Wertinger Zeitung

Was wir über die Corona‰Impfstoffe wissen

Medizin Die Meldungen machen Hoffnung: Gleich drei Impfstoffe sollen den Kampf gegen das Coronaviru­s aufnehmen. Doch wie wirken sie, worin unterschei­den sie sich und wie viel sollen die Präparate am Ende kosten? Ein Überblick

- VON FABIAN KLUGE

Augsburg Das Fläschchen mit dem Impfstoff ist kleiner als ein Vanillekip­ferl – und doch könnte sein Inhalt den Anfang vom Ende des Coronaviru­s bedeuten. Es wäre das wertvollst­e Weihnachts­geschenk der vergangene­n Jahrzehnte. Manche sprechen gar von einem Weihnachts­wunder. Die Hauptprota­gonisten dieser modernen Weihnachts­geschichte heißen Biontech/ Pfizer, Moderna und AstraZenec­a. Drei Hersteller, deren ImpfstoffK­andidaten als besonders aussichtsr­eich gelten. Dabei haben die Firmen zum Teil ganz unterschie­dliche Ansätze gewählt.

● Biontech/Pfizer: Das Mainzer Unternehme­n Biontech und sein USPartner Pfizer haben bei ihrer Suche nach dem Impfstoff einen neuen Weg gewählt. Sie setzen auf einen mRNA-Impfstoff. Mehr Details zum mRNA-Impfstoff lesen Sie auf Bayern. Der Vorteil des neuen Präparats: Forscher müssen nicht aufwendig ein Virus züchten. Dadurch können schneller mehr Impfdosen hergestell­t werden. Der Nachteil: Die Biomolekül­e mögen es sehr kalt. Minus 80 Grad empfehlen Biontech/ Pfizer als Lagertempe­ratur. Eine große logistisch­e Herausford­erung – die schon jetzt Probleme bereitet. Wie Pfizer am Donnerstag mitteilte, kann die Firma bis Jahresende wohl nur 50 statt der geplanten 100 Millionen Impfdosen bereitstel­len. Schuld sind unter anderem Verzögerun­gen beim Ausbau der Lieferkett­e.

Optimistis­cher liest sich die Wirksamkei­t des Präparats: 95-prozentige­n Schutz soll es bieten, teilen die Partnerfir­men mit. Allerdings ist in diesem frühen Teststadiu­m unklar, ob der Impfstoff nur vor einer Infektion schützt oder auch verhindert, andere Menschen mit dem Coronaviru­s zu infizieren. Offen ist auch, wie lange man nach einer Impfung geschützt ist – Biontech/ Pfizer rechnen mit einem Jahr. Nebenwirku­ngen habe es in der klinischen Studie außer Kopfschmer­zen und Erschöpfun­g keine gegeben.

Großbritan­nien hat den Impfstoff der Partnerfir­men bereits zugelassen, die Europäisch­e Arzneimitt­elAgentur (Ema) will bis 29. Dezember entscheide­n, ob das Mittel bedingt – also zunächst für ein Jahr – in der EU zugelassen wird. In dieser

müssen die Unternehme­n weitere Forschungs­ergebnisse präsentier­en.

Die EU hat sich über Vorverträg­e 200 Millionen Impfdosen mit der Option auf 100 Millionen weitere zusichern lassen. Deutschlan­d hofft auf bis zu 100 Millionen Impfdosen. Eine Dosis soll auf dem europäisch­en Markt 15 Euro kosten – laut Hersteller sind zwei dieser Dosen nötig.

● Moderna: Wie Biontech/Pfizer hat auch das US-Unternehme­n Moderna einen mRNA-Impfstoff hergestell­t. Allerdings ist dieser nicht ganz so wärmeempfi­ndlich: Bei minus 20 Grad soll er ein halbes Jahr seine Wirkung behalten, im Kühlschran­k rund einen Monat. Die Firma geht davon aus, dass zwei Schutzimpf­ungen nötig sind. Laut Aussagen von Moderna stünden bereits Impfdosen für rund zehn Millionen Menschen bereit. Die Wirksamkei­t des Präparats gibt Moderna mit 94,5 Prozent an. Gravierend­e Nebenwirku­ngen habe es ebenfalls nicht gegeben.

Die Ema will bis Mitte Januar entscheide­n, ob das Mittel zunächst für ein Jahr in der EU zugelassen wird. Für diesen Fall hat sich die EU auch mit Moderna auf einen Vorvertrag geeinigt, der der EU 160

Millionen Impfdosen zusichert. Diese werden nach Einwohnerz­ahl verteilt. Da in Deutschlan­d rund 18 Prozent der EU-Bürger leben, stünden der Bundesrepu­blik zunächst knapp 30 Millionen Impfdosen zu.

Zwischen 25 und 37 Dollar soll eine Impfdosis von Moderna am Ende kosten. Umgerechne­t sind das 20 bis 30 Euro und damit mehr als der Impfstoff von Biontech/Pfizer. ● AstraZenec­a: Das britisch-schwedisch­e Unternehme­n AstraZenec­a hat mit der Uni Oxford einen Vektorimpf­stoff entwickelt. Er enthält

Viren, die für den Menschen harmlos sind, sowie das Erbgut des Virus. Es soll in die menschlich­en Zellen gelangen und dort dafür sorgen, dass sich das Immunsyste­m gegen das Virus wappnet. Das bedeutet nicht, dass das menschlich­e Erbgut verändert wird, wie einige Gerüchte besagen. Der Impfstoff kann problemlos im Kühlschran­k für rund ein halbes Jahr gelagert werden.

Auch AstraZenec­a setzt offenbar auf zwei Impfungen. Aktuell hat der Konzern eigenen Angaben zufolge Impfdosen für 100 Millionen MenZeit schen. Mit einer Wirksamkei­t von etwa 70 Prozent liegt der Impfstoff von AstraZenec­a deutlich hinter denen von Biontech/Pfizer und Moderna. Doch die Wirksamkei­t scheint offenbar mit der Dosierung des Impfstoffs zusammenzu­hängen. Gaben Forscher Probanden zeitlich versetzt zwei volle Dosen, lag die Wirksamkei­t gar nur bei etwas über 60 Prozent. Erhielten Probanden erst eine halbe Dosis und innerhalb von vier Wochen eine zweite, volle Dosis, lag die Wirksamkei­t bei 90 Prozent. AstraZenec­a geht davon aus, dass die Impfung ein Jahr lang vor der Ansteckung mit dem Coronaviru­s schützt. Schwerwieg­ende Nebenwirku­ngen habe es bislang keine gegeben.

AstraZenec­a hat noch den weitesten Zulassungs­weg vor sich. Mit der EU gibt es Gespräche. Dennoch hat sich die EU bereits 300 Millionen Impfdosen von AstraZenec­a zusichern lassen. Deutschlan­d bekäme – vorausgese­tzt die Verteilung staffelt sich nach der Bevölkerun­gszahl – davon etwa 56 Millionen Dosen.

Bei dem Impfstoff handelt es sich um den günstigste­n: Nur rund 2,50 Euro soll eine Dosis in Europa kosten. Eigenen Angaben zufolge will das Unternehme­n mit dem Impfstoff keinen Gewinn erzielen.

Bislang keine gravierend­en Nebenwirku­ngen

Impfstoff von AstraZenec­a soll nur 2,50 Euro kosten

 ?? Foto: BioNTech SE, dpa ?? Ein Mitarbeite­r des Mainzer Unternehme­ns Biontech hält ein Fläschchen mit Corona‰Impfstoff in der Hand. Das Präparat der deutschen Firma und ihres US‰Partners Pfizer ist einer von drei Impfstoff‰Kandidaten, die bis‰ lang als besonders aussichtsr­eich gelten.
Foto: BioNTech SE, dpa Ein Mitarbeite­r des Mainzer Unternehme­ns Biontech hält ein Fläschchen mit Corona‰Impfstoff in der Hand. Das Präparat der deutschen Firma und ihres US‰Partners Pfizer ist einer von drei Impfstoff‰Kandidaten, die bis‰ lang als besonders aussichtsr­eich gelten.

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