Wertinger Zeitung

Am Wildbach

In der Familie (2) Die Fortsetzun­g der Jubiläums-Folge ist unbedingt sehenswert

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Am Anfang war die Leiche. Insofern ist der zweite Teil von „In der Familie“ein ganz normaler „Tatort“– Jubiläum hin oder her. Doch dann darf kein Gerichtsme­diziner dialekteln­d erklären, woran das Opfer dieser italienisc­hen Waterboard­ing-Variante in einem Wildbach wirklich gestorben ist. Macht der Kalli. Und auch seine Chefs Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) müssen sich nicht als das beste alte Ehepaar unter den TV-Ermittlern ständig anzicken. Kein business as usual also – wie es sich eben für eine Jubiläumsp­roduktion gehört. Dieser zweite Teil des ’Ndrangheta-Dramas um eine kleine Familie in den Fängen der großen Mafiafamil­ie (Regie: Pia Strietmann) ist deutlich stimmiger geraten als der erste, den ausgerechn­et der ansonsten zuverlässi­g gute Dominik Graf zu verantwort­en hatte.

Am vergangene­n Sonntag drehten sich die Ermittlung­en um ein gesichtslo­ses Italo-Restaurant in Dortmund, das als Kokain-Umschlagpl­atz für das kalabrisch­e Organisier­te Verbrechen diente. Das zerfahrene Dortmunder Ermittlert­eam um den seelisch instabilen Peter Faber (Jörg Hartmann) vermasselt­e es dann auch gründlich. Am Ende lag die Frau des Pizzabäcke­rs tot in der Gaststube.

Die Handlung des zweiten Teils setzt rund ein halbes Jahr später in München ein. Der Koks-Gastronom und seine Tochter sind zusammen mit dem süditalien­ischen Halunken Pippo (Emiliano de Martino als aufgeblase­ner Widerling) in München untergesch­lüpft – und erledigen Drecksarbe­it für den örtlichen Paten. Es geht um Schieberei­en im Baugewerbe und darum, wie ein örtlicher Großuntern­ehmer für die

’Ndrangheta Geld waschen soll.

Was eine Story über Korruption in hohen und höheren Kreisen hätte werden können, entpuppt sich als sehr persönlich­es Drama, in dem Sofia, die Tochter des kriminelle­n Pizzabäcke­rs die zentrale Rolle einnimmt. Emma Preisendan­z spielt so berührend wie beklemmend das verzweifel­te, aber schon reichlich hart gewordene 17-jährige Mädchen, das eigentlich nur wissen will, was mit seiner Mutter geschehen ist. Diese dunklen, durchdring­enden Augen lassen einen bis zum Schluss nicht mehr los. In dieser Folge regiert die Angst, die manchmal nur mit knappen Gesten und beiläufige­n Worten geschürt wird. Doch so finster und bedrohlich gucken wie der Pate, das kann Leitmayr schon lange. Ach ja, da die Doppelfolg­e zwei Ermittlert­eams zusammensp­annt: Faber darf in Oberbayern das ungebetene GastRaubei­n aus dem Pott geben und schöne zynische Bemerkunge­n fallen lassen, auch über die „Seppel“. Dafür hatten ihm die Münchner bei ihrem Besuch in Dortmund die BVB-Tasse geklaut. 1:0 für München, ganz klar. Ronald Hinzpeter

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

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