Ein USStartup macht VW und Audi Hoffnung
Technik Das Unternehmen Quantumscape aus dem Silicon Valley verspricht den Durchbruch für eine neue Wunderbatterie für deutsche E-Autos und elektrisiert die Börse. Was steckt hinter der Erfolgsmeldung?
Ulm Billiger, langlebiger, mehr Leistung und laden fast so schnell wie an der Sprit-Tanksäule: Das amerikanische Unternehmen Quantumscape hat diese Woche vermeldet, woran unzählige Wissenschaftler weltweit forschen – eine industriell herstellbare Festkörperbatteriezelle für Elektroautos. Die Meldung dürfte vor allem in Wolfsburg für Begeisterung sorgen: Volkswagen ist nicht nur einer der größten Anteilseigner des Start-up aus dem Silicon Valley, sondern auch sein wichtigster Partner. So soll VW mit seinen Töchtern – voran Audi und Porsche – als erste die neue Batterietechnologie aus San José verbauen dürfen. Zumindest auf dem Papier hat sich das Investment finanziell schon gerechnet.
Der Aktienkurs des US-Unternehmens, das zu einem Drittel VW gehören soll, schoss diese Woche nach oben. Mit 21 Milliarden US-Dollar verbucht Quantumscape fast ein Viertel des Börsenwerts des VWKonzerns. Nicht nur die Börse ist vom Versprechen, die Technik 2024 in Großserie zu bringen, elektrisiert, sondern auch der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. „Die Daten von Quantumscape klingen vielversprechend, das wäre wirklich eine Art
Wunderbatterie, auf die alle warten“, sagt der Leiter des Center Automotive Research (CAR). „Die Batterie hätte eine längere Lebensdauer und man könnt in 15 Minuten das Auto aufladen, sie wäre leichter, benötigt weniger Platz und wäre kostengünstiger. Also eigentlich alles, was man sich wünscht.“
Für das vor zehn Jahren von Wissenschaftlern der Stanford-Universität gegründete Unternehmen spricht laut Dudenhöffer, dass der TeslaMitgründer Jeffrey Straubel im Verwaltungsrat des Unternehmens sitzt, der Elon Musks Firma 2019 verlassen hat. „Falls die Pläne von Quantumscape
gelingen, wäre das ein Riesenschritt für VW und eine Blamage für Elon Musk und Tesla, falls er nicht in gleicher Zeit einen ähnlichen Fortschritt schafft“, sagt Dudenhöffer. „Denn dann hätten VW, Audi und Porsche voraussichtlich die besseren E-Autos im Angebot.“Tesla setze eher auf die kontinuierliche Verbesserung der bestehenden Akkutechnik. Auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wären den E-Autos mit schnell aufladbarer Feststoffbatterie technisch weit unterlegen. „Autos mit Verbrennungsmotor sind sowieso ein Auslaufmodell“, sagt Dudenhöffer. „Großbritannien hat schon entschieden, dass ab 2030 keine Verbrenner mehr als Neufahrzeuge zugelassen werden, wir machen in Deutschland einen großen Fehler, wenn wir diesem Beispiel nicht folgen“, sagt der Experte. Verbraucher, Hersteller und Energieversorger bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen. „In Deutschland werden nur Probleme zugeschüttet mit Steuergeld und Subventionen. Wir haben keine Zeit mehr beim Klimawandel.“
Doch wie realistisch sind die Versprechungen aus dem Silicon Valley? Der Ulmer Professor für Festkörperchemie, Maximilian Fichtner, gilt als bekanntester deutscher Batterieforscher. Er sagt: „Ich freue mich über die Ergebnisse, aber ich bin da vorsichtig bei der Bewertung.“Fichtner, der eine der größten Forschungsplattformen im Batteriebereich leitet, verweist auf das experimentelle Stadium der Entwicklung.
„Konkret hat man Batteriezellen gebaut, die mit recht dünnen Aktivschichten versehen sind, und hat sie bei 30 Grad Raumtemperatur eine Stunde geladen“, sagt er. Basierend auf diesen Daten glauben die Entwickler, dass man auch eine Beladung in ein paar Minuten und riesige Speicherkapazitäten hinbekommen kann. Man kann da schon optimistisch sein, gezeigt haben es die Entwickler aber noch nicht. Das ist eine Wette auf die Zukunft.“
Von einer massentauglichen Batteriezelle für Millionen von E-Autos sei das Laborexperiment noch weit entfernt. „Der Weg zu einer kommerziellen Batterie ist sehr lang, und nur wenn alle von sehr vielen Schritten erfolgreich sind, kommt ein Massenprodukt heraus“, sagt Fichtner und verweist auf zahlreiche Ankündigungen der Vergangenheit. „Manche dieser Projekte scheitern sogar ganz kurz vor der Zielgeraden.“
So oder so werden die Speicherkapazitäten jedoch dank des rasanten Fortschritts in der Batterietechnik deutlich steigen, sodass in der Zukunft bis zu 1000 Kilometer Reichweite mit einer Akkuladung denkbar sind, wie der Ulmer Forscher betont. Beim Schnellladen von E-Autos sei schon jetzt nicht mehr die Batterietechnik, sondern die erforderliche Leistung der Ladesäulen das Problem. „Schon wenn Sie eine mittlere heutige E-Autobatterie mit 60 Kilowattstunden in zehn Minuten laden wollen, brauchen Sie eine Ladesäule mit 360 Kilowatt.“
Über 400 Kilowatt leisten derzeit laut Netzagentur gerade einmal ein Dutzend der 17000 Ladesäulen in Deutschland.