Wertinger Zeitung

Nichts Genaues weiß man nicht

Nationalma­nnschaft Oliver Bierhoff äußert Kritik an Joachim Löw und der Nationalma­nnschaft nur in homöopathi­schen Dosen. Einem ausrangier­ten Trio öffnet er allerdings die Tür

- VON TILMANN MEHL Bremerhave­n – Wolfsburg EHC Freiburg – Bad Nauheim Bayreuth Tigers – EV Landshut

Frankfurt am Main Natürlich hatte Oliver Bierhoff die Ärmel hochgekrem­pelt. Anders als beispielsw­eise Joachim Löw versteht sich der Direktor Nationalma­nnschaften (welch schöner Titel!) hervorrage­nd auf die passende Bildsprach­e. Während sich der Bundestrai­ner schon mal in einem scheinbar unbeachtet­en Moment an der Körpermitt­e herum nestelt, würde Bierhoff so etwas nicht passieren.

Ärmel also hoch und dann schön geradeaus. So funktionie­rt Selbstkrit­ik. Solche war zu erwarten, als der Deutsche Fußball-Bund zu einer digitalen Pressekonf­erenz mit Bierhoff eingeladen hatte. Es gab ja genug zu besprechen. Das als desaströs empfundene 0:6 gegen Spanien. Die Frage, ob Joachim Löw noch der richtige Trainer ist. Wie es um das Verhältnis zwischen Bundestrai­ner und DFB-Präsident Fritz Keller bestellt ist? Natürlich auch mal wieder: Wie schaut es denn eigentlich mit der Nationalma­nnschaftsk­arriere der Herren Müller, Boateng und Hummels aus?

Nach der 90-minütigen Runde lässt sich feststelle­n: Nichts Genaues weiß man nicht. Bierhoff nämlich blieb größtentei­ls im Vagen. Selbstvers­tändlich blieb ihm weitestgeh­end nicht viel anderes möglich. Er hat gefälligst loyal zu sein. Immerhin versteckte er in einigen Nebensätze­n den Hauch jener Konsequenz, den sich viele Fans nach dem 0:6 gegen Spanien erwünscht hätten. Bierhoff hält Löw zwar weiterhin für den richtigen Bundestrai­ner, betonte aber nochmals, dass dieses Vertrauen vorerst nur bis zur Europameis­terschaft im kommenden Jahr gilt. „Eine Garantie hat man nicht. Aber ich glaube daran“, so der 52-Jährige zu Chancen eines erfolgreic­hen Turniers. Immerhin räumte er ein, dass er sich eine andere Art der Kommunikat­ion von Löw erwünsche. Der hat sich seit der Niederlage in Spanien aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen.

Auch deshalb sprach nun Bierhoff zur Presse – Löw und Keller sollen immerhin in den kommenden Wochen folgen, kündigte Pressespre­cher Jens Grittner an. Dann dürfte möglicherw­eise auch klarer werden, wie deutlich Keller an Löw herantrat, um ihm einen Rücktritt nach der kommenden Europameis­terschaft nahezulege­n, wie aus Präsidiums­kreisen nach Außen drang. Bierhoff wusste nur von „hitzigeren Debatten“zu berichten, von einem Streit aber könne keine Rede sein.

Unstrittig war auch die Beurteilun­g des 0:6 gegen Spanien. „Das ging in die Hose“, sagte Bierhoff. Allerdings dürfe diese eine Partie

als Maßstab für den in die Wege geleiteten Umbruch angelegt werden.

Um die – seiner Meinung nach – Fortschrit­te der Mannschaft zu zeigen, zeigte Bierhoff zwei Folien, aus denen hervorgehe­n sollte, dass das Nationalte­am 2019 schon vielerlei umgesetzt hat, was sich Löw erwartet, 2020 aber wegen fehlender Trainingse­inheiten und zunehmende­r Erschöpfun­g infolge der Coronicht na-Pandemie nicht mehr daran anschließe­n konnte. Gleichwohl erteilte er der Mannschaft keinen Freibrief für die Europameis­terschaft und öffnete die Tür für Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels ziemlich offensicht­lich. Man habe sich im März 2019 entschiede­n, jüngere Spieler zu nominieren und ihnen die Chance zu geben, sich zu entwickeln. „Dieses Kapitel ist nun abgeschlos­sen“, so Bierhoff. Jetzt gelte es ein Fazit zu ziehen. Dabei gebe es auch Spieler, die sich in Verein und Nationalma­nnschaft nicht wunschgemä­ß präsentier­t hätten. Das könnte die Chance des ausrangier­ten Trios sein. Schließlic­h sei die Entscheidu­ng gegen sie ja „nichts Absolutes“gewesen und überhaupt sei ja auch „zwischenme­nschlich nichts passiert“. Wenn es nun also im kommenden März darum geht, nächstmali­g den Kader für Länderspie­le zu nominieren, dürften auch die drei wieder eine Rolle spielen. „Am Ende spricht man über alle Spieler“, betonte Bierhoff. Das war dann immerhin eine Botschaft, die sich die Fans erhofft hatten. Aber dafür die Ärmel hochkrempe­ln?

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DEL 2 VOM FREITAG -

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Foto: Alex Grimm, Getty Images Europe, DFB, dpa Oliver Bierhoff redete 90 Minuten mit der vor Bildschirm­en versammelt­en Pressescha­r. Wer aber nun Konsequenz­en aus dem bla‰ mablen 0:6 gegen Spanien erwartet hatte, wurde enttäuscht.

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