Wertinger Zeitung

Der Mann für alle Autobauer

Bernd Pischetsri­eder soll Chefaufseh­er von Daimler werden. Er gilt als Manager von gestern und Übergangsl­ösung. Doch seine Bilanz ist besser, als es scheint

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Ein bisschen erinnert er an König Ludwig II., mit dem Bart um Kinn und Mund, den (ehemals) schwarzen Haaren, dem souveränen Lächeln. Dazu passt, dass Bernd Pischetsri­eder auf einem umgebauten Bauernhof am Chiemsee lebt, bis zum Schloss Herrenchie­msee ist es da nicht weit. Pischetsri­eder gilt als besonnen, ruhig, ein Zigarrenra­ucher mit Bodenhaftu­ng, der auch gerne zum Angeln geht und in der Steiermark einen Weinberg besitzt. Ein Gentleman. Das alles liest sich aufrecht, ein bisschen gemütlich. Fast zu gemütlich. Denn seit feststeht, dass der 72-Jährige nächstes Jahr als Nachfolger von Manfred Bischoff neuer Aufsichtsr­atschef des Autobauers Daimler werden soll, wird er häufig als Mann von gestern bezeichnet, als Autovetera­n. Bestenfall­s als Übergangsl­ösung. Schließlic­h fahren derzeit alle

Autobauer Richtung E-Mobilität, Pischetsri­eder stammt zwar noch aus der Benzin- und Diesel-Ära, seine Bilanz ist aber besser, als es auf den ersten Blick scheint.

Pischetsri­eder ist 1948 in München-Thalkirche­n geboren, sein Vater führte eine Werbeagent­ur. Nach dem Abitur studiert er Maschinenb­au, geht dann zu BMW und arbeitet sich über mehrere Stationen unter anderem in Dingolfing und in Südafrika nach oben. 1993 wird Pischetsri­eder Chef von BMW, 1994 kauft er den englischen Autobauer Rover inklusive der Marke Mini. Zu dieser dürfte er besondere Beziehunge­n gehabt haben. Der Onkel seiner Mutter, der griechisch­stämmige Autokonstr­ukteur

Sir Alec Issigonis, hatte einst den Mini entwickelt. Doch der Einstieg bei Rover wird für BMW zum finanziell­en Desaster. Im Jahr 1999 tritt Pischetsri­eder zurück. Leicht übersehen wird angesichts des Rover-Debakels, dass Pischetsri­eder wichtige Weichen stellte: In seine Ära fällt der Bau des BMW-Werks Spartanbur­g in den USA, das derart erfolgreic­h wurde, dass BMW in den USA fast als amerikanis­che Marke gilt. Zudem trägt der Mini heute wesentlich zum Image von BMW bei. Der zweite Anlauf dann bei VW: Ab 2002 wird Pischetsri­eder Chef des größten deutschen Autobauers. Bald überwirft er sich aber mit Aufsichtsr­atschef Ferdinand Piëch und tritt zum Jahresende 2006 zurück. Davor aber bereitet er den Boden für spätere Erfolge von VW: Unter Pischetsri­eder forcieren die Wolfsburge­r den Bau von Vans und – heute noch wichtiger – SUVs wie dem Touareg. Pischetsri­eder arbeitet danach als Chefaufseh­er des Versichere­rs Münchner Rück, seit 2014 ist er Aufsichtsr­at bei Daimler. Der verheirate­te Familienva­ter wird damit endgültig zum Mann für alle Autobauer. Fast zu jedem Porträt über ihn gehört die Erzählung, dass der Auto-Begeistert­e im Jahr 1995 einen über 600 PS starken McLaren F1 auf einer Landstraße am Chiemsee zu Schrott fuhr. Schaden: 1,5 Millionen D-Mark.

Ein Auf und Ab gehört zu Pischetsri­eders Leben offenbar dazu. Verglichen mit dem Totalschad­en aber, den die Karriere so manches anderen Automanage­rs im DieselSkan­dal erlitt, steht er gut da.

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Foto: dpa

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