Wie hält es die CDU mit der AfD?
Wenn jedes Thema, das die Populisten für sich beanspruchen, für die anderen zum Tabu wird, gerät die Politik in eine Sackgasse. Beim Rundfunkbeitrag geht es aber um mehr
Nur zur Erinnerung: Im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages geht es auf dem Papier um gerade einmal 86 Cent mehr pro Monat. Dass die Debatte trotzdem derart eskaliert ist, hat aber nichts mit Geld zu tun. Sondern vor allem mit Emotionen und politischem Kalkül. In Ostdeutschland fürchtet die CDU, noch mehr Wähler an die AfD zu verlieren, sollte sie ein noch höheres Budget für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk genehmigen, den die Rechtspopulisten systematisch als linke Propagandamaschine verunglimpfen. Also blockiert SachsenAnhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff die Erhöhung, die nur dann in Kraft treten kann, wenn alle Bundesländer zustimmen.
Das kann man als ziemlich billiges Manöver empfinden oder sogar als Einknicken vor populistischen
Stimmungsmachern. Schließlich geht es um die erste Beitragserhöhung seit mehr als einem Jahrzehnt. Doch auch der Versuch von Grünen und SPD, die Union nun pauschal auf eine Stufe mit der AfD zu stellen, ist doch sehr plump. Zumal die beiden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag mit der CDU in SachsenAnhalt ja selbst „Beitragsstabilität“als Ziel unterschrieben hatten.
Kurzfristig hat Haseloff mit seiner Entscheidung, die Abstimmung über den Rundfunkbeitrag abzublasen, den CDU-Abgeordneten im Landtag zumindest die Peinlichkeit erspart, gemeinsam mit der AfD die Hand zu heben. Seine wackelige Kenia-Koalition ist vorerst gerettet. Das bedeutet aber eben auch, dass die Union das Problem ins Superwahljahr 2021 hineinschleppt. Es geht im Kern um die Frage, wie es die CDU mit der AfD hält. Und darauf gibt es im Osten und im Westen der Republik sehr unterschiedliche Antworten.
Im Westen will man die Union zum Bollwerk gegen rechte Brandstifter machen. Im Osten sehen viele CDU-Leute kein Problem darin, mit der AfD zu kooperieren. Sie argumentieren, dass die Rechtspopulisten einen durchaus relevanten Teil der Bevölkerung vertreten, den man nicht einfach ignorieren dürfe. Diese Diskrepanz kann einem Kanzlerkandidaten im Bundestagswahlkampf zum Verhängnis werden. Die CDU bewegt sich hier auf oblatendünnem Eis. Friedrich Merz, der bekanntlich Parteichef und Kanzler werden will, hat im Prinzip schon recht, wenn er sagt, die Union dürfe ihre eigenen Positionen doch nicht davon abhängig machen, was die AfD will oder nicht will. Wenn jedes Thema, das die Populisten für sich reklamieren, für alle anderen Parteien automatisch zum Tabu erklärt wird, steckt Politik ganz schnell in einer Sackgasse. Und Demokratieverächter bekommen noch mehr Einfluss. Doch im konkreten Fall ignoriert Merz ja ganz bewusst, dass es ja nicht um irgendein beliebiges Thema geht. Sondern um eine im wahrsten Sinne des Wortes staatstragende Angelegenheit. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind dafür da, um politische Bildung zu fördern und unsere Demokratie stabil zu halten. Jene Demokratie, die von Populisten systematisch lächerlich gemacht wird. Natürlich kann man darüber streiten, ob und
ihrem Auftrag immer in idealer Weise gerecht werden. Natürlich kann man über aufgeblähte Apparate und den Umgang mit Steuergeldern diskutieren – gerade in einer Zeit, in der die Corona-Krise hunderte Milliarden kostet. Man muss es sogar.
Dass AfD-Politiker die Öffentlich-Rechtlichen als „Staatsfunk“verächtlich machen, liegt aber vor allem daran, dass sie in ihnen einen ihrer Hauptfeinde sehen. Die AfD fordert scheinheilig unabhängige Berichterstattung, hat aber in Wahrheit null Interesse daran. Hier müssen die demokratischen Parteien klare Kante zeigen. Hier geht es um mehr als 86 Cent.
Merz hat recht, ignoriert aber den entscheidenden Punkt