Was wir über die CoronaImpfstoffe wissen
Medizin Die Meldungen machen Hoffnung: Gleich drei Impfstoffe sollen den Kampf gegen das Coronavirus aufnehmen. Doch wie wirken sie, worin unterscheiden sie sich und wie viel sollen die Präparate am Ende kosten? Ein Überblick
Augsburg Das Fläschchen mit dem Impfstoff ist kleiner als ein Vanillekipferl – und doch könnte sein Inhalt den Anfang vom Ende des Coronavirus bedeuten. Es wäre das wertvollste Weihnachtsgeschenk der vergangenen Jahrzehnte. Manche sprechen gar von einem Weihnachtswunder. Die Hauptprotagonisten dieser modernen Weihnachtsgeschichte heißen Biontech/ Pfizer, Moderna und AstraZeneca. Drei Hersteller, deren ImpfstoffKandidaten als besonders aussichtsreich gelten. Dabei haben die Firmen zum Teil ganz unterschiedliche Ansätze gewählt.
● Biontech/Pfizer: Das Mainzer Unternehmen Biontech und sein USPartner Pfizer haben bei ihrer Suche nach dem Impfstoff einen neuen Weg gewählt. Sie setzen auf einen mRNA-Impfstoff. Mehr Details zum mRNA-Impfstoff lesen Sie auf Bayern. Der Vorteil des neuen Präparats: Forscher müssen nicht aufwendig ein Virus züchten. Dadurch können schneller mehr Impfdosen hergestellt werden. Der Nachteil: Die Biomoleküle mögen es sehr kalt. Minus 80 Grad empfehlen Biontech/ Pfizer als Lagertemperatur. Eine große logistische Herausforderung – die schon jetzt Probleme bereitet. Wie Pfizer am Donnerstag mitteilte, kann die Firma bis Jahresende wohl nur 50 statt der geplanten 100 Millionen Impfdosen bereitstellen. Schuld sind unter anderem Verzögerungen beim Ausbau der Lieferkette.
Optimistischer liest sich die Wirksamkeit des Präparats: 95-prozentigen Schutz soll es bieten, teilen die Partnerfirmen mit. Allerdings ist in diesem frühen Teststadium unklar, ob der Impfstoff nur vor einer Infektion schützt oder auch verhindert, andere Menschen mit dem Coronavirus zu infizieren. Offen ist auch, wie lange man nach einer Impfung geschützt ist – Biontech/ Pfizer rechnen mit einem Jahr. Nebenwirkungen habe es in der klinischen Studie außer Kopfschmerzen und Erschöpfung keine gegeben.
Großbritannien hat den Impfstoff der Partnerfirmen bereits zugelassen, die Europäische ArzneimittelAgentur (Ema) will bis 29. Dezember entscheiden, ob das Mittel bedingt – also zunächst für ein Jahr – in der EU zugelassen wird. In dieser
müssen die Unternehmen weitere Forschungsergebnisse präsentieren.
Die EU hat sich über Vorverträge 200 Millionen Impfdosen mit der Option auf 100 Millionen weitere zusichern lassen. Deutschland hofft auf bis zu 100 Millionen Impfdosen. Eine Dosis soll auf dem europäischen Markt 15 Euro kosten – laut Hersteller sind zwei dieser Dosen nötig.
● Moderna: Wie Biontech/Pfizer hat auch das US-Unternehmen Moderna einen mRNA-Impfstoff hergestellt. Allerdings ist dieser nicht ganz so wärmeempfindlich: Bei minus 20 Grad soll er ein halbes Jahr seine Wirkung behalten, im Kühlschrank rund einen Monat. Die Firma geht davon aus, dass zwei Schutzimpfungen nötig sind. Laut Aussagen von Moderna stünden bereits Impfdosen für rund zehn Millionen Menschen bereit. Die Wirksamkeit des Präparats gibt Moderna mit 94,5 Prozent an. Gravierende Nebenwirkungen habe es ebenfalls nicht gegeben.
Die Ema will bis Mitte Januar entscheiden, ob das Mittel zunächst für ein Jahr in der EU zugelassen wird. Für diesen Fall hat sich die EU auch mit Moderna auf einen Vorvertrag geeinigt, der der EU 160
Millionen Impfdosen zusichert. Diese werden nach Einwohnerzahl verteilt. Da in Deutschland rund 18 Prozent der EU-Bürger leben, stünden der Bundesrepublik zunächst knapp 30 Millionen Impfdosen zu.
Zwischen 25 und 37 Dollar soll eine Impfdosis von Moderna am Ende kosten. Umgerechnet sind das 20 bis 30 Euro und damit mehr als der Impfstoff von Biontech/Pfizer. ● AstraZeneca: Das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca hat mit der Uni Oxford einen Vektorimpfstoff entwickelt. Er enthält
Viren, die für den Menschen harmlos sind, sowie das Erbgut des Virus. Es soll in die menschlichen Zellen gelangen und dort dafür sorgen, dass sich das Immunsystem gegen das Virus wappnet. Das bedeutet nicht, dass das menschliche Erbgut verändert wird, wie einige Gerüchte besagen. Der Impfstoff kann problemlos im Kühlschrank für rund ein halbes Jahr gelagert werden.
Auch AstraZeneca setzt offenbar auf zwei Impfungen. Aktuell hat der Konzern eigenen Angaben zufolge Impfdosen für 100 Millionen MenZeit schen. Mit einer Wirksamkeit von etwa 70 Prozent liegt der Impfstoff von AstraZeneca deutlich hinter denen von Biontech/Pfizer und Moderna. Doch die Wirksamkeit scheint offenbar mit der Dosierung des Impfstoffs zusammenzuhängen. Gaben Forscher Probanden zeitlich versetzt zwei volle Dosen, lag die Wirksamkeit gar nur bei etwas über 60 Prozent. Erhielten Probanden erst eine halbe Dosis und innerhalb von vier Wochen eine zweite, volle Dosis, lag die Wirksamkeit bei 90 Prozent. AstraZeneca geht davon aus, dass die Impfung ein Jahr lang vor der Ansteckung mit dem Coronavirus schützt. Schwerwiegende Nebenwirkungen habe es bislang keine gegeben.
AstraZeneca hat noch den weitesten Zulassungsweg vor sich. Mit der EU gibt es Gespräche. Dennoch hat sich die EU bereits 300 Millionen Impfdosen von AstraZeneca zusichern lassen. Deutschland bekäme – vorausgesetzt die Verteilung staffelt sich nach der Bevölkerungszahl – davon etwa 56 Millionen Dosen.
Bei dem Impfstoff handelt es sich um den günstigsten: Nur rund 2,50 Euro soll eine Dosis in Europa kosten. Eigenen Angaben zufolge will das Unternehmen mit dem Impfstoff keinen Gewinn erzielen.
Bislang keine gravierenden Nebenwirkungen
Impfstoff von AstraZeneca soll nur 2,50 Euro kosten