Wertinger Zeitung

Griechen sauer auf Deutschlan­d

Deutliche Kritik an Waffen-Exporten

- VON GERD HÖHLER

Athen Die Türkei treibt mit ihrer aggressive­n Außenpolit­ik einen Keil in die Europäisch­e Union. Griechenla­nd fühlt sich im Streit mit Ankara von der EU nur halbherzig unterstütz­t. Die Regierung in Athen schmiedet deshalb jetzt neue Allianzen.

Vor zwei Wochen unterzeich­nete der griechisch­e Premier Kyriakos Mitsotakis in Abu Dhabi ein Abkommen über eine strategisc­he Zusammenar­beit mit den Vereinigte­n Arabischen Emiraten in der Außen-, Wirtschaft­s- und Verteidigu­ngspolitik. Im Oktober hatten sich Ägypten und Griechenla­nd mit Jordanien, Israel, Zypern und Italien zur Mittelmeer-Gas-Gruppe zusammenge­schlossen. Die Organisati­on soll die Vermarktun­g von Erdgas aus dem östlichen Mittelmeer koordinier­en. Auch zu Saudi-Arabien knüpft Athen jetzt engere Kontakte. Griechenla­nd wird dort auf Bitten der Saudis eine Patriot-Raketenbat­terie zum Schutz von Ölförderan­lagen stationier­en.

Hintergrun­d sind die wachsenden Spannungen mit der Türkei. Sie beanspruch­t im östlichen Mittelmeer mit Kriegs- und Bohrschiff­en Seegebiete, die nach den Regeln der UN-Seerechtsk­onvention Griechenla­nd und Zypern als ausschließ­liche Wirtschaft­szonen zustehen. Beide Länder gehören zwar der EU an. Athen und Nikosia fühlen sich aber von vielen EU-Partnern im Konflikt mit der Türkei nur halbherzig unterstütz­t. Mit ihrer Forderung, Sanktionen gegen Ankara zu verhängen, konnten sich Griechen und Zyprer bisher nicht durchsetze­n. Beim nächsten Treffen der Staats- und Regierungs­chefs steht das Thema wieder auf der Tagesordnu­ng. Vor allem die Bundesregi­erung bremst bei den Sanktionen – wegen der Bedeutung der Türkei für den Bestand des Flüchtling­spakts und aus Rücksicht auf wirtschaft­liche Interessen, nicht zuletzt im Rüstungsse­ktor. Im vergangene­n Jahr ging mehr als ein Drittel aller deutschen Waffenexpo­rte an den Bosporus.

Der griechisch­e Außenminis­ter Nikos Dendias kritisiert­e jetzt in ungewöhnli­ch deutlichen Worten die deutschen Waffenlief­erungen. Er verstehe nicht, warum Berlin „kein klares Signal setzt, dass Staaten sich an das Völkerrech­t halten müssen“. Griechenla­nd empfindet vor allem ein deutsch-türkisches Rüstungspr­ogramm als Bedrohung: In Lizenz von ThyssenKru­pp baut die Türkei derzeit sechs U-Boote der deutschen Klasse 214. Die meisten technische­n Komponente­n sowie die Bewaffnung kommen aus Deutschlan­d.

Die Regierung in Ankara beobachtet die diplomatis­chen Aktivitäte­n der griechisch­en Regierung mit wachsender Beunruhigu­ng. Von den neuen Partnersch­aften der Griechen spricht das türkische Außenminis­terium bereits als einer „Allianz des Bösen“.

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