So baut MAN Energy Solutions 800 Jobs in Augsburg ab
Maschinenbau Nach monatelangen Verhandlungen einigen sich Arbeitgeber- und Arbeitgebervertreter auf die Details des Programms
Augsburg Die Verhandlungen zogen sich über Monate hin – oft bis spät in den Abend hinein. Nun steht fest, wie der Motoren- und Turbomaschinenbauer MAN Energy Solutions deutlicher profitabel werden und bis 2023 den enormen Betrag von rund 450 Millionen Euro einsparen soll. Dazu wurden am Mittwoch die Mitarbeiter des Konzerns mit weltweit rund 14000 Arbeitsplätzen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern informiert.
Nach Informationen unserer Redaktion steht damit endgültig fest, dass an allen deutschen Standorten rund 1650 Arbeitsplätze abgebaut werden. Ursprünglich peilte das Unternehmen an, hierzulande etwa 3000 Stellen und noch einmal 950 im Ausland zu streichen. Zwar bleibt es bei der Zahl von 950 Jobs in Werken außerhalb Deutschlands. „Aber die Horrorzahl von 3000 für Deutschland ist endgültig vom Tisch“, sagte Werner Wiedemann, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von MAN Energy Solutions. Der Arbeitnehmervertreter ist „ein Stück weit erleichtert, aber traurig darüber, dass immer noch so viele Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren“.
Am härtesten betroffen ist der Hauptsitz des Unternehmens in Augsburg, der zugleich mit noch rund 4300 Beschäftigten der größte Standort des Unternehmens ist. Hier ist endgültig klar, wie viele Arbeitsplätze geopfert werden sollen. Stand zunächst die Drohung im Raum, 1800 Stellen seien gefährdet, konnte die Zahl auf etwa 800 deutlich nach unten verhandelt werden. Dabei legen Wiedemann und Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek Wert darauf, dass dies sozial verträglich, also ohne betriebsbedingte Kündigungen geschieht. Doch wie auch die Unternehmensleitung um MAN-Energy-Solutions-Chef Uwe Lauber können sie nicht ausschließen, dass „das scharfe Schwert der Entlassung“(Wiedemann) doch noch zum Einsatz kommt. Damit Kündigungen verhindert werden, müssen möglichst viele Beschäftigte bereit sein, freiwillig aus dem Unternehmen etwa über Altersteilzeit oder Abfindungen auszuscheiden. Über diese Möglichkeiten wurden die Mitarbeiter von den Verantwortlichen informiert. In der Advents- und Weihnachtszeit müssen sie sich überlegen, inwiefern sie bleiben oder die Firma verlassen wollen – eine schwierige und belastende Situation. Ältere Beschäftigte stehen also vor der Frage, ob sie früher in den Ruhestand gehen, und andere Mitarbeiter müssen für sich klären, ob sie mit einer Abfindung ausscheiden, auch weil sie schon einen Job in einem anderen Betrieb in Aussicht haben. Am Ende gilt das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit: Nur wenn Beschäftigte dem Unternehmen den Rücken kehren wollen und der Arbeitgeber damit einverstanden ist, kommen Altersteilzeit oder Abfindung zum Einsatz. So soll verhindert werden, dass zu viele Experten gehen und das Unternehmen wichtiges Know-how einbüßt.
Doch auch Mitarbeiter, die vom Unternehmen Abschied nehmen, aber noch keine neue Tätigkeit gefunden haben, sollen nicht allein gelassen werden. Insbesondere Gewerkschaftsmann Leppek hat sich hier erfolgreich für die Einrichtung einer Transfergesellschaft eingesetzt, in der die Beschäftigten auch durch Zuzahlungen des Arbeitgebers für zwölf Monate immerhin 80 Prozent ihres Nettolohns erhalten.
Die Betroffenen können sogar noch sechs Monate länger in der Transfergesellschaft bleiben, wenn sie einen Teil ihrer Abfindung einbringen. In der Zeit werden die ausgeschiedenen Mitarbeiter von Spezialisten weiter qualifiziert, erhalten also etwa Hilfe bei Bewerbungen. Am Ende geht es Unternehmenschef Lauber wie den ArbeitnehmerFürsprechern darum, den Arbeitsplatzabbau so sozial verträglich wie möglich zu gestalten. Doch sagen nicht genügend Mitarbeiter dem Unternehmen Adieu, könnte doch das „scharfe Schwert“der Kündigung gezogen werden.
Der Druck auf die Unternehmensspitze ist groß, die mit dem Mutterkonzern VW verabredeten Einsparungen von 450 Millionen Euro bis 2023 zu erreichen. Dazu müssen neben vielen anderen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen die Personalausgaben spürbar sinken. Nach all den harten Einschnitten lockt für die übrig gebliebenen Mitarbeiter ein weiterer Verbleib im als vergleichsweise sicher geltenden Hafen Volkswagen. VW hatte bekanntlich MAN Energy Solutions ins Schaufenster gestellt, wollte sich also von dem Maschinenbauer trennen. Dabei wurden schon Käufer aus Japan (Mitsubishi) und aus den USA (Cummins, Advent) heiß gehandelt. Doch nach der Zusage, dass MAN Energy Solutions 450 Millionen Euro einspart und die Vorsteuerrendite von 3,5 Prozent (2019) auf etwa neun Prozent steigert, haben die Mächtigen in Wolfsburg die Augsburger Tochter aus dem Schaufenster genommen. Nun kann MAN Energy Solutions auf alle Fälle bis Ende 2024 im VWReich bleiben. Wird das Unternehmen noch gewinnträchtiger, kommen zwei Jahre obendrauf.