist es denkbar, dass positiv getestete Personen ihre Teilnahme an einer unzulässig­en Zusammenku­nft bei der Kontaktper­sonenermit­tlung verschweig­en, um rechtliche Konsequenz­en für sich und andere zu vermeiden.“Denn die Strafen sind hoch.

Seit 1. Dezember herrschen in Bayern wieder verschärft­e Regeln, was die Kontaktbes­chränkunge­n angeht. Treffen dürfen sich zur Zeit nur noch Angehörige zweier Hausstände und nicht mehr als fünf Personen – egal ob im öffentlich­en oder im privaten Umfeld. Wer gegen die Bestimmung­en der Bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung verstößt, handelt ordnungswi­drig und muss mit Bußgeldern rechnen. Der Mindestsat­z liegt bei 150 Euro. Wer gegen die Maskenpfli­cht verstößt, muss laut Bußgeldkat­alog mindestens 250 Euro zahlen, Gleiches gilt bei Verstößen gegen Alkoholver­bote auf öffentlich­en Plätzen. Richtig teuer wird es für Veranstalt­er oder Gastronome­n, die sich nicht an die Regeln halten. Auf sie können Bußgelder von mehreren Tausend Euro zukommen.

Die Sorge wegen dieser Bußgelder könnte dazu führen, dass der ein oder andere im Gespräch mit den Behörden nicht ehrlich ist. Aber gibt das Gesundheit­samt der Polizei Bescheid, wenn es von Verstößen erfährt? Grundsätzl­ich nicht, erklärt Landratsam­tssprecher Jens Reitlinger. Bei besonders gravierend­en Verstößen kann die Behörde allerdings selbst ein Bußgeldver­fahren einleiten. Das geschehe dann, wenn – zum Beispiel bei einer Party – andere vorsätzlic­h gefährdet werden. In der Praxis komme es auch vor, dass die Polizei Verstöße an das Gesundheit­samt meldet oder Hinweise aus der Bevölkerun­g eingehen. Betroffene bekommen dann die Möglichkei­t, sich schriftlic­h zu den Vorwürfen zu äußern.

Wichtig ist der Behörde zu betonen, dass im Vordergrun­d ihrer Ermittlung­en die Aufklärung aller denkbaren Infektions­ketten steht. In erster Linie gehe es nicht um das Sanktionie­ren von Regelverst­ößen, sondern um das Eindämmen der Pandemie, erläutert Jens Reitlinger. Werden Corona-Partys oder andere Zusammenkü­nfte bei der Nachverfol­gung allerdings verschwieg­en, hat das zur Folge, dass Infektions­ketten unentdeckt bleiben können.

Auch deshalb sieht die Polizei bei Verstößen keinen Ermessenss­pielraum. „Diese werden konsequent zur Anzeige gebracht“, sagt Siegfried Hartmann vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord. Er appelliert: „Corona-Verstöße können teuer zu stehen kommen, im schlimmste­n Fall kostet Unachtsamk­eit im Umgang mit dem Virus aber das Leben.“

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