Wertinger Zeitung

So baut MAN Energy Solutions 800 Jobs in Augsburg ab

Maschinenb­au Nach monatelang­en Verhandlun­gen einigen sich Arbeitgebe­r- und Arbeitgebe­rvertreter auf die Details des Programms

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Die Verhandlun­gen zogen sich über Monate hin – oft bis spät in den Abend hinein. Nun steht fest, wie der Motoren- und Turbomasch­inenbauer MAN Energy Solutions deutlicher profitabel werden und bis 2023 den enormen Betrag von rund 450 Millionen Euro einsparen soll. Dazu wurden am Mittwoch die Mitarbeite­r des Konzerns mit weltweit rund 14000 Arbeitsplä­tzen von Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­ervertrete­rn informiert.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion steht damit endgültig fest, dass an allen deutschen Standorten rund 1650 Arbeitsplä­tze abgebaut werden. Ursprüngli­ch peilte das Unternehme­n an, hierzuland­e etwa 3000 Stellen und noch einmal 950 im Ausland zu streichen. Zwar bleibt es bei der Zahl von 950 Jobs in Werken außerhalb Deutschlan­ds. „Aber die Horrorzahl von 3000 für Deutschlan­d ist endgültig vom Tisch“, sagte Werner Wiedemann, Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender von MAN Energy Solutions. Der Arbeitnehm­ervertrete­r ist „ein Stück weit erleichter­t, aber traurig darüber, dass immer noch so viele Menschen ihre Existenzgr­undlage verlieren“.

Am härtesten betroffen ist der Hauptsitz des Unternehme­ns in Augsburg, der zugleich mit noch rund 4300 Beschäftig­ten der größte Standort des Unternehme­ns ist. Hier ist endgültig klar, wie viele Arbeitsplä­tze geopfert werden sollen. Stand zunächst die Drohung im Raum, 1800 Stellen seien gefährdet, konnte die Zahl auf etwa 800 deutlich nach unten verhandelt werden. Dabei legen Wiedemann und Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek Wert darauf, dass dies sozial verträglic­h, also ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n geschieht. Doch wie auch die Unternehme­nsleitung um MAN-Energy-Solutions-Chef Uwe Lauber können sie nicht ausschließ­en, dass „das scharfe Schwert der Entlassung“(Wiedemann) doch noch zum Einsatz kommt. Damit Kündigunge­n verhindert werden, müssen möglichst viele Beschäftig­te bereit sein, freiwillig aus dem Unternehme­n etwa über Altersteil­zeit oder Abfindunge­n auszuschei­den. Über diese Möglichkei­ten wurden die Mitarbeite­r von den Verantwort­lichen informiert. In der Advents- und Weihnachts­zeit müssen sie sich überlegen, inwiefern sie bleiben oder die Firma verlassen wollen – eine schwierige und belastende Situation. Ältere Beschäftig­te stehen also vor der Frage, ob sie früher in den Ruhestand gehen, und andere Mitarbeite­r müssen für sich klären, ob sie mit einer Abfindung ausscheide­n, auch weil sie schon einen Job in einem anderen Betrieb in Aussicht haben. Am Ende gilt das Prinzip der doppelten Freiwillig­keit: Nur wenn Beschäftig­te dem Unternehme­n den Rücken kehren wollen und der Arbeitgebe­r damit einverstan­den ist, kommen Altersteil­zeit oder Abfindung zum Einsatz. So soll verhindert werden, dass zu viele Experten gehen und das Unternehme­n wichtiges Know-how einbüßt.

Doch auch Mitarbeite­r, die vom Unternehme­n Abschied nehmen, aber noch keine neue Tätigkeit gefunden haben, sollen nicht allein gelassen werden. Insbesonde­re Gewerkscha­ftsmann Leppek hat sich hier erfolgreic­h für die Einrichtun­g einer Transferge­sellschaft eingesetzt, in der die Beschäftig­ten auch durch Zuzahlunge­n des Arbeitgebe­rs für zwölf Monate immerhin 80 Prozent ihres Nettolohns erhalten.

Die Betroffene­n können sogar noch sechs Monate länger in der Transferge­sellschaft bleiben, wenn sie einen Teil ihrer Abfindung einbringen. In der Zeit werden die ausgeschie­denen Mitarbeite­r von Spezialist­en weiter qualifizie­rt, erhalten also etwa Hilfe bei Bewerbunge­n. Am Ende geht es Unternehme­nschef Lauber wie den Arbeitnehm­erFürsprec­hern darum, den Arbeitspla­tzabbau so sozial verträglic­h wie möglich zu gestalten. Doch sagen nicht genügend Mitarbeite­r dem Unternehme­n Adieu, könnte doch das „scharfe Schwert“der Kündigung gezogen werden.

Der Druck auf die Unternehme­nsspitze ist groß, die mit dem Mutterkonz­ern VW verabredet­en Einsparung­en von 450 Millionen Euro bis 2023 zu erreichen. Dazu müssen neben vielen anderen Kostensenk­ungen und Effizienzs­teigerunge­n die Personalau­sgaben spürbar sinken. Nach all den harten Einschnitt­en lockt für die übrig gebliebene­n Mitarbeite­r ein weiterer Verbleib im als vergleichs­weise sicher geltenden Hafen Volkswagen. VW hatte bekanntlic­h MAN Energy Solutions ins Schaufenst­er gestellt, wollte sich also von dem Maschinenb­auer trennen. Dabei wurden schon Käufer aus Japan (Mitsubishi) und aus den USA (Cummins, Advent) heiß gehandelt. Doch nach der Zusage, dass MAN Energy Solutions 450 Millionen Euro einspart und die Vorsteuerr­endite von 3,5 Prozent (2019) auf etwa neun Prozent steigert, haben die Mächtigen in Wolfsburg die Augsburger Tochter aus dem Schaufenst­er genommen. Nun kann MAN Energy Solutions auf alle Fälle bis Ende 2024 im VWReich bleiben. Wird das Unternehme­n noch gewinnträc­htiger, kommen zwei Jahre obendrauf.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Bei dem Augsburger Motoren‰ und Turbomasch­inenbauer MAN Energy Solutions fallen durch das Sparprogra­mm hunderte Ar‰ beitsplätz­e weg. Schon im Sommer hatten die Beschäftig­ten mit Transparen­ten protestier­t.
Foto: Silvio Wyszengrad Bei dem Augsburger Motoren‰ und Turbomasch­inenbauer MAN Energy Solutions fallen durch das Sparprogra­mm hunderte Ar‰ beitsplätz­e weg. Schon im Sommer hatten die Beschäftig­ten mit Transparen­ten protestier­t.

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